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34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

Titel: 34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Reich
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Gegend, und eine einzige alte Frau schleppte schwitzend zwei schwere Tüten über die Kreuzung. Ella lief zu ihr hin, nahm ihr die Tüten ab und half ihr über die Straße.
    »Na, auch so ’ne Karma-Sammlerin?«, fragte die Alte mit Schalk im Nacken.
    Ella schaute sie fragend an.
    »Das hat die tätowierte Jungsche letzte Woche zu mir gesagt, als sie mir beim Tragen geholfen hat: Ist gut fürs Karma. Oder sind Sie von ’ner anderen Sorte?«
    »Ich…«
    »Die jungen Herren sagen das nicht, die fragen mich nach den Enkeln oder den Kindern oder so was, aber die tätowierte Jungsche hat was vom Karma erzählt. Und ich hab’s sogar nachgeschlagen, und es ist was Indisches, was Religiöses, nichts für mich also. Aber wissen Sie, was direkt vor ›Karma‹ in meinem Brockhaus vermerkt war? Die ›Karlstein‹! Und die ›Karlstein‹, das ist die schönste Burg Böhmens, südwestlich von Prag, und da komm ich her, und die werd ich auch noch mal sehen, bevor ich in mein Karma eintrete oder wo auch immer die Inder und die Tätowierten da hinwollen.«
    Ella stutzte.
    »Hat es Ihnen die Sprache verschlagen, junge Frau?«
    »Nein, nein, gar nicht«, sagte Ella und dachte: Doch, ein bisschen, ja.
    Inzwischen waren sie über die Straße gelangt. »Soll ich Ihnen die Tüten nach Hause tragen?«, fragte Ella.
    »Ne, ne, lassen Sie mal. Ich bin noch stark, dass Sie sich da mal nicht täuschen. Und eine gute Reise wünsche ich Ihnen auch, Sie haben ja noch einiges vor sich, Püppchen«, sagte die Alte und wollte gerade weiter, als sie noch nachschob: »Haben Sie den da gesehen? Schlimm, schlimm. Ein Jammer. Passen Sie bloß auf, dass Ihnen so was nicht passiert…«
    Auf der kleinen Verkehrsinsel stand ein dunkelblauer, blitzblanker Porsche mit Hamburger Kennzeichen, der vollkommen zu Schrott gefahren war und auf dessen Fenster ein Zettel klebte: Kauf dir mal ’nen Neuen! Ella musste lachen. Die Alte lief indes Richtung Hackescher Markt.
    Ella lief die Brunnenstraße entlang.
    »Hallo«, sagte eine sanfte, vertraute Stimme neben ihr.
    Ella wendete den Kopf in Richtung der Stimme. Die schöne Schwedin aus dem Café kam mit einem Hirtenhund an der einen und einer weißen Papiertüte in der anderen Hand über die Straße geschlendert.
    »Hey«, antwortete Ella, »du hast ja einen Hund.«
    »Ja, er heißt Bergman«, sagte sie.
    »Hallo Bergman«, sagte Ella und streichelte Bergman über den Kopf.
    »Kannst seine Freundin auf Facebook werden, wenn du Hunde magst«, sagte die Schwedin und lachte.
    Ella lief weiter und suchte die Häuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite ab, irgendwo hier musste es sein.
    Plötzlich blieb Ella stehen. Ihr stockte der Atem.
    Auf der anderen Straßenseite trat Paul aus seinem Laden, die Hände in den Hosentaschen, mit hängendem Kopf und hochgezogenen Schultern. Neben Paul stand eine dunkelhaarige Frau mit knallrot geschminkten Lippen, schwarzem Oberteil und engen Jeans, die aussah wie eine dieser attraktiven, ungesund lebenden Französinnen. Paul und die Frau stritten sich. Ella konnte nicht hören, was sie sagten, aber Paul fuchtelte nun mit den Armen und hatte einen Ausdruck im Gesicht, den sie bei ihm noch nie gesehen hatte und der so hart war, dass ihr schlagartig schlecht wurde. Seine sonst so weichen Lippen hatten sich zu einem Strich zusammengezogen, und seine Augen blickten kalt ins Leere. Es war Paul, aber er wirkte wie ein Mann, den sie nicht kannte.
    Die Frau ließ Pauls Ausbruch über sich ergehen, den Blick zu Boden gerichtet, und nestelte an einem Knopf ihrer schwarzen Bluse herum. Plötzlich kam ein kleiner Junge aus dem Laden. Die Frau zog den Jungen zu sich heran, legte ihre Arme um ihn und gab Paul hinter seinem Rücken ein Zeichen, dass er nun mit dem Schimpfen aufhören solle. Doch Paul fegte ihren Einwand einfach mit einer Handbewegung fort. Der kleine Junge starrte auf die Pflastersteine. Ella stockte der Atem, und sie drückte sich hinter eine Litfaßsäule, um nicht entdeckt zu werden. Auf einmal hörte Paul auf zu fuchteln, und sein Ausdruck wurde weicher, vertrauter. Ob das ein gutes Zeichen war? Die Frau blickte sofort zu ihm auf, und auf ihrem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Sie sah ein bisschen aus wie Charlotte Gainsbourg, nur nicht ganz so mager. Der kleine Junge blieb unbeweglich. Eine Weile passierte nichts, dann streckte sich die Frau und gab Paul einen Kuss, einen ziemlich langen.
    Und sosehr sich Ella abwenden wollte, sie konnte es nicht; vielmehr zog

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