34 - Die Hexen von Kregen
Element der Belustigung darin gelegen hätte. »Du wirst merken, daß sie schlimme Feinde sein können.«
Er antwortete nicht.
Am nächsten Tag ritten wir weiter nach Süden. Wir übertrieben es mit dem Tempo nicht, denn wir wollten keine Aufmerksamkeit erregen. Ered Imlien machte auf der Suche nach uns bestimmt das ganze Land rebellisch. Wenn wir ein Flugboot besessen hätten ...
Während des Ritts übermittelte ich Kov Nath meine Ratschläge. Dabei zeigte es sich immer mehr, daß meine Einschätzung seines Wesens und seiner Fähigkeiten richtig war. Wenn wir das Volk von Falkerdrin dazu bringen konnten, den Ractern die Unterstützung zu versagen und sich uns anzuschließen – ich betonte die ungeheure Gefahr, die die Shanks uns allen brachten, nicht nur Vallia, sondern ganz Paz. So wie der Angelpunkt den Hebel stützt und der Hebel die Welt bewegen kann, so mußten meine Pläne sich zum Guten für uns alle auswirken. Eine Binsenweisheit – nun ja, natürlich! Aber dennoch zutreffend, verdammt zutreffend.
Auf einem Punkt, an dem ihm sehr lag, hackte Nath immer wieder herum. »Und vermutlich wirst du im Zentrum sitzen und alle Macht in den Händen halten.«
»Eine faire Vertretung für alle Regionen«, sagte ich. »Ich unterstütze die kleinen Grundbesitzer, die Händler am Ort, die Menschen, die ihre Heimat am besten kennen. In größeren Dingen ist eine umfassendere Perspektive angebracht. Wenn Edelleute verantwortungsvoll handeln, gibt es keinen Grund, warum sie nicht ihre eigenen Besitzungen lenken sollten, wie sie es immer getan haben. Die Racter meinen, das Wohlergehen Vallias auf ihre Fahnen geschrieben zu haben, ich finde sie aber von Egoismus und Eigenstolz verblendet. Sie sehen unser Kregen ringsum nicht mit klaren Augen.«
»Dennoch werden sie vom einfachen Volk unterstützt.«
Ich starrte ihn an. »Das einfache Volk. Das ist es. Was macht einen Kov, einen Vad, einen Trylon, einen Strom und alle die anderen, so ›uneinfach‹? Können sie zwei Mahlzeiten gleichzeitig essen? Können sie mit den Flügeln schlagen und losfliegen? Können sie an einem Tag zwei Tagewerke vollbringen? Das einfache Volk! Nun ja, mein junger Bursche, ich gehöre auch zum einfachen Volk – und daß du mir das nicht vergißt!«
Er sah mein Gesicht und war so vernünftig, das Thema ein wenig zu wechseln. Ich wollte in unserem kleinen Lager am Bach zur Ruhe kommen und sagte schließlich: »Schau mal, wenn wir die Schwarzen Berge erreichen und du Inch kennenlernst und vielleicht auch Turko, wirst du feststellen, daß die beiden solchen Unsinn nicht dulden. Ich kann dir auch nur raten, dich mit Kov Seg Segutorio gut zu stellen. Er teilt meine Ansichten zu diesem Thema.«
»Ich freue mich, die Männer kennenzulernen.«
Eine Zeitlang lag ich auf dem Rücken auf einer Decke, die ich im angenehm duftenden Gras ausgebreitet hatte. Ich war ziemlich zufrieden. Gewöhnlich war ich nicht so im reinen mit mir, denn meistens fühlte ich, daß Dinge, die ich mir zum Ziel gesetzt hatte, nicht erreicht worden waren. Meine Fehler waren mir nur allzudeutlich bewußt, Zweifel an meinen Taten überkamen mich immer wieder, und ich hatte oft das Gefühl, ich solle eher anderes tun als das, was ich gerade in Angriff nahm. Vielleicht erstaunt es Sie, daß solche Gedanken Dray Prescot heimsuchten; Sie können mir glauben, ich hatte wirklich daran zu kauen. In diesem Punkt sehe ich mich auch nicht anders als andere. Mal geht's hinauf, mal hinunter. Manchmal fühle ich mich wie ein absoluter Versager. Dann wieder gibt es Augenblicke, da ich das Gefühl habe, in meinem Leben doch ein paar Dinge erreicht zu haben.
So lag ich denn wie ein Onker im Gras, kaute leckere Palines und füllte mir den Kopf mit einem rosaroten Schimmer, anstatt dem Schlaf seinen Willen zu lassen: die Zukunft sah doch schon ganz vielversprechend aus, der Hebel und der Angelpunkt würden sich bald bemerkbar machen.
Ich trug meinen alten scharlachroten Lendenschurz und hatte wie immer mein Krozair-Langschwert neben mich gelegt. Die Scheide war von Delia gefertigt worden. Ich liebte es, die Schwerthülle zu berühren, ehe ich in den Schlaf sank.
Das verwaschene rosafarbene Licht der Jungfrau mit dem Vielfältigen Lächeln verwandelte die Blätter in umschattete rosafarbene Formen. Nachtdüfte wehten kühl und erfrischend über mich dahin. Vor dem strahlenden Rund über mir bewegte sich eine Silhouette, verweilte, breitete riesige Flügel aus. Ich lag still im Gras und schaute
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