34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
Gelegenheit zu geben, sich derselben würdig zu machen. Warten Sie einen Augenblick!“
Er prüfte alle die Gegenstände, welche man mir abgenommen hatte, ließ dann meine Taschen und den Gürtel nochmals genau untersuchen und sagte, als nichts gefunden wurde:
„Ich habe gesehen, welch ein vorzüglicher Reiter Sie sind. Sie haben auch bewiesen, daß Sie Mut, ja Verwegenheit besitzen. Sobald Sie auf Ihren jetzigen Widerstand verzichtet haben, werden Sie ein höchst brauchbarer Soldat sein. Waren Sie vielleicht schon Militär?“
„Nein.“
„So werde ich Sie einexerzieren lassen, und Sie können dann sicher sein, daß Sie schnell avancieren. Ich weiß, daß Sie mir das später Dank wissen werden. Wenn ich diese Absicht ausführen soll, muß ich für eine geeignete Ausrüstung für Sie sorgen. Dazu reicht aber Ihr Geld nicht aus.“
Diese Worte sagten mir, was er jetzt verlangen werde. Darum antwortete ich ihm:
„Wer für die Ausrüstung sorgt, hat sie auch zu bezahlen! Übrigens reicht die Summe, welche Sie mir abgenommen haben, aus, zehn Offiziere auszustatten.“
„Das verstehen Sie nicht. Sie werden nachzahlen müssen. Haben Sie noch weitere Mittel?“
„Ich habe kein Geld weiter.“
„Aber Sie besitzen Kredit?“
Ich kannte in den ganzen La-Plata-Staaten keinen Menschen, welcher geschäftliche Veranlassung gehabt hätte, mir auch nur einen Pfennig zu borgen; aber um die Verhandlung abzukürzen und diesem Menschen alle Veranlassung zu nehmen, mich zu quälen, antwortete ich:
„Der Kredit, über welchen ich verfüge, ist nicht bedeutend.“
„Wer ist Ihr Geschäftsfreund?“
„Bankier Haufer in Buenos Aires.“
„Dem Namen nach ein Deutscher?“
„Ja.“
„Wie hoch beläuft sich Ihr Kredit?“
„Eine Summe ist nicht genannt. Ich bin nicht wohlhabend.“
„Ihr Auftreten ist ein Beweis, daß Sie reich sind. Sie werden mir eine Anweisung auf diesen Mann geben!“
„Das werde ich nicht!“ weigerte ich mich scheinbar.
„Nun, ganz wie Sie wollen! Sie sind selbst schuld, wenn ich infolgedessen unser Verhältnis genauso nehme, wie ich es am Rio Negro betrachten mußte. Das heißt, Sie werden erschossen.“
„Sie gaben bereits Ihr Wort, daß dies nicht geschehen soll.“
„Ich setzte dabei voraus, daß Sie meine Güte anerkennen und sich nicht weigern würden, auf meine Absichten einzugehen. Da Sie diese Hoffnung täuschen, nehme ich mein Wort zurück.“
„Ist das wirklich Ihre feste Entschließung?“
„Meine festeste. Ich gebe Ihnen auch keine Bedenkzeit. Wollen Sie die Anweisung schreiben oder nicht?“
Ich tat, als ob ich noch überlege, und antworte dann mißmutig:
„Sie zwingen mich ja dazu!“
„Ich übe keinen Zwang aus, Señor. Merken Sie sich das, denn Sie werden mir es vielleicht bescheinigen müssen.“
„Wenn Sie eine Bedrohung mit dem Erschießen keinen Zwang nennen, so habe ich freilich nie gewußt, was Zwang ist.“
„Also, was tun Sie?“
„Ich kann nicht anders; ich muß Ihnen die Anweisung geben.“
„Aber jetzt gleich! Mir genügt es für jetzt, daß Sie sich einstweilen unterschreiben, mir die Summe von zehntausend Papiertalern zu schulden. Eine regelrechte Anweisung werden Sie mir später ausfertigen.“
„Zehntausend! Da muß die Ausstattung Ihrer Soldaten eine höchst brillante sein!“
„Wenigstens die Ihrige wird es sein. Nun setzen Sie sich! Hier ist Ihr Notizbuch!“
Ich wurde niedergesetzt, und dann lockerte man mir die Riemen, welche meine Hände hielten. Gerade als ich schrieb, kam Petro Aynas mit seinem Weib am Fluß herab. Auch diese beiden hatten keine Ahnung von dem, was geschehen war. Als sie die Bolamänner erblickten, stutzten sie und blieben stehen.
„Vorwärts! Herbei mit euch, sonst schießen wir!“ rief ihnen der Major entgegen.
Er hatte diesen Befehl vergeblich gegeben, denn die beiden rannten auf das schleunigste von dannen.
„Ihnen nach!“ gebot der Major einigen von seinen Leuten. „Sucht auch in ihrer Hütte nach dem Geld, welches sie erhalten haben!“
Die Kerle entfernten sich, kamen später aber unverrichteter Sache zurück. Sie hatten weder das Indianerpaar gesehen, noch in der Hütte etwas gefunden, was des Mitnehmens wert gewesen wäre.
Ich war indessen, nachdem ich geschrieben hatte, wieder enger gefesselt und dann zu den andern Gefangenen gelegt worden. Da es lichter Tag war und man uns infolgedessen leicht beobachten konnte, so wurden wir weder an die Bäume gebunden noch voneinander getrennt.
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