34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
unbemerkt zu den Gefährten zurückzukehren.
„Alle Wetter, ich glaube gar, Ihr seid auf der Halbinsel gewesen!“ empfing mich der Kapitän.
„Allerdings.“
„Um die Gefangenen gerade so loszuschneiden wie vorhin uns?“
„Ja, sie sind frei.“
„Warum kommen sie nicht?“
„Weil erst der Bruder bei uns sein muß. Man könnte sich seiner bemächtigen, wenn man sieht, daß sie entfliehen.“
„Well! Das ist hochinteressant!“
„Nicht wahr? So paßt also auf! Ich werde pfeifen. Da kommen sie gerannt, hierher zu uns. Im ersten Augenblick wird man aus Bestürzung gar nicht daran denken, sie zu hindern, auf sie zu schießen oder ihnen nachzuspringen. Dann aber wird man desto eifriger hinter ihnen her sein. Da geben wir eine Salve ab, aber blind. Wir wollen sie nur abschrecken, nicht aber töten. Nur ich allein werde nicht in die Luft schießen, sondern meine Kugel für den Fall aufheben, daß es nötig ist, einen allzu eifrigen Verfolger zurückzuhalten. Man scheint mit dem Bruder fertig zu sein. Sie kehren auf die Insel zurück.“
Ich hatte bis zu meiner Rückkehr doch fast eine halbe Stunde zugebracht; das war Zeit genug gewesen, die Verhandlung zu Ende zu bringen. Wir sahen den Bruder kommen. Er mußte nahe an uns vorüber, wußte aber nicht, daß wir alle uns hier befanden.
„Pst!“ machte ich, als er nahe genug war. Er trat zu uns unter die Bäume.
„Sie alle hier?“ fragte er. „Es ist mir angst um Sie gewesen, Señor. Ist es gelungen?“
„Ja. Und Sie? Welche Antwort ist Ihnen geworden?“
„Sie gehen nicht darauf ein.“
„Nach fünf Minuten werden sie es sehr gern tun. Passen wir jetzt auf! Also nur in die Luft schießen, Señores!“
Ich steckte den Finger in den Mund und ließ einen schrillen Pfiff hören. Ein kurzer Augenblick der tiefsten Stille trat ein. Man fragte sich, woher dieser Pfiff komme und was er zu bedeuten habe. Da sahen wir die Gestalten der Montesos unter den Bäumen hervor und über den schmalen Streifen des Ufersandes springen. Ein wüstes Geschrei erscholl. Einige Schüsse krachten, ohne daß die Kugeln trafen. Man hatte sich nicht Zeit genommen, richtig zu zielen. Dann aber brachen auch die Verfolger aus dem Wäldchen der Halbinsel hervor; aber schon waren die beiden Flüchtigen herüber und bei uns. Wir ließen die Kerle bis halb herüber, dann gaben meine Begleiter Feuer. Die Verfolger stutzten und blieben stehen. Auf unserer Seite wurde schnell wieder geladen und abermals abgedrückt. Das wirkte, obgleich niemand getroffen worden war. Sie wußten, daß wir alle da waren und getrauten sich nicht näher. Sie standen im hellen Mondenschein, wir aber im Schatten der Bäume. Wir mußten sie, sie aber konnten nicht uns mit den Kugeln treffen. Darum zogen sie sich unter die schützenden Bäume zurück.
„So habe ich es gewollt“, sagte ich. „Wir haben nun Zeit, gemächlich nach dem Versteck zu gehen. Ich glaube nicht, daß vor Tagesanbruch einer der Kerle es wagt, hierher zu kommen. Gehen wir also!“
Die Freude der beiden Befreiten war groß. Sie wollten ihrem Dank in Worten Luft machen, doch mahnte ich sie, still zu sein, da die Bolamänner sonst hören würden, daß wir uns entfernten. Aber als wir dann so weit gekommen waren, daß wir unmöglich noch gehört werden konnten, blieb Monteso stehen, faßte mich am Arm und sagte:
„Ich kann nicht schweigen. Es ist mir ganz unmöglich. Wie seid Ihr eigentlich hierher gekommen?“
„Zu Pferde“, lachte ich.
„Natürlich! Ich ahnte zwar, daß Ihr mich nicht im Stich lassen würdet, Sie und meine Yerbateros, aber es war doch ungeheuer schwer, unsere Spur zu finden und uns aus so Vielen herauszuholen!“
„Es ist uns ganz im Gegenteil sehr leicht geworden. Sie werden alles erfahren. Jetzt wollen wir machen, daß wir in Sicherheit kommen.“
„Haben Sie wirklich den Major?“
„Ja. Sie wissen das?“
„Ich erriet es aus den Flüchen der Kerle. Zwei Gefangene waren fort und der Major auch. Sie waren ganz außer sich. Es stand nun zu erwarten, daß sie mit uns desto strenger verfahren würden. Es war mir wirklich nicht ganz wohl zumute.“
„Desto größer wird nun Ihre Freude sein, zumal Sie mit Ihrem Bruder zusammentreffen werden, den Sie hier wohl nicht vermuten.“
„Mein Bruder ist da?“ fragte er voller Freude, während der junge Monteso aufjubelte. „Das ist freilich prächtig! Eilen wir, damit ich ihn beim Kopf nehmen kann!“
„Nur langsam, Señor! Wir wollen die Sache möglichst
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