Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

Titel: 34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Reich
Vom Netzwerk:
Fitzgerald.«
    »Das passt schon besser, oder?«
    »Ja, ja«, sagte sie, »Ella, die vergnügt vor sich hin trällernde Vollwaise.«
    Diesmal lachte Horowitz nicht, er schaute Ella lange an: »Entschuldigung, ich wollte nicht…«
    »Haben Sie auch nicht. Sie sind ja nicht meine Mutter«, sagte Ella. Mit Blick auf den langen schwarzen Tisch, über dem ein Lüster hing, stellte sie fest: »Hier essen Sie aber nicht oft.« Die Tafel war festlich gedeckt und eingestaubt.
    »Nein, nie, ich mag das Zimmer nicht, und außerdem kann ich nicht kochen.«
    An den Wänden hingen riesige Fotografien von goldenen und silbernen Pistolen, die so gar nicht zu dem Rest der Einrichtung passen wollten.
    »Die Fotos macht mein Neffe. Grauenhaftes Zeug, aber ich hab sie ihm trotzdem abgekauft. Ich glaube, mit seinen Pistolenbildern will er sich selbst davor bewahren, seine Mutter, also meine Schwester, zu erschießen.«
    Als Ella direkt vor dem Tisch stand, sah sie, dass links neben den Tellern kleine Nagelbretter standen.
    »Noch so ein Scherz meiner Schwester. Ich dachte, sie hat mir die Dinger fürs Frühstück bei hohem Seegang geschenkt, damit die Brote nicht vom Tisch segeln, aber weit gefehlt. Sie meinte vielmehr, ich könne mit ihnen schon mal fürs Alter üben, wenn meine Hand so zittert, dass ich kein Messer, geschweige denn ein Steuerrad mehr halten könne. Also, wenn das nicht bösartig ist! Aber ich werde ihr den Gefallen natürlich nicht tun.«
    »Welchen Gefallen?«
    »Ach, nichts«, sagte er gedankenversunken, »ein Geheimnis.«
    »Dass Sie nicht altern werden?«, fragte sie lachend.
    »Ha!«, rief er aus. »Sie sollten sich auch Nagelbretter zulegen und jeden Ihrer Verehrer erst einmal damit konfrontieren. Die Bretter sind ein wunderbarer Test, nur Menschen mit Humor bestehen ihn.«
    Sie stellte sich Paul mit einem Nagelbrett vor.
    Dann führte Horowitz sie in ein Zimmer, dessen Wände mit grüner Seide bezogen waren. Über dem Bett hing ein ausgestopfter Löwenkopf, ein Lampenschirm thronte auf einem Fuß aus Elefantenhaut, und auf dem Boden lag ein platter Streifen Zebra. Ihr wurde übel. Das hier war nicht nur die Titanic, sondern auch noch die Yacht von Onassis, deren Barhocker mit Walpenishaut überzogen waren.
    Sie wendete sich ab. Wie kam sie aus dieser Situation nur wieder heraus? Zum Glück klingelte in diesem Moment ihr Telefon, und sie konnte in den Flur treten. Es war Jasmin. Sie verabredeten sich leise zu einem frühen Abendessen beim Italiener. Als sie aufgelegt hatte, erzählte sie Horowitz, der inzwischen in dem Zimmer herumgeräumt hatte, sie hätte einen wichtigen Termin vergessen und müsse leider sofort aufbrechen. Das käme sehr plötzlich, aber es ginge nicht anders.
    Horowitz musterte sie und murmelte: »Habe ich Sie doch vertrieben?«
    »Wenn ich ehrlich sein soll: ja. Aber wissen Sie was? Das bedeutet gar nichts.«
    Horowitz’ Blick war der eines tapferen Kindes, als er sich die Frage abrang: »Kommen Sie noch mal wieder?«
    »Wollen Sie denn meine Wohnung gar nicht sehen?«, fragte sie.
    »Wozu?«, fragte er und blickte sie jetzt wieder verschmitzt an. »Wenn Sie wiederkommen, ist mir egal, wie Ihre Wohnung aussieht.«
    Das kann ich mir nicht vorstellen, dachte Ella.
    »Glauben Sie mir«, sagte Horowitz.
    »Die Elefantenhautlampe«, sagte sie.
    »Die Elefantenhautlampe?«, wiederholte er.
    Horowitz versuchte ernst zu bleiben, aber auf seinen Lippen zeigte sich schon ein Lächeln: »Die kommt in den Keller.«
    Sie stockte, wollte ansetzen, doch er unterbrach sie: »Zusammen mit dem Löwen und dem Zebra. Simbabwe kommt in den Keller.« Dann zögerte er und fragte leise: »Und das Aquarium?«
    Sie schaute ihn fragend an.
    »Nichts«, sagte er mit einem erleichterten Zug um die Lippen, »ich dachte nur… Also, dann auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte sie.
    Als er die Tür schloss, meinte sie, erneut ein leises »Wenn ich das geahnt hätte…« vernommen zu haben, aber wahrscheinlich war das nur das Knarzen der Tür.

4
    Ella fuhr zurück nach Mitte und traf ihre Schwester in dem kleinen Restaurant in der Auguststraße, in dem Jasmin und ihr Mann fast immer aßen, wenn sie denn mal ausgingen.
    Ihre Schwester war wie üblich vor ihr da, winkte ihr schon durch die großen, bis zum Boden reichenden Fenster zu und klopfte mit dem Zeigefinger auf ihre Armbanduhr. Ihre Schwester trug eine lila karierte Bluse und eine Jeans, an deren Bund sie herumnestelte, bevor sie Ella knapp umarmte. Ella

Weitere Kostenlose Bücher