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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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Stich lassen könnte.
    »Deine Stimme klingt heiser. Nimm ein Antihistaminikum, bevor du fliegst.«
    »Mach' ich.«
    »Du stehst also für die nächste Woche auf der Liste. Richte dich darauf ein, dass du einen Tag hier verbringen wirst. Melde dich im Standortlazarett an, wenn du zurück bist.«
    »In Ordnung«, sagte Dayton und beendete das Gespräch. Er hustete und versuchte, den Schleim aus der Kehle zu bekommen. Er spürte eine leichte Beengtheit in der Brust und beschloß, das Fliegen den neuen Piloten zu überlassen und sich selbst nur auf die Start- und Landemanöver zu beschränken.
    Er rief den Meteorologen vom Dienst an und verlangte die Wettervorhersage für die nächsten vierundzwanzig Stunden: Im Südwesten der Vereinigten Staaten klares, kaltes Wetter mit stürmischen Winden. Der Präsident würde mit einem Handikap von achtzehn Golf spielen, umweht vom Wind, der durch das San-Jacinto-Tal wirbelte. Dayton lächelte. Er spielte bestenfalls mit einem Handikap von zwei.
    Doch nie wieder würde Dayton den Fuß auf einen Golfplatz setzen. Dicht an seinem Herzmuskel schwoll die sackförmige Ausbuchtung eines Aneurysmas und schwächte die Wände der pulsierenden Aorta. Colonel Ira C. Dayton hatte den letzten Tag seines Lebens begonnen.
    Eine schwache Lampe erhellte den Raum. Das aufgeschlagene Buch lag auf der Bettdecke, aber Deborah Zadok las nicht. Sie starrte auf den HiFi-Recorder – ein Geschenk Tates – und hörte den zweiten Satz der ›Eroica‹.
    Die ernste, traurige, zu Herzen gehende Musik entsprach ihrer melancholischen Stimmung. Die Liebesaffäre zwischen ihr und William ging zu Ende – mußte zu Ende gehen. Sie wußte, dass das Verhältnis zu einer Gefahr für ihn geworden war, dass es seine Karriere zerstören konnte. Sie war nicht ein Mensch, der Verrat mit Vernunftgründen zu rechtfertigen verstand, und sie spürte, wie rings um sie eine Konfliktsituation entstand.
    Sie war mit der offiziellen Abordnung auf dem Flugplatz gewesen, um den Vizepräsidenten zu begrüßen, der noch kälter und selbstgerechter aufgetreten war, als sein Ruf es hätte erwarten lassen. Er war offensichtlich ergrimmt über den Zusammenstoß zwischen Colonel Trask und dem sowjetischen Schiff und war entschlossen, seine Autorität über die amerikanischen Truppen in der Zone voll zur Geltung zu bringen. Dies schloß natürlich Bill Tate mit ein, den der Vizepräsident und die Mitglieder seines Stabes mit offener Ablehnung behandelt hatten. Auf dem Flugplatz, wo General Tate den Ankommenden volle militärische Ehren erwiesen hatte, war Baileys fast schon beleidigende Zurückhaltung aufgefallen; das anschließende private Treffen hatte sicher in einer ebenso unfreundlichen Atmosphäre stattgefunden.
    Es war schon spät, fast Mitternacht, und aller Wahrscheinlichkeit nach waren die Gespräche noch immer nicht beendet. Morgen war der Jahrestag des Zypernabkommens – der Tag, da Talcott Bailey in die Zentrale Zone fahren sollte, um dort mit Anatolij Rostow zusammenzutreffen.
    Der Vizepräsident hatte die am Flugplatz erschienenen Israelis mit kühler Korrektheit begrüßt. General Rabin und die anderen Mitglieder des Verbindungsstabes hatten sich ebenso korrekt verhalten, aber es war allen Beobachtern klar, dass auf beiden Seiten keine besonders herzlichen Gefühle vorherrschten. Gab es schon diesseits 34° Ost so viel Trennendes, dann war wenig Hoffnung auf echten Frieden mit den Menschen auf der anderen Seite. Deborah schloß müde die Augen und dachte, dass sie, was immer der Mosa'ad von ihr erwartete, viel zu gefühlsbetont war, um eine gute Agentin abzugeben.
    Der amerikanische Vizepräsident hatte einen sehr schlechten Eindruck auf sie gemacht. Konnte so ein Mann die Realitäten dieser chronischen Kriegsgefahr erfassen, die zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn bestand? Konnte man eine realistische Einschätzung geopolitischer Gegebenheiten von einem Mann erwarten, der der festen Überzeugung zu sein schien, ein gütlicher Vergleich zwischen erklärten Feinden sei durch die Anständigkeit vernünftiger Männer herbeizuführen?
    Noch vor dem Zusammentreffen auf dem Flugplatz hatte Rabin ihr vertraulich mitgeteilt, dass eine Reihe von ›Zwischenfällen‹ auf den Golanhöhen gemeldet worden waren. Terroristen seien von ihren Stützpunkten auf syrischem Gebiet in den Norden eingesickert und hätten die Straße Haifa-Jerusalem an mehreren Stellen vermint. Ein mit Kibbuzniks besetzter Bus war in die Luft

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