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34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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der Strömung richten. Läuft diese nahe am Ufer hin, so können die Flößer von dort aus mit Gewehren gezwungen werden, anzulegen und die Tropa aufzunehmen. Diese Überfahrt könnte dann freilich nicht in gerader Linie bewerkstelligt werden, weil man erst viel weiter unten das gegenüberliegende Ufer erreichen könnte. Wie gesagt, ich halte das für das einzige Mittel, dessen sich die Bolamänner bedienen könnten, und darum sollte es mich wundern, wenn sie es nicht täten und –“
    Ich hielt inne, denn ich hatte in diesem Augenblick einen Schlag auf die Brust erhalten. Niederblickend gewahrte ich zu meinem Schreck einen Pfeil, welcher vorn in meinem Jagdrock steckte.
    „Weiter! Was wollten Sie vorhin sagen?“ fragte nun der Estanciero.
    „Werfen Sie sich schnell auf die Erde, schnell, schnell!“
    Ich selbst legte mich augenblicklich nieder, und die andern folgten meinem Beispiel.
    „Warum denn?“ fragte der Bruder.
    „Man schießt auf uns.“
    „Ich höre doch nichts!“
    „Pfeile hört man nicht.“
    „Dios! Man schießt mit Pfeilen? Woher, wissen Sie das?“
    „Daher – sehen Sie?“
    Ich zog den Pfeil aus meinem Jagdrock und reichte ihm denselben hin.
    „Cielo mío!“ sagte er erschrocken. „Waren Sie getroffen?“
    „Nur der Jagdrock.“
    „Wissen Sie das genau?“
    „Ja. Unter demselben befindet sich noch das lederne Jagdhemd. Der Pfeil hat nicht durch den ersteren, noch viel weniger durch alle beide zu dringen vermocht. Sie sehen, wozu so eine lederne Kleidung gut ist.“
    „Señor, wenn Sie dieselbe nicht trügen, wären Sie in weniger als zwei Minuten eine Leiche! Der Pfeil ist vergiftet. Ich werde diesem Mann sogleich das Schießen verbieten!“
    „Er wird sich nicht befehlen lassen.“
    „O doch. Hier hat nur einer solche Pfeile, und dieser eine ist Petro Aynas. Der Mann ist gefährlicher als ich dachte. Schießt auf Leute, die ihm nichts getan haben. Hätte er einen andern getroffen, so wäre derselbe verloren gewesen!“
    Er nahm einen Finger in den Mund und ließ einen eigenartigen, halblauten Pfiff hören, fast wie die Stimme eines Regenpfeifers.
    „Ist das ein Signal für den Indianer?“ fragte ich.
    „Ja. Er weiß nun, daß er auf einen guten Freund geschossen hat. Alle seine Bekannten, welche zuweilen zu ihm kommen kennen diesen Pfiff. Wenn sie ihn nicht daheim antreffen, rufen sie ihn durch denselben.“
    „So meinen Sie, daß er kommen wird?“
    „Ganz gewiß. Er wird nicht wenig darüber erschrocken sein, daß er einem Freund den fast sichern Tod entgegengeschickt hat.“
    „Wo mag er stecken?“ fragte der Estanciero.
    „Natürlich da drüben, nach welcher Seite unser Versteck offen ist. Von dorther scheint der Mond herein und er hat uns sehen können. Horch!“
    Es ertönte von jenseits des Sumpfes genau derselbe Pfiff, aber leise, hörbar absichtlich leise, als ob er nicht weit gehört werden solle.
    „Ist das der Indianer?“ fragte ich den Bruder.
    „Ja.“
    „Antworten Sie ihm, aber ebenso leise! Die Bolaleute sind in der Nähe.“
    „Woher wissen Sie das?“
    „Eben daher, daß er leise pfeift. Er hat Sie an dem Pfiff als einen Freund erkannt, dessen Anwesenheit er bei ihnen nicht bemerken lassen will.“
    „Möglich, daß Sie recht haben.“
    „Stehen Sie beim Pfeifen auf, daß Sie von drüben gesehen werden können!“
    Er erhob sich vom Boden und ließ das Signal gedämpft hören. Sofort sahen wir drüben auch eine Gestalt unter dem Bäumen hervortreten. Sie winkte mit dem Arm und verschwand dann. Die Entfernung betrug ungefähr fünfzig Schritte. Also so weit hatte der Mann mit dem Pfeil getroffen!
    „Er kommt“, sagte der Bruder. „Für einen Mörder habe ich ihn bisher nicht gehalten. Ob er im eigenen oder im fremden Interesse gehandelt hat? Die Schuld ist in beiden Fällen gleich groß. Er mag nur kommen!“
    Da der Sumpf zwischen dem Indianer und uns lag, so mußte der Mann einen Umweg machen, wenn er zu uns kommen wollte. Doch sahen wir ihn schon nach kurzer Zeit herbeikommen, von der andern Seite und in gedrückter Haltung, wie derjenige eines Schuldbewußten.
    „Was fällt dir ein, auf uns zu schießen, Petro!“ begrüßte ihn der Bruder, als er zu uns unter die Bäume trat.
    Der Indianer antwortete erschrocken: „Sie sind es, Bruder, Sie selbst! Hat der Pfeil getroffen?“
    „Ja.“
    „Dios! So ist der Mann verloren!“
    „Glücklicherweise nicht. Der Pfeil kam diesem Señor auf die Brust, drang aber nicht durch das Leder seines

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