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34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Taschentuch die Hände. Der liebe, aufrichtige Petro Aynas sagte kein Wort; er holte nur tief Atem. Er war im höchsten Grad eingeschüchtert. Nun lag er am Boden, blickte voller Angst im Kreis umher und bat endlich den Bruder mit fürsorglich gedämpfter Stimme:
    „Retten Sie mich, Bruder! Der Germano ist schrecklich!“
    „Woher weißt du denn, daß er ein Germano ist?“
    „Man sagte es mir.“
    „Wer denn?“
    „Das darf ich nicht sagen.“
    „Hast du es geschworen?“
    „Nur versprochen.“
    „Ein Versprechen, welches ein Unrecht enthält, darf man nicht halten.“
    „Aber dieser Germano ist ein Mörder, Dieb und Räuber!“
    „Gewiß nicht!“
    „Er will die Banda oriental nach Brasilien verraten!“
    „Das fällt ihm gar nicht ein. Willst du denen, welche dich in dieser Weise belogen haben, mehr glauben als mir?“
    „Sie machen mir keine Lügen, Bruder, das weiß ich. Aber vielleicht werden Sie selbst von ihm getäuscht?“
    „Das ist nicht der Fall, Petro. Diesen Germano kenne ich noch genauer als dich. Er will zu den Indianern, um ihnen Gutes zu tun und ihnen Geschenke zu bringen. Man hat dich grauenhaft belogen. Die Leute, welche dich vor ihm gewarnt haben, sie sind Diebe, Räuber und Mörder.“
    „Sollte das wahr sein?“
    „Ja. Nicht wahr, es sind Reiter?“
    „Über fünfzig, mit noch mehr Pferden.“
    „Diese Pferde haben sie gestern einem armen, alten Ranchero gestohlen und ihm dann dazu das Haus verbrannt.“
    „Bruder, ist's möglich!“
    „Es ist so, wie ich dir sage. Befinden sich nicht zwei Gefangene bei ihnen?“
    „Mehrere!“
    „Ah! Sollten noch andere dazugekommen sein?“
    „Erst hatten sie weniger; die andern haben sie heute festgenommen.“
    „So! Die beiden ersten sind der Bruder und Sohn dieses Señor, welcher an meiner Seite sitzt. Man hat sie geraubt, um ein großes Lösegeld zu erpressen.“
    Der Indianer schüttelte erstaunt den Kopf. Der Bruder Jaguar fuhr fort:
    „Und diesen Germano wollten sie an einen Baum binden und erschießen, obgleich er ihnen nicht das geringste zuleid getan hatte. Diejenigen, denen du vertrautest, sind die Missetäter. Wir aber haben sie verfolgt, um ihnen ihre Gefangenen abzunehmen.“
    „Sie wollen das tun? Sie selbst wollen dabei helfen?“
    „Ja, Petro.“
    „Dann glaube ich, daß dieser Germano ein guter, ehrlicher Mann ist, und daß auch die Gefangenen keine Missetäter sind. Sie, Bruder, werden keine Räuber und Mörder befreien wollen!“
    „Nein, gewiß nicht. Jetzt also hast du Vertrauen zu uns?“
    „Ja. Binden Sie mich los! Ich helfe Ihnen.“
    „Willst du mir das versprechen? Willst du nichts gegen uns unternehmen?“
    „Ich bin Ihr Freund und werde nur tun, was Sie wollen!“
    „Dann sollen Sie wieder frei sein“, sagte ich jetzt zu ihm, indem ich mein Taschentuch von seinen Händen löste. Er richtete sich in sitzende Stellung auf, reichte mir die Hand und sagte:
    „Ich danke Ihnen, Señor! Ich habe auf Sie geschossen, und Sie haben mich fast erwürgt. Wir sind also quitt.“
    „Noch nicht. Bei Ihnen war es Ernst, mich zu töten; ich aber hielt Ihnen die Kehle nur in der Absicht zu, Sie am Schreien zu verhindern; erwürgen wollte ich Sie nicht.“
    „So vergeben Sie mir!“
    „Gern, denn ich hoffe, daß Sie Ihren Fehler gutmachen werden. Vor allen Dingen, gestehen Sie ein, daß der Major sich hier flußabwärts in der Nähe befindet?“
    „In zehn Minuten ist man dort.“
    „Hat er Wachen aufgestellt?“
    „Ja.“
    „Aber Patrouillen sendet er nicht aus?“
    „Nein. Solange man uns nicht hört, wird keiner seiner Leute hierher kommen.“
    „So sind wir also sicher, und Sie mögen uns erzählen, wie Sie dazu gekommen sind, der Beschützer dieser Menschen zu werden.“
    „Ja, ich will alles erzählen, Señor! Und da muß ich bei dem Mann anfangen, welcher vor ungefähr einer Woche bei mir war, um sich nach den Holzflößen zu erkundigen.“
    „Zu welchem Zweck tat er das?“
    „Das wußte ich nicht. Er fragte, ob ich die Ufer des Flusses genau kenne, und als ich das bejahte, erkundigte er sich, ob es hier eine Stelle gebe, welche einsam liege und an welcher doch zuweilen die Flöße anlegen.“
    „Gibt es eine solche?“
    „Ja. Unterhalb derselben ist der Strom sehr reißend, so daß das Flößen gefährlich wird. Man darf nur bei vollem Tageslicht und mit frischen Kräften dort fahren. Darum pflegen die Flößer vor dem Einbruch des Abends ihre Flöße dort anzulegen, nämlich oberhalb der

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