34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
erklären. Der Mann nimmt am Rio Negro einen Offizier gefangen, welcher über fünfzig bewaffnete Begleiter bei sich hat, und nachdem er ihn entwaffnet und ihm den Säbel zerbrochen hat, holt er ihn am Uruguay abermals aus der Mitte der Soldaten heraus, und nicht nur ihn, sondern außerdem noch vier Gefangene, welche an Bäumen festgebunden waren! Er wird gefangen und gefesselt hierher geschafft, und anstatt von der Gewißheit seines Todes niedergeschmettert zu werden, schlägt er den Major nieder und schreibt, mit den Waffen in der Hand, dem Kommandierenden eine Kapitulation vor, welche geradezu ihresgleichen sucht! Das ist eine Blamage, von welcher wir uns gar nicht reinigen können.“
„Señor“, sagte ich, „wollen Sie William Hounters zürnen, daß er seinen für Sie so wichtigen Auftrag einem Mann erteilt hat, auf den er sich verlassen kann?“
„Nein; ich muß ihn vielmehr darum loben. Aber Sie geben doch wohl zu, daß Sie eine Karte gespielt haben, welche jeder andere liegen gelassen hätte?“
„Ich hob sie dennoch auf, da sie die einzige übrig gebliebene war und ich nicht Lust hatte, das Spiel ohne sie aufzugeben. Was wollen Sie, Señor! Ein Ertrinkender erblickt ein Seil, an welchem er sich aus dem Wasser ziehen kann; es ist die letzte Gelegenheit zu seiner Rettung. Soll er das Seil nicht ergreifen, weil es vielleicht zerreißen kann? Er wäre der größte Dummkopf, den es gäbe! Ich habe es ergriffen, und es ist nicht gerissen.“
„Aber, wenn wir Sie nun wieder in das Wasser zurückstoßen?“
„Das werden Sie nicht tun!“
„Sie sagen das in einem so sichern, selbstbewußten Ton! Vielleicht irren Sie sich.“
„So würde mein Irrtum zum größten Schaden für Sie ausschlagen. Mit wem wollen Sie das betreffende Geschäft abschließen, wenn ich getötet worden bin?“
„Mit Ihnen, natürlich vorher.“
Er warf bei diesen Worten einen lauernden Blick auf mich. Er war neugierig, was ich ihm jetzt antworten würde, denn von dieser meiner Antwort hing alles ab. Zwar war er, als ich mich für den von ihm erwarteten Boten ausgegeben hatte, sofort eines andern Tones beflissen gewesen. Es hatte geklungen, als ob ich von diesem Augenblick an nichts mehr zu befürchten hätte. Aber es fiel mir gar nicht ein, ihm mein Vertrauen zu schenken. Es ging von ihm das Gerücht, daß sein Stiefvater auf seine Veranlassung ermordet worden sei. Ein Mann, welcher seinen eigenen Vater umbringen läßt, ist auch imstande, sein Wort zu brechen und einen Fremden töten zu lassen, nachdem er denselben ausgenutzt hat. Ich mußte ihm die Überzeugung beibringen, daß dieser Plan, wenn er ihn hegen sollte, nicht auszuführen sei. Darum antwortete ich:
„Señor, Sie täuschen sich ebenso in mir, wie ich vorher von Ihren Offizieren und Leuten falsch beurteilt worden bin. Es wird Ihnen ganz unmöglich sein, nach Abschluß des Geschäftes Ihre freundlichen Gesinnungen gegen mich fallen zu lassen, denn ich werde Ihnen nicht eher eine Mitteilung machen, als bis Sie sich mit Ihrem Ehrenwort für unsere Sicherheit verbürgt haben.“
„Aber, wenn ich dann mein Wort nicht halte?“
„So haben Sie sich das allgemeine Vertrauen für immer verscherzt, was keineswegs vorteilhaft für Ihre gegenwärtigen Intentionen sein kann. Übrigens bin ich nicht gekommen, um mich in eine Gefahr zu begeben, welcher ich nicht gewachsen bin.“
Er zog die Stirn in Falten, machte eine wegwerfende Handbewegung und sagte:
„Sie glauben sich also uns und speziell mir gewachsen? Das hat mir noch niemand zu sagen gewagt!“
„Ich aber habe das schon vielen gesagt, und sie sind stets in die Lage gekommen, zu erfahren, daß ich recht hatte. Auch im jetzigen Fall sind meine Vorbereitungen so getroffen, daß ich nichts zu fürchten habe. Ob Sie Ihr Wort halten werden, kann mir sehr gleichgültig sein, denn ich bin in der Lage, Sie zwingen zu können, es zu halten. Dennoch erkläre ich Ihnen, daß ich nur dann über unser Geschäft sprechen werde, wenn Sie uns die Versicherung geben, daß Sie keine Hintergedanken gegen uns hegen.“
„Das kann ich tun“, sagte er unter einem verstecktem Lächeln. „Nehmen Sie also mein Ehrenwort, daß meine Absichten gegen Sie sehr offene sind.“
„Das ist zweideutig; es genügt mir aber. Ich könnte eine bestimmt formulierte Erklärung von Ihnen verlangen, weiß jedoch, daß sie mir auch keine größere Sicherheit bieten würde.“
„So sind wir also so weit, daß wir unser Geschäft vornehmen
Weitere Kostenlose Bücher