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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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waren John Emerson vom Secret Service, Colonel Benjamin Crowell, der militärische Adjutant des Vizepräsidenten, und der Vizepräsident selbst. In Anbetracht der unterschiedlichen Stellungen der Diskutierenden stand der Ausgang des Gespräches von vornherein fest.
    Talcott hatte soeben nachdrücklich erklärt, er habe nicht die Absicht, gegen seine eigenen Grundsätze zu verstoßen und mit einer starken militärischen Eskorte die Zentrale Zone zu betreten.
    »Es handelt sich um eine Friedensmission«, sagte er und blickte den Mann des Geheimdienstes und den Adjutanten mit kalten, entschlossenen Augen an. »Ich denke nicht daran, mich vor Anatolij Rostow und den Russen lächerlich zu machen, indem ich mit einem Bataillon von Tates Soldaten erscheine.« Sein langes, unbewegtes Gesicht drückte solche moralische Überlegenheit und Herablassung aus, dass Benjamin Crowell Mühe hatte, sich zu beherrschen.
    Colonel Crowell war ein Farbiger, und nach zwanzig Jahren Militärdienst hatte er ganz entschiedene Ansichten über militärische Notwendigkeiten. Der Dienst in Korea und Vietnam hatte ihn davon überzeugt, dass es unbesonnen war, mit den Kommunisten ohne ausreichende Rückendeckung zu verhandeln. Doch die Entscheidung seines Chefs war vorauszusehen gewesen. Man brauchte Talcott Bailey nicht lange zu kennen, um zu wissen, dass seine Abneigung gegen alles Militärische durchaus ehrlich gemeint war. Dennoch hielt Crowell es für Wahnsinn, einen hohen Regierungsbeamten der Vereinigten Staaten ohne angemessene Eskorte durch Sinai reisen zu lassen, und hatte aus seiner Meinung kein Hehl gemacht.
    Crowell wußte auch, dass General Tate den Entschluß des Vizepräsidenten nicht ohne weiteres akzeptieren würde. Das konnte leicht zu einem Konflikt zwischen dem Militär und den Politikern führen, wobei das Militär natürlich den kürzeren ziehen würde. Tate hatte die Befehlsgewalt im amerikanischen Sektor; ob sich der Vizepräsident der Vereinigten Staaten dieser Autorität beugen würde, war eine Frage, die Colonel Crowell gerne unbeantwortet gelassen hätte.
    Er warf einen hilflosen Blick auf John Emerson, den Agenten des Geheimdienstes, der trübsinnig vor sich hinstarrte. Sein Gesicht war von tiefen Furchen durchzogen. Vor knapp einem Jahr war es in Paris, London und New York zu einer Reihe von Überfällen auf Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gekommen, bei denen der japanische Rengo Sekigun, die Irische Republikanische Armee, die Persische Studentenfront und natürlich auch die Palästinenser (die das Zypernabkommen ablehnten) die Hände im Spiel hatten.
    Emerson, der Baileys Aversionen kannte, wählte seine Worte sorgfältig: »Ich weiß, dass wir uns auf einer Friedensmission befinden, Sir. Den Geist dieser Mission in Frage zu stellen ist wohl das letzte, was uns, Ben und mir, vorschwebt. Aber …«, er rieb seine breite Nase und suchte nach passenden Worten. »Aber wir sind schon jetzt nicht auf … auf voller Gefechtsstärke.« Er brachte ein schwaches, entschuldigendes Lächeln zustande. »Sie nehmen Ihre persönliche Sicherheit immer auf die leichte Schulter, Sir. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ausgerechnet die Russen es als Zeichen von Misstrauen werten, wenn wir Ihre Begleitmannschaft um ein paar Soldaten aufstocken. Ich bitte Sie, Ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken, Sir.«
    »John«, erwiderte Bailey ungeduldig, »ich weiß Ihre guten Absichten zu würdigen. Aber wir planen keine Autofahrt durch Großstadtslums und dunkle Straßenfluchten. Wir fliegen auf die Halbinsel Sinai. In ein Gebiet, wo nur ein paar arme Wüstenbeduinen leben.«
    »Genau darum geht es, Sir«, sagte Oberst Crowell. »Es sind Wüstenbewohner. Wir kennen sie nicht. Wir können nicht wissen, was sie im Schilde führen, und …«
    »Ich bin erstaunt über Sie, Benjamin. Wollen Sie damit sagen, dass diese armen Menschen, deren Land wir besetzt halten, anders sind als wir?«
    Benjamin Crowell setzte zu einer Antwort an, biss sich dann aber auf die Lippen und schwieg. Talcott Bailey konnte einen in Weißglut bringen, wenn er moralisierte. Dass er es völlig aufrichtig meinte, änderte nichts daran.
    »Ich vertraue Ihnen, John«, wandte sich der Vizepräsident jetzt an Emerson. »Und ich möchte so wenig Militär um mich herum haben als nur irgend möglich. Bitte, behalten Sie das im Auge.« Das war ein Befehl, und Emerson wußte es. Er erhob sich. »Wie Sie wünschen, Sir.« Als er die Kabine verließ, um sich zu

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