34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
gefährlichen Strömung, um den Morgen abzuwarten.“
„Ist die Anlegestelle weit von hier?“
„Nein. Sie befindet sich eben da, wo jetzt die Reiter lagern, vielleicht zehn Minuten abwärts von hier.“
„Hat diese Stelle einen Namen?“
„Ja. Es liegt eine Halbinsel da, welche man die Península del Jacaré (Alligatorhalbinsel) nennt.“
„Nicht del crocodilo?“
„Nein. Diese letztere Halbinsel liegt da vor uns.“
„Hm! So muß eine Verwechslung stattgefunden haben, denn wir hörten, daß die Reiter an der Península del crocodilo lagern würden.“
„Der Ihnen das sagte, hat Krokodil mit Alligator verwechselt.“
„Sonderbar, daß diese beiden Halbinseln, welche so ähnliche Namen haben, so nahe beieinander liegen!“
„Die Península del Jacaré geht sehr seicht in das Wasser, und dort halten sich in einer Bucht zahlreiche Alligatoren auf. Die schmale Halbinsel hier aber hat die Gestalt eines Krokodils; daher ihr Name.“
„Aber ein Geheimnis birgt diese Halbinsel doch und Sie wissen es.“
„Wie kommen Sie zu dieser Meinung?“
„Ich habe gehört, daß Sie von dieser Insel nicht gern sprechen.“
„Das ist wahr. Ich habe meine Gründe dazu, die aber niemanden etwas angehen.“
„Ich habe auch nicht die Absicht, in dieses Geheimnis einzudringen. Wir interessieren uns nur für die Halbinsel del Jacaré. Sie haben wohl heute erst erfahren, welchen Zweck jener Mann mit seiner Erkundigung verfolgte?“
„Ja, erst heute.“
„Ist inzwischen etwas geschehen?“
„Nein. Aber heute früh kam der Mann wieder, und zwar zu Pferd. Sein Tier war ermüdet und ganz abgehetzt. Er ließ es im Wald fressen und setzte sich am Ufer der Halbinsel nieder und beobachtete die Schiffe und Flöße, welche hier vorüberkamen.“
„Was sagte er?“
„Er sagte, daß Latorre eine Schar seiner Reiter senden werde, welche hier über den Fluß wollen. Sie hätten sehr gefährliche Gefangene bei sich, und ich solle mit Achtung geben, daß dieselben nicht entfliehen könnten.“
„Gingen Sie darauf ein?“
„Nein, denn mich interessierte die Sache ja gar nicht. Ich legte mich in meiner Hütte nieder, um den ganzen Nachmittag zu schlafen. Am späten Nachmittag aber kam einer, mich zum Major Cadera zu holen. Dieser lagerte mit seinen Reitern auf der Halbinsel. Er bot mir ein Goldstück, wenn ich mit dafür sorgen wolle, daß die beiden Gefangenen, welche er bei sich hatte, nicht entfliehen könnten. Und darauf ging ich ein, denn ein Goldstück ist viel, sehr viel für mich.“
„Aber das konnte Sie doch nicht veranlassen, auf mich zu schießen!“
„Das nicht, aber ein anderes. Er erzählte mir nämlich, einer seiner Leute habe mehrere Räuber belauscht, welche von der Península del crocodilo gesprochen und den Entschluß gefaßt hätten, dieselbe zu untersuchen.“
„Haben Sie eine solche Untersuchung zu befürchten?“
„Unter Umständen, ja.“
„Sie haben ein Geheimnis dort. Der Fluß bildet die Grenze. Sind Sie vielleicht Pascher?“
„Ich könnte ja oder auch nein sagen, um Sie irrezuführen. Ich höre, daß Sie unsre Verhältnisse nicht kennen, und will Ihnen nur sagen, daß man auf der Halbinsel etwas finden könnte, dessen Verlust mir sehr schaden würde.“
„Wie konnte der Major davon wissen?“
„Das frage ich mich auch. Vielleicht habe ich gegen seinen ersten Boten ein Wort fallen lassen, ein unvorsichtiges Wort, aus welchem er auf das Übrige geschlossen hat.“
„Sollte denn ich mit zu den Räubern gehören?“
„Sie sollten der Anführer sein und mein ganzes Geheimnis kennen. Der Major beschrieb Sie mir so genau, daß ich Sie selbst beim Mondenschein erkennen mußte. Er sagte mir, daß einer Ihrer Leute wahrscheinlich als Bruder verkleidet sei. Wie viele Männer Sie mitbringen würden, das wisse er nicht, sicher aber sei, daß Sie, wenn Sie überhaupt kämen, morgen oder übermorgen hier eintreffen würden.“
„Wie klug! Er hatte mit der Möglichkeit zu rechnen, daß wir ihn verfolgen würden und ersann das Märchen, um Sie auf uns zu hetzen.“
„Das ist wohl wahrscheinlich. Heute abend nun strich ich hier am Fluß auf und ab, gleich vom Beginn der Dunkelheit an, von einer Halbinsel zur andern. Ich hatte mit auf die Gefangenen aufzupassen und dachte auch an die Räuber, welche zu mir kommen wollten. Drüben, jenseits des Sumpfes, blieb ich einmal stehen und schaute herüber nach dem Crocodilo. Da sah ich Sie sitzen. Der Mond schien in Ihr Versteck; ich konnte
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