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34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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guten Mutes und sagte ihnen, wie sie sich zu verhalten hätten.
    Man brachte uns Fleisch und Salz, Wasser und sogar eine Flasche Wein. Mehr konnten wir nicht verlangen, zumal auch zwei Zigarren für jeden dabei lagen. Die Stube war ganz leer. Wir saßen auf dem Boden, erst essend und trinkend, dann rauchend und uns in Erwartungen über unsre nächste Zukunft ergehend. Neben uns herrschte tiefe Stille. Erst nach Verlauf von beinahe vier Stunden bemerkten wir, daß gedämpfte Stimmen miteinander sprachen. Zuweilen tönte ein lautes Wort dazwischen.
    Dann hörten wir taktmäßige Schritte. Ein kleines Weilchen später wurde unsre Tür geöffnet, nur eine Lücke weit, in welcher der General erschien. Er sagte:
    „Ich habe Ihnen mein Wort gehalten; Señor Jordan ist hier und erwartet Sie. Nun halten Sie auch das Ihrige, und geben Sie die Revolver zurück!“
    „Hier sind sie“, antwortete ich, indem ich ihm die Waffen gab. „Wann kann ich den Señor sprechen?“
    „Sogleich.“
    „Dürfen wir alle eintreten?“
    „Nur Sie allein. Kommen Sie!“
    Die Szene hatte sich verändert. Die beiden Offiziere saßen wieder an ihrem Tisch; aber sie hatten sich jetzt mit Revolvern versehen; der General ebenso. An dem andern Tisch, an welchem er sich nun niederließ, saßen noch drei Herren. Zwei von ihnen waren ihrer Kleidung nach auch Offiziere; der dritte, obenansitzende, schien Zivilist zu sein. Jeder von ihnen hatte eine Pistole vor sich liegen.
    An der Tür stand der Major Cadera. Er sah bleich und angegriffen aus, jedenfalls von den Nachwehen meines Fausthiebes. Sein Gesicht war der personifizierte Haß, und aus seinen tückischen Augen fiel ein Blick auf mich, welcher jedenfalls den höchsten Grad der Rachgier bedeutete. Auch er hatte zwei Pistolen, eine in jeder Hand. Das sah schrecklich aus, war aber noch nicht alles, denn rundum an den Wänden waren Soldaten postiert, welche ihre geladenen Gewehre ‚beim Fuß‘ hatten. Es war klar, bei der geringsten drohenden Bewegung meinerseits wurde ich wie ein Sieb durchschossen.
    Bei so einem Anblick kann es einem unmöglich wohl zu Mute sein, und doch konnte ich mich eines Lächelns nicht erwehren. Wenn diese Kerle alle auf mich schossen, so mußten die Kugeln die Gegenüberstehenden treffen, denn alle konnten nicht in meinem Körper stecken bleiben. Gerade die Größe dieses Apparates, einem einzelnen Menschen Furcht einzuflößen, war lächerlich.
    Der General deutete mir durch einen Fingerzeig den Punkt an, wohin ich mich stellen sollte. Ich stand dem in Zivil gekleideten Mann gegenüber. Er betrachtete mich mit durchbohrendem Blick. Ich ließ meine Augen rundum laufen und sah auf jedem Gesicht mein Todesurteil verzeichnet. Sollte ich doch zuviel gewagt haben? Wie nun, wenn der einzige Halt, auf welchen ich mich verließ, mich doch betrog?
    Der Zivilist war es, welcher begann:
    „Ich heiße Lopez Jordan. ‚Du‘ hast verlangt, mit mir zu sprechen. Ich hoffe, daß ich meine kostbare Zeit nicht grundlos an ‚dich‘ verschwenden muß. Stellt es sich heraus, daß ‚du‘ keine Veranlassung hattest, nach mir zu schicken, so werde ich die Todesstrafe verschärfen lassen.“
    Er legte einen ganz besondern Ton auf das ‚Du‘ und ‚Dich‘. Der General hatte also erzählt, daß ich ihm sofort sein ‚Du‘ zurückgegeben hatte, und nun wollte Jordan sehen, ob ich das bei ihm auch wagen werde. Gewonnen oder verloren! Hatte ich dieses ‚Du‘ vorher nicht gelitten, so brauchte ich es mir auch jetzt nicht gefallen zu lassen. Verschlimmert konnte meine Lage dadurch gar nicht werden. Darum antwortete ich getrost:
    „Nachdem ich von andrer Seite mit so großer Feindseligkeit behandelt worden bin, tut es mir herzlich wohl, in diesem Haus ein so warmes Entgegenkommen zu finden. Schon der Señor General hat mich mit dem traulichen ‚du‘ erfreut, und da ich nun auch von ‚Dir‘ dieses brüderliche Wort vernehme, so hege ich die Überzeugung, daß –“
    „Hund!“ schrie mich Jordan an, indem er aufsprang. „Wagst du es auch bei mir!“
    „Warum nicht?“ antwortete ich möglichst harmlos. „Ich folge ja nur deinem eigenen Beispiel.“
    „Ich lasse dich durch Ochsen zerreißen!“
    „Das würde dein eigener Schaden sein, Jordan, denn in diesem Fall könnte weder William Hounters noch Señor Tupido, welche mich zu dir senden, mit ihrer Bereitwilligkeit –“
    Weiter kam ich nicht. Das fürchterlich drohende Aussehen dieses von den Leidenschaften beherrschten Mannes

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