34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
solche Mitteilung zu machen zu haben. Und wenn man ihn hört, so ist es eine Lappalie, die er vorbringt, um das verwirkte Leben um einige Augenblicke zu fristen. Sie können den Generalísimo nicht sprechen. Überhaupt war Ihr ganzes Verhalten ein so freches, daß ich nicht die geringste Veranlassung habe, Ihnen einen Wunsch zu erfüllen.“
„Ich soll also wirklich augenblicklich füsiliert werden, obgleich ich ein Fremder bin, der von Ihnen gar nicht abgeurteilt werden darf?“
„Ja. Ich sagte schon, daß hier Ausnahmezustände herrschen.“
„General, Sie werden Ihr Verhalten zu verantworten haben!“
„Ich trage die Verantwortung mit Leichtigkeit. Major, führen Sie den Mann ab, und rapportieren Sie mir seinen Tod!“
„Aber so erschießt man keinen!“ fiel ich ein, indem ich meine Hände im Riemen lockerte. „Darf ich denn nicht wenigstens vorher mit einem Geistlichen sprechen?“
„Auch das geht nicht. Fort mit Ihnen!“
„General, Sie kennen mich nicht, sonst würden Sie anders handeln. Sie werden mich nicht erschießen. Sie haben kein Recht dazu. Ich dulde das nicht!“
„Pah! Hinaus mit ihm, Major!“
Der General erhob den Arm und deutete nach der Tür. Der Major griff nach mir, erhielt aber einen Faustschlag, daß er wie ein Klotz auf den Boden fiel. In demselben Augenblick hatte ich ihm die beiden Revolver aus dem Gürtel gerissen und den Riegel vorgeschoben. Ich richtete den einen auf den General und den andern auf die beiden Offiziere.
„Señores“, sagte ich, gar nicht laut, sondern in gedämpftem Ton, um die im Vorzimmer Befindlichen nicht aufmerksam zu machen, „wer von Ihnen eine laute Silbe spricht oder eine Bewegung macht, die ich ihm nicht erlaube, den schieße ich nieder. Ich gebe Ihnen mein Wort darauf!“
Sie schwiegen und starrten bald einander, bald mich an. Das hatten sie freilich nicht erwartet. Um sie noch mehr einzuschüchtern, fuhr ich fort:
„Sie haben vorhin selbst gesagt, daß mir alles zuzutrauen sei. Nun wohl, trauen Sie mir also getrost zu, daß ich Sie alle drei erschieße, bevor ich mich füsilieren lasse. Meine Kugeln sind schneller als Ihre Degen. Sie haben sich verrechnet. Ich bin kein argentinischer Schafsjunge, der sich von dem Wort General in die Enge treiben läßt. Bei mir gilt der Mann, nicht aber der Titel. Von Spitzbuben lasse ich mich nicht verschüchtern. Dieser sogenannte Major ist als Räuber jenseits der Grenze eingebrochen. Wir haben uns allen Rechtens seiner erwehrt, und dafür soll ich erschossen werden? Das fehlte noch! Setzen Sie sich auf Ihre Stühle!“
Sie zögerten.
„Setzen Sie sich!“ wiederholte ich. „Diese Revolver, welche der Major mir stahl, sind mein Eigentum. Ich kenne sie genau und weiß, daß sie augenblicklich losgehen, wenn man einen meiner Befehle nicht sofort erfüllt. Setzen Sie sich also!“
Ich trat um zwei Schritte vor und hielt ihnen die Läufe drohend entgegen. Vielleicht sah mein Gesicht noch gefährlicher aus als die Revolver. Die drei ließen sich zögernd auf ihre Stühle nieder.
„Sie werden nicht schießen. Sie wagen es nicht!“ stieß der General hervor.
„Nicht wagen? Was kann ein zum Tode Verurteilter noch wagen?“
„Sie können sich dadurch nicht retten!“
„Das fragt sich sehr! Jedenfalls hätte ich da meine Unschuld vorher an meinen Richtern gerächt. Aber, wer sagt Ihnen, daß ich nicht doch entkäme? Die Knaben, welche sich im Vorzimmer befinden, fürchte ich nicht; es würde eben Leben gegen Leben, Tod gegen Tod gelten. Aber, so weit kommt es gar nicht. Ich stehe im Begriff, Ihnen Gelegenheit zu geben, einen Fehler zu verhüten, den Sie später außerordentlich bereuen würden. Major Cadera hat sich mir gegenüber für einen Untergebenen Latorres ausgegeben. Hätte er mir gesagt, daß er Lopez Jordan dient, so wären alle Feindseligkeiten unterblieben. Ich habe Jordan eine wichtige Botschaft zu bringen.“
„Das geben Sie nur vor!“
„Gut, zweifeln Sie meinetwegen einstweilen! Ist Lopez weit von hier?“
„Nein.“
„Wann könnte er hier sein?“
„In drei Stunden.“
„So senden Sie zu ihm.“
„Das kann ich nicht. Ich bin überzeugt, daß Sie lügen.“
„Ich will diese Beleidigung ruhig hinnehmen und Ihnen einen Vorschlag machen, welchen anzunehmen Sie wohl nicht zögern werden. Bedenken Sie, daß Ihr Leben sich in meiner Hand befindet! Sie entlassen mich jetzt, geben mir und meinen Gefährten ein menschenwürdiges Gemach zum Aufenthalt und lassen uns in
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