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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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Russen oder die Ägypter geben die Geschichte zur Veröffentlichung frei.«
    Bronstein warf einen vielsagenden Blick auf Colonel Crowell. »Auch wieder ein Beispiel dafür, dass Generäle nicht lügen, nicht wahr, Colonel?«
    Crowell schwieg, mit starrem, zornigem Gesicht.
    »Es tut mir leid, Benjamin«, sagte der Vizepräsident. »Sie hätten mich beinahe von der Zweckmäßigkeit einer starken Eskorte überzeugt, obwohl das gegen alle meine Prinzipien gewesen wäre. Aber jetzt, nach diesem Zwischenfall …« Er schüttelte den Kopf. »Ich werde alles nur Erdenkliche tun müssen, um die Sowjets von unserem guten Willen und unserem Vertrauen zu überzeugen. Die Delegation in der Zentralen Zone wird nur von absolut unentbehrlichen Militärpersonen begleitet. Dazu gehören Sie, Benjamin, und dann werde ich wohl jemanden aus General Tates Stab mitnehmen müssen. Und ich möchte Sie alle darauf hinweisen, dass wir die Bestimmungen des Abkommens in jeder Beziehung einhalten werden. Kein Flugzeug wird meinetwegen die entmilitarisierte Zone anfliegen. Ich verlasse mich darauf, dass Sie meinen Anweisungen genau folgen.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Bill Tate wird nicht erfreut sein, Sir«, meinte Jape Reisman.
    »Das tut mir leid«, sagte Talcott Bailey, »aber es interessiert mich wenig, ob General Tate erfreut ist oder nicht. Ich werde von ihm eine Erklärung verlangen, wie er es zulassen konnte, dass so ein Trottel von Pilot eine diplomatische Unternehmung in Frage stellt, die in den Augen des Präsidenten von größter Bedeutung für den Weltfrieden ist.«
    Jape Reisman unterdrückte ein Seufzen und wandte sich zum Kabinenfenster um. Die Küste des nördlichen Sinai erhob sich jetzt aus dem leuchtenden blauen Meer. Weit im Süden, verschwimmend in dunstiger Ferne, sah er kahle, ziegelrote Berge. Er schwitzte, fühlte sich unbehaglich und seltsam gespannt. Er bedauerte es, dass der Präsident ihn auf diese Reise geschickt hatte. Er hatte für Bailey nichts übrig und wollte nicht für den Präsidenten den Spion spielen. Doch würde er für den Mann im Weißen Haus alles tun, was der von ihm verlangte.
    In diesem Augenblick könnte er mit dem Präsidenten unterwegs nach Palm Springs sein. Statt dessen saß er nun hier und mußte sich das dünkelhafte Geschwätz der ›Taube‹ anhören. Reisman, dem Selbsterforschung zur bitteren Gewohnheit geworden war, stellte sich oft die Frage, wie weit seine Abneigung gegen Talcott Bailey durch den Vergleich zwischen seiner eigenen schmuddeligen Fettleibigkeit und Baileys elegantem, gepflegtem Äußeren beeinflusst wurde. Würde ich ihn besser leiden können, fragte er sich, wenn sein Haar weniger silberglänzend, sein Profil weniger klassisch, seine Figur weniger schlank und aufrecht wäre? Schon möglich. Im Grunde aber war es Talcott Baileys unerschütterliche Selbstgerechtigkeit, die ihn Jape Reisman so unsympathisch machte. Wie sollte man es wohl anstellen, den Vizepräsidenten davon zu überzeugen, dass die Welt nicht, wie er meinte, ein Ort war, wo Löwe und Lamm in paradiesischer Unschuld weideten?
    John Peters Reisman, der mehr von der Welt gesehen hatte als die meisten anderen, hoffte, das Leben würde nicht zu hart mit Talcott Bailey verfahren. Männer den Umgang mit der Macht zu lehren konnte sehr teuer zu stehen kommen. Man konnte nie wissen, wie viele Menschen dafür zu bezahlen hatten.

8
    General Tate saß aufrecht hinter seinem leergeräumten Schreibtisch und musterte seinen durchaus nicht bußfertigen Kommandanten der taktischen Luftwaffe, der vor ihm stand. Colonel Trask trug noch seine Fliegermontur, und sein entstelltes Kinn zeigte die roten Spuren der Sauerstoffmaske. Seine Augen blickten kalt und zornig, aber sein Betragen war korrekt.
    »Die Roten befanden sich schon innerhalb der 15-Kilometer-Grenze«, sagte er mit trockener, rauer Stimme. »Die Magnetbänder werden das bestätigen.«
    Tate ließ seinen Blick auf Trask ruhen und fragte sich, ob es überhaupt möglich war, ihm verständlich zu machen, welche Situation er mit seiner fanatischen Angriffslust heraufbeschworen hatte. Er kannte Trasks Geschichte und verstand seinen Hass gegen die Kommunisten. Er wußte auch, dass Trask ihm wahrscheinlich seinen höheren Dienstgrad übel nahm. Es war ihnen beiden klar, dass es in allen militärischen Organisationen Menschen gab, die von Anfang an für Spitzenpositionen ausersehen waren, gefördert von Vorgesetzten, die ihrerseits Produkte des gleichen Systems

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