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34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

Titel: 34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Reich
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besprechen. Dann ist ja alles gut.‹
    Natürlich hatte sie das nur gesagt, um mich nicht weiter zu beunruhigen, aber das wusste ich damals noch nicht; damals war ich einfach nur erleichtert und stolz, sie doch besiegt zu haben.«
    Ella schaute zu Natalia hinüber, die immer noch die Augen geschlossen hatte, vielleicht döste sie sogar ein wenig. Unter ihrem T-Shirt hob und senkte sich ihr Brustkorb. Natalia hatte wirklich winzige Brüste, aber ihre eigenen waren schließlich auch nicht viel größer.
    »Schaust du auf meinen Busen?«, fragte Natalia. »Schlimm, oder? Verstehst du jetzt, warum ich ihn machen lassen muss?«
    »Ich…«
    »Musst nichts sagen, ich weiß es selbst. Erzähl lieber weiter, was die Tante vom Jugendamt dann wollte.«
    Ella schwieg, sie fühlte sich ertappt.
    »Bitte Ella, ich hab’s nicht so gemeint, bitte, erzähl weiter.«
    Ella schaute noch eine Weile aus dem Fenster, dann fuhr sie fort: »Und auf einmal wollte ich, dass sich die Frau mit den roten Strümpfen wieder setzte, damit ich ihr von dem Unfall erzählen konnte, von der Frau in dem silbernen Auto und wie toll meine Schwester war. Ich hielt den Atem an, aber sie drehte sich tatsächlich um und setzte sich wieder, ohne dass ich etwas gesagt hatte. Ich strahlte und begann zu erzählen, nur den Fuchs verschwieg ich und die falsche Nummer; und je länger ich erzählte, desto mehr wollte ich, dass sie noch ein wenig bei mir blieb. Das Grau ihrer Bluse glänzte jetzt sogar, es war ein schönes Grau. Sie hatte freundliche Augen und es gefiel mir, dass sie bayerisch sprach so wie die anderen Mütter.
    Als sie weg war, weinte ich ein bisschen in mein Kopfkissen, weil das eben auch irgendwie ein Besuch war und es schön war, im Krankenhaus besucht zu werden. Dann kam schon wieder irgendein Vater herein und erzählte Witze, über die ich lachen konnte.
    Nachmittags spazierte meine Schwester mit Ranzen auf dem Rücken ins Krankenhaus. Sie schwenkte einen kleinen Korb in der Hand hin und her und sah aus wie Rotkäppchen: ›Schau mal, was Mama dir alles schickt.‹
    Mit großer Geste zog sie Lutscher, Gummibärchen, eine Pferdezeitschrift und eine Packung Kaugummis heraus. Sie hielt die Schätze hoch in die Luft, sodass die anderen drei Kinder alles genau sehen konnten, und die drei machten große Augen, besonders bei der Pferdezeitschrift. So war meine Schwester, sie hatte ihr ganzes Taschengeld ausgegeben, um mir dieses Märchen vorzuspielen. Als später die Großmutter kam, die mich schon einmal nach meinen Eltern gefragt hatte, lächelte ich sie an und stellte mir dabei vor, wie der Wolf in sie hineinbiss und sie verschlang.«
    »Ha«, sagte Natalia, »das ist gut.«
    »Ja, das war gut. Und dann kam’s sogar noch besser: Als ich nämlich entlassen wurde«, fuhr Ella fort zu erzählen, »holte mich ein eleganter Herr in schwarzer Livree, Chauffeurmütze und weißen Handschuhen ab. Er sprach mit einem fremdartigen Akzent und hielt den Schwestern einen Zettel unter die Nase, mit dem sie mich widerwillig ziehen ließen. Der Mann hob nur seine rechte Augenbraue, als sie ihm einen Rollstuhl anboten, um mich zum Ausgang zu schieben; stattdessen nahm er mich auf den Arm – mich, meine ganzen Sachen, die Krücken und den inzwischen leeren Korb meiner Schwester. Die drei anderen Kinder staunten nicht schlecht. Ich winkte ihnen zu und ließ mich auf den Gang tragen, den ich bis dahin noch nicht gesehen hatte. Die Schwestern verabschiedeten mich mit mitleidigen Blicken, aber dann erinnerte ich mich an die Worte der grauen Dame, die Schwestern hätten einfach zu viel zu tun.
    Vor dem Krankenhaus stand eine große schwarze Limousine, in der ich hinten ganz alleine saß und eine Limonade mit Strohhalm trinken durfte; und mein Bein hätte doppelt so lang sein können und immer noch Platz gefunden. Der Chauffeur brachte mich nach Hause, trug mich die Treppen hoch und übergab mich meiner Mutter, die mich minutenlang umarmte und wieder und wieder küsste, weil sie sich so freute, mich endlich wiederzusehen. Und da dachte ich plötzlich, dass vielleicht die anderen Familien komisch waren, weil man Kinder im Krankenhaus eigentlich gar nicht besuchen sollte, sondern sie lieber in Ruhe genesen ließ, bis sie wieder nach Hause konnten. Meine Mutter hatte sogar etwas zu essen gemacht, Ringelnudeln, die ich so gerne aß, mit Tomatensauce und einem großen Stück Butter obendrauf; und ich hätte ihr so gerne die Freude gemacht, alles bis zum letzten Ringel

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