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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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Enden des Stricks zu einer Art Schlinge um den Hals. Schwer atmend warf er dann seine Feldflasche nach der Quelle zu, aber sie erreichte ihr Ziel nicht. Er zog sie an der Schnur an sich heran und versuchte es noch einmal. Mit einem knochigen Fuß schob er sie weiter, bis sie halb im Schlamm lag und sich langsam füllte. Er zog sie wieder an sich und warf sich auch diese Schnur um den Hals.
    Er fühlte sich schwach, aber er durfte nicht länger zaudern. Nur die Nacht konnte ihn retten. Er hob den Arm über den Kopf und umfasste den Stamm der Tamariske. Dann stemmte er wieder die Fersen in den Boden, wölbte seinen Rücken und schob sich hoch. Sein Körper zitterte vor Schmerz.
    Etwas stieß gegen seine Beine und hätte ihn beinahe wieder umgeworfen. Ein scharfer, übler Geruch stieg auf. Bruder Anastasius unterdrückte ein erschrecktes Stöhnen, aber das Schaf, auf der Suche nach den anderen, war bereits wieder verschwunden.
    Torkelnd setzte er sich in Bewegung. Ein Schritt, und noch einer. Und noch einer. Das quälende Klopfen in seiner Wunde schien in seinem ganzen Körper mitzuschwingen. Er ging seinen Weg. Ging seinen Weg quer durch eine Unendlichkeit von Finsternis und Qualen, zurück zum Kloster, um seine Brüder zu warnen und zu berichten, dass die Sarazenen wiedergekommen waren.

10
    Colonel Ira Dayton, der Pilot des Präsidenten, wollte eben sein Quartier in Fort Meyer verlassen, um sich seiner monatlichen Untersuchung durch den Luftwaffenarzt zu unterziehen, als der Anruf aus dem Weißen Haus kam. Helen Risor, die Sekretärin des Präsidenten, teilte ihm mit, dass der Präsident beschlossen habe, die nächsten zwei bis drei Tage im Weißen Haus in Palm Springs zu verbringen. Er wolle morgen früh vom Luftwaffenstützpunkt Andrews abfliegen. Zwei Männer des Geheimdienstes, Arnes Dickinson, der Verteidigungsminister, und die Sekretärin selbst sollten den Präsidenten begleiten.
    Dayton kannte den Verteidigungsminister nicht sehr gut. Dickinson war neu im Amt. Er hatte erst vor kurzem seinen Vorgänger abgelöst, der vom Präsidenten aus der früheren Regierung übernommen worden war. Zwei Dinge wußte man über Dickinson: dass es ihm schwerfallen würde, den Stabschefs – insbesondere dem Vorsitzenden Admiral Ainsworth – Zügel anzulegen, und dass er ein langjähriger politischer Freund und Golfpartner des Präsidenten war.
    Nachdem er seine Frau beauftragt hatte, eine Dinnereinladung für den Abend abzusagen, rief Dayton in Andrews an, um die Besatzung der Präsidentenmaschine in Bereitschaft stellen zu lassen. Die Flugreisen des Präsidenten, bei denen Ira das Kommando hatte, liefen nach einem gut durchorganisierten Schema ab, so dass ein einziger Anruf genügte, um die Dinge in Gang zu bringen.
    Air Force Two, mit dem Vizepräsidenten und seiner Begleitung nach Es Schu'uts unterwegs, war am Tag zuvor abgeflogen – mit Colonel Ted Willey am Steuerknüppel, der bei den Flügen des Präsidenten üblicherweise als Daytons Kopilot fungierte. Darum mußte Dayton morgen mit den zwei Neuen, Major Allen Campbell und Captain John Wingate, fliegen. Beide Männer sollten für die Präsidentenflüge eingeschult werden; sie waren bestens qualifiziert und hatten mehrere tausend Flugstunden auf modernsten Maschinen hinter sich, unterhielten jedoch keine über das Dienstliche hinausgehenden Beziehungen zu ihrem Kommandanten. Er beschloß, den Rest des Tages für die Instruktionen der neuen Kopiloten aufzuwenden. Vorher aber rief Dayton den Stabsarzt des Luftwaffenstützpunktes an und verschob seinen Termin. Bei der letzten Untersuchung hatte Colonel Brady etwas erhöhten Blutdruck festgestellt und ihm eine leichte Diät vorgeschrieben. Das Elektrokardiogramm hatte nichts Ungewöhnliches erkennen lassen. Dennoch hatte Brady eine komplette Thoraxuntersuchung für den nächsten Besuch angeordnet. Da dies einen halben Tag mit Röntgenärzten und einem Spezialisten für kardiovaskuläre Erkrankungen bedeutet hätte, war Dayton über eine Verschiebung nicht unglücklich. Der Arzt, ein persönlicher Freund, fragte ihn nach seinem Befinden.
    »Mir geht's prima, Ted.« So ganz entsprach das nicht der Wahrheit. Ein bellender Husten und etwas Heiserkeit waren Anlass, dass er sich in den letzten zwei Tagen nicht wohl gefühlt hatte. Doch wie viele Menschen, die nur selten krank sind, konnte auch Ira Dayton nicht glauben, dass sein durchtrainierter Körper (in der Luftwaffenschule war er im Baseballteam gewesen) ihn jemals im

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