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335 - Der verlorene Sohn

335 - Der verlorene Sohn

Titel: 335 - Der verlorene Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Suchanek
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Verhaltensmodell fiel, wie in seiner Existenz als Shiro geschehen war, lag bei beachtlichen zweiundachtzig Prozent.
    Shiro war ein Android gewesen, den die beiden letzten überlebenden Cyborgs zusammengebaut hatten – um ihm, Takeo, eine Freude zu bereiten. Doch Shiro hatte den Schock seiner Rückkehr und vor allem die Entkopplung von seinem früheren Leben nicht lange ertragen. Seine ehemalige Geliebte, Honeybutt Hardy, hatte sich einen neuen Partner gesucht und war von ihm hochschwanger. Shiro hatte seinen Vater schließlich darum gebeten, all das, was Aiko Tsuyoshi ausmachte, aus seinem Gedächtnis zu löschen, und Miki war der Bitte nachgekommen. [11]
    Dieses Mal hatte Miki seinen Sohn behutsam an seine neue Existenz heranführen wollen. Ein Plan, der vollständig gescheitert war. Ihm blieb nach den Vorgängen in Fudohs Enklave keine Zeit, eine allmähliche Anpassung vorzunehmen. Das abrupte Erwachen in dem unterirdischen Labor war dementsprechend ein Schock für Aiko, den er aber besser zu verarbeiten schien als befürchtet.
    »Wir werden nicht gegen Fudoh kämpfen«, sagte Miki bestimmt. »Du beherrschst deinen neuen Körper noch nicht ausreichend. Die Gefahr ist zu groß, dass er beschädigt wird.« Eine Ausrede, denn genaugenommen machte er sich Sorgen um Aikos Geist, der bei einer solchen Auseinandersetzung überfordert werden könnte. »Wir werden uns einen Überblick über die Verteidigungsanlagen von Amarillo verschaffen, die Fudoh installiert hat, und dann von hier verschwinden.«
    »Aber Fudoh wird uns jagen«, erwiderte sein Sohn. »Er will diesen Körper. Er hat Jahre der Forschung und Entwicklung darin investiert.«
    »Dieser Einschätzung stimme ich zu.« Fudoh würde alles daransetzen, diesen Körper zurückzubekommen – und Miki konnte das sogar nachvollziehen. Sein Plan, das versprengte Volk Nipoos wieder zu einen, war eine Triebfeder, die nicht unterschätzt werden durfte. »Eine Konfrontation ist auf lange Sicht unvermeidbar. Aber darum werden wir uns zu einem späteren Zeitpunkt kümmern. Erst einmal müssen wir unbeschadet aus der Stadt entkommen. Sie ist gespickt mit Blitzfallen, deren Entladungen unsere Systeme überlasten.«
    »Ich verstehe.« Aiko nickte. »Und ich stimme dir zu. Nach den Kämpfen in El’ay hätte ich Fudoh auch am liebsten umgebracht, doch am Ende zeigte sich, dass ein Bündnis die bessere Wahl war. Immerhin half uns der General gegen die Daa’muren.«
    Aikos Aussage beruhigte Miki. Genau so hätte sein Sohn auch als Mensch entschieden. Der Bewusstseinstransfer schien funktioniert zu haben. Nun musste er Aiko nur noch behutsam in sein altes Umfeld reintegrieren.
    »Also gehen wir«, sagte Miki.
    Kurz darauf erreichten sie die Bunkertür – die sich jedoch nicht öffnen ließ. Jemand hatte sie von außen blockiert!
    Es gab nur eine Person, die dafür verantwortlich sein konnte. »Keran, öffne die Tür!«, rief Miki Takeo durch das Schott.
    Doch der Junge antwortete ihm nicht.
    ***
    Eine Stunde zuvor
    Keran schlug seine geballte Rechte immer wieder gegen das Schott. Die Haut platzte auf, Blutsprenkel benetzten den blaugrauen Stahl. Wie er diese verdammten Maschinen hasste! Takeo hatte ihn ebenso belogen wie Fudoh. Keran hätte niemals einen Pakt mit diesem seelenlosen Ding schließen dürfen. Warum wunderte er sich denn überhaupt? Hatte er nicht immer gewusst, dass Androiden nicht zu trauen war?
    Er atmete mehrmals tief ein und aus, dann legte er das Ohr an die Tür. Er konnte nichts hören. Was tat Takeo da drinnen? Zerlegte er Fudohs Androiden? Oder baute er eine neue Waffe?
    Womöglich war sein Ziel die Vernichtung aller echten Menschen. Wenn dies der Fall war, hatte Keran einen schrecklichen Fehler begangen. Doch was konnte er jetzt noch tun, um das Verhängnis aufzuhalten?
    Er zog den kleinen Kasten aus der Tasche, der seine geheime Lebensversicherung war, und versuchte sich zu beruhigen. Gar nichts ist verloren. Ich muss nur den Knopf drücken und Takeo ist Geschichte.
    Als er die Sicherungskappe zurückschob, begann der rote Knopf zu blinken. Teknikk!, dachte Keran verächtlich. Aber in diesem Fall half sie ihm. Er legte seinen Daumen auf den Knopf. Jetzt musste er nur noch zudrücken.
    Aber etwas hielt ihn davon ab. Sicher, er konnte Takeo für seinen Verrat bezahlen lassen, doch was würde Fudoh bei seiner Rückkehr dann tun? War es nicht klüger, die beiden gegeneinander zu hetzen?
    Keran wollte Rache, ohne dabei selbst ins Gras zu beißen. Wenn er Takeo

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