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335 - Der verlorene Sohn

335 - Der verlorene Sohn

Titel: 335 - Der verlorene Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Suchanek
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seine Absicht.
    Viel wichtiger war es, Fudohs kranken Plan niemals Wirklichkeit werden zu lassen. Und dafür brauchte er einen Verbündeten.
    Sein Meister schien dem Schädel bisher keine Bauteile entnommen zu haben. Gut möglich also, dass er noch funktionierte. Falls man den richtigen Schalter fand – oder was immer nötig war, um ihn zu aktivieren. Keran glaubte nicht daran, dass die Blitzfalle die Bauteile im Inneren zerstört hatte; dafür waren sie für Fudoh viel zu wertvoll.
    Er ließ den Schädel wieder los, trat zurück und sah sich um. An den einzelnen Gliedern gemessen, musste der Android zusammengebaut ein wahrer Koloss mit immenser Kraft sein. Dazu kam seine Bewaffnung. Vielleicht verfügte er über eingebaute Waffen, zumindest aber über eine wuchtige Laserpistole, die Keran auf einem der Tische ausmachte. Niemand würde sich diesem Monster in den Weg stellen können.
    Ein Lächeln huschte über Kerans Gesicht. Sein Plan, falls er ihn verwirklichen konnte, würde Fudoh von einer Seite treffen, mit der er nie gerechnet hätte. Und allein dies war das Risiko wert...
    ***
    Der visuelle Input kam für Miki Takeo weder plötzlich noch unerwartet, denn diese Empfindungen hätten bedingt, dass er sich seiner inaktiven Zeit bewusst gewesen wäre. Da Fudoh aber seinen internen Chronometer abgeschaltet hatte, wusste Miki nicht einmal, wie viel Zeit seit seiner letzten »Wachphase« vergangen war. Die Sensoren in seinem Schädel hatte der General wieder entfernt. Zweifellos besaß er inzwischen alle notwendigen Informationen für sein Projekt.
    Das erste Bild, das Miki übermittelt wurde, war das eines jungen Mannes in gewöhnlicher Kleidung: Er trug einfache Schuhe, eine zerschlissene Leinenhose und eine braune Lederweste.
    Die ersten Worte, die er empfing, lauteten: »Na endlich! Können Sie mich hören?«
    »Das kann ich«, bestätigte Miki Takeo, während er seine Sensoren neu kalibrierte. Das erst noch verrauschte Bild wurde klarer. Ein schneller Systemcheck ergab, dass er noch immer von seinen Gliedmaßen und dem Torso getrennt war, aber keine weiteren Beschädigungen erlitten hatte.
    »Wer bist du?«, fragte er sein Gegenüber, während er dessen körperlichen Gegebenheiten und den Gemütszustand berechnete. Die glatte Haut, die weichen Gesichtszüge und die blonde Wuschelmähne verliehen ihm ein kindliches Aussehen. Er war eindeutig mehr Junge als Mann. Sein Habitus war nervös und ängstlich, er schien aber entschlossen. Seine Augen wirkten, als wäre etwas in ihnen erloschen und durch etwas anderes – Dunkleres – ersetzt worden. Miki hatte dergleichen auf seinen Reisen schon oft gesehen. Es verhieß meist nichts Gutes.
    »Mein Name ist Keran«, antwortete der Junge. »Und wie nennt man dich... Maschine ?« Das letzte Wort wies auf eine deutliche Abneigung hin.
    »Miki Takeo«, antwortete er. Und fügte hinzu: »Es stimmt, ich bin eine Maschine, ein Android. Aber ich war einst ebenfalls ein Mensch, und mein Bewusstsein ist nicht programmiert, sondern immer noch dasselbe.«
    Der junge Mann, der sich Keran nannte, winkte ab. »Das ist nicht wichtig. Hauptsache, du funktionierst. Es war gar nicht so leicht, diesen... Wiedererweckungsknopf in deinem Nacken zu finden. Und noch länger hat es gedauert, herauszufinden, wie man ihn drücken muss.«
    »Mein System arbeitet tadellos«, sagte Miki. »Aber warum hast du mir geholfen? Ich vermute, du gehörst zu Fudohs Männern?«
    »Ich gehörte zu ihnen«, widersprach Keran vehement. »Fudoh hat die Kommune verraten. Ich schulde ihm nichts!«
    Der Hass des Jungen war offensichtlich. Miki hieb in dieselbe Kerbe: »Der General besitzt zweifellos ein großes Gewaltpotenzial und hohe Ambitionen. Er wird nicht erfreut sein, dass du mich zum Leben erweckt hast.«
    »Deshalb müssen wir uns beeilen«, sagte Keran. »Fudoh und seine Truppe sind gestern ins Umland aufgebrochen und werden in drei Tagen zurückerwartet. Ich hoffe, sie kommen nicht früher.«
    »Was hast du in dieser Zeit vor?«
    »Ich werde dir helfen, deinen Körper wieder zusammenzubauen. Aber ich stelle eine Bedingung«, sagte Keran, die rechte Hand zur Faust geballt. »Fudoh hat uns alle belogen. Er will seinen Geist in einen Androidenkörper übertragen und die Macht an sich reißen.«
    »Ein Androidenkörper?«, echote Takeo.
    Keran nickte. »Er baut schon seit vielen Wintern an einem künstlichen Körper, in den er sein Bewusstsein übertragen will. Er stiehlt und mordet für dieses Projekt. Die

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