34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
dieser meiner Liebe treu geblieben. Ich sammle während acht oder zehn Monate des Jahres Tee, aber en gros, Señor, und komme dann stets nach dieser Estancia, um mich auszuruhen. Wen ich mitbringe, der gilt als Glied der Familie. Denken Sie also, Sie seien hier geboren und hätten ebenso zu gebieten, wie ich. Wie lange werden Sie brauchen, um den Schmutz des Rittes los zu werden?“
„In einer halben Stunde stehe ich zur Verfügung.“
„So hole ich Sie dann ab. Da ich daheim bin, muß ich auch in eine andre Kleidung fahren. So, wie ich hier bin, lasse ich mich nur sehen, wenn ich ausreite. Man lacht über mich, zankt mich sogar aus; aber ich befinde mich als armer Yerbatero am wohlsten.“
Er ging. Jedenfalls war er ein halbes Original. Nun konnte ich es mir freilich erklären, daß er in Montevideo mit silbernem Besteck gespeist und Champagner getrunken hatte. Wer hätte das gedacht, als ich ihm lächerlicherweise ungebeten zweihundert Papiertaler borgte!
Natürlich benutzte ich das Bad. Kleider zu wechseln gab es nicht. Als ich in das Wohnzimmer zurückkehrte, war mir leise ein prachtvolles Rauchservice an die Samtcauseuse geschoben worden. Es gab echte Kuba, und ich griff sofort zu. Da klopfte es, und das lachende Gesicht Montesos erschien in der geöffneten Tür, dann schob er sich vollends zur Tür herein. Jetzt sah er freilich ganz anders aus. Er trug einen Salonanzug von feinstem schwarzen Stoff, weiße Weste und Lackstiefel. Eine Kette mit großen Berlockes hing von der Uhrtasche herab. Dazu war er auch im Bad gewesen und hatte sich den Vollbart nach hiesiger Weise ausrasiert.
„Nun, wie gefällt Ihnen jetzt Ihr Yerbatero?“ fragte er, indem er, vor mir stehend, sich einmal um sich selbst drehte.
„Ein äußerst sauberer Caballero!“
„Nicht wahr? Ist mir aber unbequem. Morgen früh, wenn ich Ihnen unsre Herden zeige, werden Sie wieder den Alten vor sich haben. Jetzt soll ich Sie abholen. Wir wollen im Garten speisen.“
Ich folgte ihm die Treppe hinab, durch einen hohen, breiten Flur, über einen Innenhof und dann in den Garten. Das war ein Blumengarten, wie ich ihn hier nicht erwartet hatte. Die Dämmerung brach herein, und darum konnte ich ihn nicht überschauen; aber wir waren von Düften umgeben und die Wipfel von Bäumen rauschten über uns.
In einer großen, verdeckten Laube, die von einer Ampel erleuchtet wurde, war angerichtet. Die Tafel brach fast unter der Last der Speisen, welche sie zu tragen hatte. Ein Braten von wenigstens fünfzehn Pfund duftete uns verführerisch entgegen. Goldene Flaschenhälse schauten aus silbernen Kübeln. Das liebste aber war mir die aufrichtige Herzlichkeit, mit welcher wir von den beiden Damen empfangen wurden.
Ich merkte sehr bald, daß der Yerbatero mich sehr gut eingeführt hatte. Und dennoch gab es nicht jene laute, aufdringliche Hochachtung, die man mir gestern in San José gezeigt hatte. Man fühlte sich wirklich wohl bei diesen guten Leuten.
Aus einer Ecke des Gartens erklangen laute, fröhliche Stimmen und klingende Gläser.
„Hören Sie?“ sagte Monteso. „Das sind meine Yerbateros. Was ich habe, haben auch sie, und wenn ich hungere, so klappern auch ihnen die Zähne. Brave Kerls, auf die man sich verlassen kann! Sie werden sie bald noch besser als bisher kennenlernen.“
Natürlich wurde vor allen Dingen erzählt, wie wir beiden bekannt geworden waren und was wir bis heute miteinander erlebt hatten. Da kam einer der Peons und meldete, daß ein fremder Herr angekommen sei, ein Kavallerie-Lieutenant, welcher die Señora zu sprechen wünsche, da der Señor nicht zu Hause sei. Die Dame erlaubte, daß der Herr zu ihr gebracht werde.
Als er kam, erfuhren wir, daß er den Auftrag habe, eine Anzahl von Pferden einzukaufen. Er habe auch die Mittel miterhalten, dieselben gleich zu bezahlen, was bei den gegenwärtigen Verhältnissen ein für ihn sehr angenehmer Umstand sei. Leider habe er erfahren, daß Señor Monteso nicht daheim sei, und es tue ihm herzlich leid, unverrichteter Sache wieder abreisen zu müssen.
„Mein Mann kommt morgen sicher zurück, wenn auch erst am Nachmittag“, erklärte sie. „Wenn Sie bis dahin Urlaub haben, Señor, würde es mich freuen, Sie bei mir aufnehmen zu können.“
„Hm!“ antwortete er nachdenklich. „Mein Urlaub würde wohl ausreichen, aber der Vormittag wäre versäumt.“
„Was das betrifft“, fiel Monteso ein, „so stelle ich mich Ihnen für früh zur Verfügung. Ich bin der Bruder des
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