34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
auf welche es abgesehen war“, antwortete ich.
„Dummheit! Was kann man einem Yerbatero stehlen! Der Dieb, welcher sich an solche Leute machte, müßte ein Dummkopf sein!“
„Nun, was haben Sie denn sonst bei ihnen zu suchen?“
„Das möchten Sie wohl gern wissen! Sie sind doch sonst so klug und weise! Warum fehlt es Ihnen denn jetzt an dem nötigen Verstand zur Beantwortung dieser Frage?“
„Señor, keine Beleidigung! Sobald Sie es nochmals an der Höflichkeit, welche ich gewöhnt bin, mangeln lassen, schlage ich Ihnen die Hand in das Gesicht, daß Ihnen alle Sterne vor den Augen flimmern! Sie haben irgendeine Absicht mit uns, und diese Absicht wollen wir jetzt kennen lernen.“
Er setzte sich auf den Stuhl, welcher in seiner Nähe stand, musterte mich hohnlächelnd vom Kopf bis zu den Füßen herab und sagte dann:
„Nun wohl, ich will es Ihnen sagen. Aber jeder andere an Ihrer Stelle würde das für ganz unnötig halten. Was ich bin, das wissen Sie. Ich bin Kriminal-Kommissar.“
„Das glaube ich nicht!“
„Ob Sie es glauben oder nicht, das bleibt sich sehr gleich.“
„Beweisen Sie es!“
„Ich werde es beweisen, sobald ich das für nötig halte. Sie aber sind der Mann nicht, welcher diesen Beweis von mir fordern darf. Ich habe mich nur vor der Behörde zu legitimieren, nicht aber vor Ihnen.“
„So lassen Sie uns ungeschoren.“
„Das geht nicht!“ lachte er. „Weil Sie uns verdächtig sind.“
„Ah! Jedenfalls kommen Sie mir bedeutend verdächtiger vor, als ich Ihnen.“
„Mag sein! Es wird sich ja zeigen, auf wessen Seite das Recht ist. Also Sie haben den Verdacht der Behörde auf sich geladen, und ich erhielt die Weisung, mich Ihnen anzuschließen, um Sie zu beobachten.“
„Pah! Sie beobachten mich, um mich eines Vergehens, wohl gar eines Verbrechens zu überführen, und geben sich dabei für einen Kriminalbeamten aus! Das würde eine ganz unbegreifliche Dummheit von Ihnen sein!“
„Nun, man begeht zuweilen in ganz überlegener Weise sogenannte Dummheiten, welche von ausgezeichnetem Erfolg sind!“
„An Ihrem jetzigen Erfolg zweifle ich sehr. Sie verfolgen uns oder vielmehr mich. Das ist mir unbequem. Ich muß Sie jetzt zwar laufen lassen, aber sobald Sie meinen Weg nochmals kreuzen, übergebe ich Sie der Polizei.“
„Die wird sehr glücklich sein, in mir einen ihrer Oberbeamten kennenzulernen. Sie haben mich von sich gewiesen; ich kann also nicht mehr mit Ihnen reiten; darum bin ich Ihnen heimlich gefolgt und habe mich, als ich vorhin Leute draußen liegen sah, überzeugt, ob es diejenigen Personen sind, auf welche ich es abgesehen habe. Ich schlich mich also hin, um in das Gesicht der Leute zu sehen. Wollen Sie mich aus diesem Grund zur Anzeige bringen, so habe ich nichts dagegen. Jetzt aber bitte ich mir mein Pferd aus. Ich muß weiter!“
Ich wies ihm alles an und sagte:
„Machen Sie sich schleunigst aus dem Staub! Später könnte ich auf die Idee kommen, Sie nicht so leichten Kaufes loszugeben.“
„Nun, wenn ich Sie einmal in den Händen habe, so werden Sie überhaupt gar nicht wieder loskommen. Das schwöre ich Ihnen zu!“
„Hinaus! Fort!“ fuhr ich ihn an.
Er riß den Gürtel samt dessen Inhalt vom Tisch fort und eilte hinaus. Wir gingen ihm nach. Wir sahen, daß er sein Messer holte und dann nach dem Fluß ging. Einige Augenblicke später sahen wir ihn davonreiten.
„Señor“, sagte Monteso, „sollte er doch wirklich ein Beamter sein? Sein Auftreten ist so sicher!“
„Nicht sicher, sondern frech.“
„Warum haben Sie ihn dann entlassen!“
„Konnte ich anders?“
„Ja. Wenn Sie wirklich überzeugt sind, daß er sich für etwas ausgibt, was er gar nicht ist, so steht es fest, daß er uns bestehlen wollte. Wir konnten ihm also durch eine tüchtige Tracht Prügel das Wiederkommen verleiden.“
„Was nützt es uns, den Menschen zu prügeln? Gar nichts! Übrigens glaube ich nun selbst, daß es nicht auf einen Diebstahl abgesehen war. Als ich kam, war er bei Ihnen fertig. Er stand zum Gehen bereit, bevor er mich sah. Vom Stehlen ist also keine Rede.“
„Was aber könnte er denn sonst bei uns gewollt haben?“
„Das eben möchte ich wissen. Er befand sich bei Ihnen, hatte es also nicht auf Ihre Kameraden, sondern auf Sie abgesehen. Vermissen Sie wirklich nichts? Ist Ihr Gewehr in Ordnung?“
„Mir fehlt nichts, und das Gewehr ist unberührt. Der Teufel mag erraten, was der Kerl bei mir gesucht hat!“
„Ich werde nachdenken.
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