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335 - Der verlorene Sohn

335 - Der verlorene Sohn

Titel: 335 - Der verlorene Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Suchanek
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keine mehr empfand. Einer der Vorteile seines Wechsels in einen rein mechanischen Körper.
    Aiko hatte diesen kompletten Transfer immer abgelehnt, genau wie dessen Mutter Naoki. Heute waren sie beide tot, gestorben im Kampf gegen die außerirdischen Invasoren vom Kratersee. Doch wenigstens seinen Sohn wollte er zurückbringen – noch bevor er Amarillo wieder verließ. Aber das band er Keran nicht auf die Nase, denn es hätte ihre Zusammenarbeit gefährdet.
    Die Stunden vergingen, während Keran weiter nach Mikis Anweisungen an dessen Wiederherstellung arbeitete. Dank der steuerbaren Greifarme und Laser kamen sie gut voran. Und endlich erlangte der Android die Kontrolle über seinen restlichen Körper zurück. Nun gingen die noch ausstehenden Arbeiten noch schneller vonstatten, und nach siebenundzwanzig Stunden vermeldete Mikis Analyseprogramm eine Effizienz von siebenundachtzig Prozent. Angesichts der von Fudoh schon demontierten Teile ein guter Wert.
    Nun aber stand eine Operation an, die ein doppeltes Risiko in sich barg. Erstens: Er würde Keran für einige Minuten ausgeliefert sein, in denen der Junge ihn zerstören konnte, sofern er Verdacht schöpfte. Und zweitens: Er musste den goldenen Mittelweg finden, wenn er nun einen Teil seiner Hirnkapazität opferte.
    Leider blieb ihm keine andere Wahl, wenn er sein Vorhaben erfolgreich abschließen wollte.
    Die gute Nachricht war, dass es für ihn kein großer Verlust sein würde. Nicht umsonst war sein Schädel so großzügig dimensioniert: Er besaß – getreu der uralten Regel, dass man nie genug Arbeitsspeicher verbauen konnte – weit mehr Speicherbänke, als er in seiner bisherigen Existenz hatte füllen können, sowie ein neurales Ersatzsystem, das bei einer Beschädigung seines primären Gehirns einspringen konnte. Dieses Sekundärsystem sowie einige ungenutzte Speicherbänke galt es nun zu entfernen – ohne Kerans Misstrauen zu erregen.
    Miki ging daran, die Greifarme und mobilen Laser zu programmieren. »Ich werde jetzt ein paar Teile aus meinem Kopf entfernen«, sagte er wie beiläufig zu Keran.
    Der Junge horchte auf. »Entfernen?«, fragte er. Es klang nervös. »Was entfernen?«
    »Nur einige von Fudoh beschädigte Speicherbänke«, beruhigte ihn Miki. »Sie könnten einen Kurzschluss verursachen und unsere Mission gefährden.«
    Obwohl die Erklärung logisch klang und Keran von Technik so gut wie keine Ahnung hatte, schien der Junge ihm nicht recht zu glauben. »Ich weiß nicht...«, sagte er zögerlich. »Ist das nicht ein zu großes Risiko? Was, wenn es schief geht?«
    »Das wird es nicht«, entgegnete Miki. Bevor Keran weitere Einwände vorbringen konnte, startete er das Programm und setzte sich in Positur.
    Er erlebte die Operation am offenen Gehirn bei vollem Bewusstsein; doch was bei einem Menschen dramatisch klang, war bei einem Androiden weit weniger spektakulär. In den zehn Minuten, die es dauerte, behielt er Keran unter ständiger Beobachtung.
    Erst schien die Nervosität des Jungen ständig anzuwachsen; erst als die ersten Platinen abgelöst waren und von den Greifern entfernt wurden, beruhigte er sich wieder. Miki wurde nicht recht schlau aus dem Verhalten des Jungen, gab sich aber damit zufrieden, dass er in der kritischen Phase keine Dummheiten machte.
    Schließlich beendeten die Geräte ihre Arbeit und verschlossen Mikis Schädel wieder. Eine kurze Analyse ergab, dass seine Funktionen nicht gelitten hatten. Die beiden Unwägbarkeiten – ein Ausfall des Primärsystems würde nun nicht mehr überbrückt werden und der Speicherplatz für neue Daten hatte sich um ein Drittel verringert – würde er bei nächster Gelegenheit beheben.
    Miki Takeo öffnete das Geheimfach, in dem der Speicherkristall mit Aikos Bewusstseinsinhalt untergebracht war, und verstaute die angeblich fehlerhaften Komponenten darin. Dann griff er zum Lasterblaster und ließ ihn mit einer fließenden Bewegung hinter einer Klappe in seinem rechten Oberschenkel verschwinden.
    »Beeilen wir uns«, sagte Keran ungeduldig. »Fudoh wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.«
    Als erste Maßnahme unterbrach Miki über die Interlink-Verbindung die Übertragung der Überwachungskameras. Wenn Fudoh und seine Leute im Medical Science Center eintrafen, sollten sie erst einmal blind für all Vorgänge sein, die sie nicht mit eigenen Augen sahen.
    Gemeinsam verließen sie das Labor, das beinahe zu Takeos Grab geworden wäre.
    Die Gänge des MSC hatten sich in Mikis Erinnerung

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