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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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stillschweigender Auslese waren.
    Bill Tate und Dale Trask gehörten beide dieser Elite an, aber mit Trasks Karriere war etwas schiefgegangen. Seine Gefangennahme durch die Nordvietnamesen und die unmenschlichen Torturen hatten an seiner Seele so tiefe Narben hinterlassen, dass man jetzt ernste Bedenken hatte, einem in seinem Seelenleben so geschädigten Mann ein verantwortliches Kommando anzuvertrauen.
    Trask wurde immer noch von Admiral Ainsworth gefördert, war aber nun nicht mehr für ein höheres Kommando bestimmt. Er war dem Vorsitzenden der Vereinigten US-Stabschefs als Spezialwaffe von Nutzen: als direkter Draht zu Bill Tates Kommando. Dieser Tatsache wohl bewußt, hätte Tate normalerweise jeden Vorwand begrüßt, um Dale Trask loszuwerden. Jetzt befand er sich in der ärgerlichen Lage, Trasks Mangel an Urteilsvermögen decken zu müssen. Der losbrechende Proteststurm über die Behinderung der ›Allende‹ stellte eine weit ernster zu nehmende Bedrohung des amerikanischen Kontingents dar als Trasks geteilte Loyalität.
    Riesengroß und stumm stand Sergeant Robinson hinter Trask. Sein Gesicht war wie aus glänzend poliertem Ebenholz geschnitzt. Das blaßblaue Bändchen der Tapferkeitsmedaille an seiner Brust schüchterte Trask vermutlich mehr ein als der furchterregende Wuchs des Sergeanten. Trask war, trotz allen seinen Fehlern, Vollblutsoldat.
    »Ich hoffe, die Magnetbänder werden Ihre Darstellung bestätigen, Colonel«, sagte Tate. »Der Vizepräsident wird sie bestimmt sehen wollen, und ich kann es ihm schwer verweigern.«
    »Ich habe mir die Bänder angesehen«, sagte Colonel Seidel, der neben dem Schreibtisch des Generals saß. »Wie es scheint, befanden sich die Russen an der 15-Kilometer-Grenze, als ihnen der Weg abgeschnitten wurde.«
    »Sie befanden sich innerhalb unserer territorialen Gewässer«, sagte Trask schroff.
    »Sie wußten, dass der Stellvertretende Ministerpräsident Rostow erwartet wurde«, sagte Tate, der sich nur mit Mühe beherrschen konnte.
    »Ich wußte nicht, dass er auf dem roten Schnüffelschiff war«, antwortete Trask. »Aber das ändert nichts an der Sachlage. Sie waren in unsere Gewässer eingedrungen.«
    Tate warf einen Blick auf Colonel Seidel, der leicht die Achseln zuckte. »Die Bänder bestätigen das nicht, General. Sie standen an der Grenze, aber nicht in unseren Gewässern.«
    »Sie waren in amerikanisches Territorium eingedrungen«, sagte Trask starrsinnig. »Oder so nahe, dass es aufs gleiche herauskommt.«
    Tate zähmte seinen wachsenden Zorn. »Das ist ein verdammter Blödsinn, den Sie da verzapfen, Colonel. Wir erwarten mehr gesunden Menschenverstand von den Angehörigen dieses Kommandos. Ein Offizier, der in der Zone Dienst tut, sollte wissen, wie empfindsam die Russen auf alles reagieren, was sie als Verletzung ihrer Würde ansehen.«
    »Scheiß auf ihre Würde. Die Roten haben herumgeschnüffelt und bekamen ihre gerechte Strafe. Die Kerle sollen froh sein, dass ich sie nicht weggeputzt habe.« Trasks Stimme wurde laut. »Und es war nicht nötig, mir den Sergeanten nachzuschicken, der mich vor den Angehörigen meines Kommandos …«
    Tate konnte diese Auflehnung gegen seine Autorität nicht hinnehmen. Sein Blick wurde hart, seine Stimme knallte wie ein Pistolenschuss. »Colonel! Das reicht!«
    Trask zauderte, aber Empörung und verletzter Stolz ließen einen Rückzug nicht zu. Lebenslange Disziplin lag im Widerstreit mit dem brennenden Wunsch, diesem Infanteristen einmal zu erzählen, dass sein ganzes Kommando aus Schlappschwänzen und Kommunistenfreunden bestand. »General«, sagte er prahlerisch, »ich tue meinen Dienst, wie ich es für …« ein rettender Gedanke schien ihm durch den Kopf zu schießen, »wie es auch andere Leute für richtig halten …«
    Tate fühlte, wie sich die Wut in ihm zusammenballte. Jetzt kam ihm doch dieser verdammte Narr mit Admiral Ainsworth. Damit mußte Schluß gemacht werden – und zwar sofort.
    »Nehmen Sie Haltung an, Colonel!«
    Trask warf die Schultern zurück und riß erschrocken die Augen auf. Seit seinen Kadettentagen hatte keiner mehr in diesem Ton mit ihm gesprochen. Er traute seinen Ohren nicht. Aber der Ausdruck auf General Tates Gesicht überzeugte ihn, dass er zu weit gegangen war und dass er gut daran tun würde, zu gehorchen. Er fixierte seinen Blick auf einen Punkt oberhalb von General Tates Kopf.
    Tate sprach mit kalter Überlegung: »Wenn ich noch einmal eine derartige Bemerkung von Ihnen höre,

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