34 - Die Hexen von Kregen
Gold, doch ihre Zauberkraft wird es mit der anderen wieder wegnehmen, wenn ihr getan habt, was sie von euch verlangt, und wenn sie für euch keine Verwendung mehr hat. Seid gewarnt! Vallia ist kein Ort für euch.«
Mit diesen Worten machte ich kehrt und schritt fort. Und diesmal, bei Zair, ging ich ein wenig schneller.
Man folgte mir nicht. Noch ein gutes Stück des verschlungenen Weges hörte ich die streitend erhobenen Stimmen. Sobald ich eine gewisse Entfernung zurückgelegt hatte, hob ich den Saum meiner Robe und lief los – lief wie eine Zorca, die von einem Leem verfolgt wird.
7
Als ich den großen Saal des Palasts von Makolo betrat, gelegen auf einer Klippe hoch über Makanriel, der Hauptstadt des Kovnats der Schwarzen Berge, war die abendliche Mahlzeit gerade beendet. Mir folgte eine große Schar Gefolgsleute und Wächter und Dienstboten, die ziemlich außer sich waren, daß der Herrscher Vallias einen Besuch abstattete.
Der angenehme süße Duft nach Squishes lag in der Luft.
Ich seufzte.
Ich wußte, was mich erwartete, als ich den kleinen Raum an der Rückseite des Saales betrat, in den man sich nach der Mahlzeit zurückzog, um Wein zu trinken und sich im Gespräch von den Mühen des Tages zu entspannen.
Darin wurde ich nicht enttäuscht.
Squishes sind wahrhaft angenehme Brocken auf der Zunge, winzige wohlschmeckende Früchte, die förmlich zerschmelzen und dabei unglaubliche Wonnen erzeugen. Wahrscheinlich hatte es Squish-Pastete gegeben, überlegte ich, und spürte, wie mir das Wasser im Mund zusammenlief.
Ich hatte einen anstrengenden langen Flug auf dem Rücken des gestohlenen Fluttrells hinter mir. Freiheit, das kranke Tier, hatte ich bei Meister Urban dem Salbenden zurücklassen müssen. Der neue Fluttrell war ein hervorragender Flieger und besaß einen bösen Blick; ich nannte ihn Zweite Freiheit.
Maisie war zu ihrer Mutter Minvila zurückgekehrt, die sich vor Tränen nicht zu retten wußte und immer wieder ihren Dank stammelte. Ich hatte ihr ein wenig Gold zustecken können. Es waren gute Menschen, arg gebeutelt vom Schicksal ihrer Provinz; sie würden die Rückkehr ruhigerer, wohlhabenderer Zeiten begrüßen, wenn der Herrscher von Vallia endlich die ganze Insel befreite.
Hier befand ich mich nun im Makolo-Palast in Makanriel in den Schwarzen Bergen.
Die Wappenfarben der Schwarzen Berge, schwarz und purpurn, waren auf den Wandteppichen und Girlanden vorherrschend. Der Schturval, das Emblem der Provinz, das sich überall im Saal und in diesem Salon wiederholte, war eine Axt. Mir fiel auf, daß auf den verzierten Ärmeln der Männer und im Schmuck an der Wand das Schwarz und Purpur nicht direkt aufeinandertrafen, sondern von zwei gelben Linien getrennt wurden, die einen schmalen roten Strich einschlossen. Ich lächelte. Dies war neu.
Ich trat über die Schwelle; der süße Squishgeruch nahm kaum ab. Auf dem Boden entdeckte ich sogar einen Rest Pastete, der soeben von einer hübschen jungen Bediensteten aufgefegt wurde. Sie trug eine saubere gelbe Tunika, an den Ärmeln leuchtete der Schturval, und in ihrem wohlfrisierten Haar funkelte eine Vimshu, eine kleine Tiara aus Brillanten, die sogar bei Mädchen beliebt waren, die sonst nicht als eitel galten.
Die Bewegung ihrer Bürste ging allerdings ins Leere, denn sie hatte den Kopf zur Seite gedreht und schaute in die andere Ecke des Raumes. Sie mochte diesen Anblick oft vor Augen haben, doch konnte ich verstehen, daß sie sich dafür interessierte und die Szene amüsant fand.
In der Ecke, wo ein weiteres Stück Pastetenteig zu sehen war, erblickte ich einen Mann. Er war ungewöhnlich groß und dünn. Er trug eine scharlachrote Tunika und einen Goldgürtel. Das lange blonde Haar hatte er fest zusammengerollt, daß es fast einem Turban glich. Eine seltsame, machtvoll wirkende Gestalt, durchaus.
Das Problem war nur, daß er auf dem Kopf stand.
Ich spürte, wie sich meine harten Lippen zu einem breiten Lächeln verzogen.
Er erblickte mich.
Das muß ich ihm lassen – er fiel nicht um.
Seitlich von uns stand ein Mann, der beinahe ebenso groß war. Er trug eine anständige vallianische Abendrobe, mitternachtsblau. Ich wandte mich an ihn.
»Sag mir eins, Brince, wie lange ist das jetzt her?« fragte ich.
»Majister!« Die Bohnenstange erholte sich schnell wieder. »Wahrlich ein paar Murs, Majister. Und Lahal! Ich bin sehr erfreut, dich hier zu sehen. Ebenso mein Vetter ...«
Bei diesen Worten beendete der großgewachsene Mann
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