34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
Halbinsel. Rechts schob sich das Ufer nur langsam vor. Wir saßen in dem Schilfbruch, hinter welchem sich der Wald aus feuchten Tümpeln und gefährlichen Sümpfen erhob.
Mir schien es, als ob wir vergeblich auf die Bolamänner warten müßten, und auch der Bruder brummte:
„Hm! Wenn ich nicht wüßte, daß Daya mich nie belügt, so würde ich glauben, daß diese Landzunge zwar eine Halbinsel, aber nicht diejenige des Krokodils ist. Ich traue diesem Platz nicht.“
„Ich auch nicht.“
„Warum?“
„Kann es eigentlich nicht deutlich sagen. Warum gefällt einem irgendein menschliches Gesicht nicht, was doch andern ganz gut gefällt?“
„So ist es. Dieser Ort hat so etwas Abstoßendes an sich. Meinen Sie nicht?“
„Ja. Er ist ganz und gar nicht zum Beschleichen und Überraschen geeignet. Wohin sollen wir uns verstecken?“
„Weiß es auch nicht. Hier aber können wir nicht bleiben.“
„Gewiß nicht. Wenn die Kerle kommen, sehen sie uns sofort. Aber es gibt kein anderes Versteck als unter den Bäumen der Halbinsel. Das können wir auch nicht benützen.“
„Nein, denn da würden sie doch uns erwischen, anstatt wir sie. Wie leicht könnten sie uns da in das Wasser drängen.“
„Wohin also uns wenden? Weiter aufwärts oder abwärts?“
„Das überlassen wir Ihnen. Wir haben ja beschlossen, uns nach Ihren Bestimmungen zu richten.“
„So gehen wir abwärts. Ich denke, daß wir da einen passenderen Ort finden werden. Freilich müssen wir so in der Nähe bleiben, daß wir sehen und hören können, was auf der Halbinsel vorgeht.“
Wir standen auf und gingen leise südwärts, doch nur eine kurze Strecke, bis links von uns eine Baumgruppe stand, welche uns ein recht passendes Versteck zu bieten schien. Ihr Schatten verbarg uns ganz und gar, wenigstens nach drei Seiten. Die vierte war offen, und gerade von dieser her schien der Mond herein. Das gefiel mir freilich nicht; aber es war kein besser geeigneter Platz vorhanden, und die offene Seite lag der Halbinsel entgegengesetzt, also so, daß wir wahrscheinlich von ihr nichts zu befürchten hatten. Wir machten es uns also unter diesen Bäumen bequem und warteten der Dinge, welche da kommen sollten. Aber leider schien nichts kommen zu wollen.
„Sollten sich diese Kerle ganz anders besonnen haben?“ fragte der Estanciero. „Dann warten wir freilich vergeblich hier.“
„Sie können sich nicht anders entschließen“, antwortete ich. „Sie müssen ihre drei Boten doch da erwarten, wohin sie dieselben bestellt haben.“
„Das ist richtig. Aber sie denken vielleicht, daß sie noch nicht da sein können, und haben sich aus diesem Grund anderswo gelagert.“
„So kämen sie also doch noch hierher.“
„Das freilich, aber wann?“
„Vielleicht mit Tagesanbruch. Sie können sich des Nachts unmöglich hierher zwischen die Sümpfe wagen. Übrigens wiederhole ich, daß es sehr unvorsichtig von ihnen sein würde, von hier aus über den Fluß zu gehen. Derselbe ist zwischen den Inseln so reißend, daß er die Pferde mit sich fortziehen würde.“
„Hm! Die Pferde unseres Landes schwimmen sehr gut!“
„Auch nicht besser als die Pferde anderer Länder, Señor. Übrigens haben diese Leute eine Herde gestohlener Tiere bei sich, welche sehr schwierig über den breiten Fluß zu bringen sein wird.“
„Das ist wahr.“
„Ich kann mir überhaupt gar nicht denken, daß sie dieselbe durch Schwimmen hinüberbringen können.“
„Hinüber aber müssen sie doch! Vielleicht durch einen Kahn.“
„Eine solche Tropa mit einem Kahn übersetzen? Nehmen wir an, die gestohlenen Pferde zählten fünfzig Stück, so wären über hundert hinüberzuschaffen. Bei der Breite, welche der Uruguay hier zu besitzen scheint, würde das die Zeit eines ganzen Tages erfordern. Aber sagen Sie einmal, kommen nicht auch zuweilen Flöße den Fluß herab?“
„Sehr oft sogar. Sie sind entweder aus unbehauenen Stämmen zusammengesetzt oder aus Balken, Planken und Brettern, welche bearbeitet worden sind. Im Süden ist das Holz so rar, daß diese Flößer ein ganz gutes Geschäft machen.“
„Nun, so ein Floß wäre das einzige praktische Mittel für die Bolaleute, über den Fluß zu kommen. Ist das Floß groß genug, so trägt es sämtliche Pferde und Menschen auf einmal.“
„Aber wird der Flößer bereit dazu sein?“
„Gegen gute Bezahlung gewiß. Und wenn er nicht will, so muß er.“
„Sie meinen, man könnte ihn zwingen?“
„Ja. Ein Floß muß sich ganz nach
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