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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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mit meiner Berufung.«
    »Da werde ich Sie wohl ein bisschen aufpulvern müssen, Richter. Der Präsident hat mich beauftragt, Sie ganz privat über gewisse Dinge aufzuklären. Er konnte gerade jetzt nicht riskieren, sie brieflich darüber zu informieren.«
    Colonel Seidel zog an seiner Pfeife und wartete. Jape Reisman war ein alter Profi, der sich nicht drängen ließ.
    »Der Präsident wünscht, dass Sie in jeder Beziehung mit Talcott Bailey zusammenarbeiten. Auch wenn Sie mit seiner Vorgangsweise nicht einverstanden sind und wenn es mit gewissen Unannehmlichkeiten für General Tate verbunden ist. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt, Richter?«
    Seidel war enttäuscht. Er wußte natürlich, dass für den Präsidenten wichtigere Dinge auf dem Spiel standen als die unbeschränkte Befehlsgewalt eines Generals über sein Kommando. Aber der Präsident hatte persönlich Bill Tate in die Zone entsandt, und es war betrüblich, dass er ihn jetzt für so entbehrlich hielt. »Sie haben sich mehr als deutlich ausgedrückt«, sagte er.
    Reisman erhob sich und ging ans Fenster. Er sah plötzlich alt und müde aus. »Diese Geschichte mit Trask. Ein Unglücksrabe. Aber wenn es zu einer Machtprobe kommt, werden Talcott und seine Anhänger für den Präsidenten wichtiger sein als ein cleverer junger General.«
    Solange es nicht hart auf hart geht, dachte Seidel, sind Soldaten immer entbehrlich.
    »Der Vizepräsident hat entschieden, dass General Tate nicht am Treffen in der Zentralen Zone teilnimmt«, sagte Seidel.
    Reisman nickte. »Er klopft ihm auf die Finger.«
    »Es ist schon ein bisschen mehr als das. Er macht es Tate damit schwer, wenn nicht gar unmöglich, Ulanin und den anderen Russen in Zukunft mit der nötigen Autorität entgegenzutreten.«
    »Ich weiß«, gab Reisman zu. »Das entspricht nicht den Intentionen des Präsidenten, aber die Geschichte mit Trask hat uns alle unvorbereitet getroffen.« Er drehte sich um und sah Seidel scharf an. »Und es war General Tates Pflicht, solche Zwischenfälle zu verhindern. Ganz besonders jetzt.«
    »Ja«, sagte Seidel.
    »Wegen dieser Affäre hat der Präsident ein paar Tage … äh … verreisen müssen. Er möchte den russischen Botschafter erst nach dem Treffen in der Zentralen Zone empfangen. Auch Außenminister Green wird es so einrichten, dass er unauffindbar ist.«
    »Ja«, sagte Seidel wieder.
    »Versteht General Tate das alles?«
    »Natürlich.«
    »Und er weigert sich nach wie vor, Trask abzulösen?«
    »Sicher«, antwortete Seidel und fügte ein wenig schärfer hinzu: »Aber ich bin auch sicher, dass der Präsident damit rechnet. Würde Trask auf Grund eines russischen Protests abgelöst werden, hätte der Präsident Admiral Ainsworth und seine Falken am Hals.«
    Jape Reisman musterte den Richter abschätzend. »Wie ich sehe, haben Sie Ihren politischen Instinkt nicht verloren.«
    »Politik gehört zu den Dingen, die man nicht so schnell vergisst.«
    Ein dünnes Lächeln erschien auf Reismans fleischigen Zügen. »Wie Radfahren.«
    »Darf ich offen reden?«
    »Bitte.«
    »Ich soll also alles tun, was ich kann, um Bill Tate zu überreden, Talcott Bailey nachzugeben – obwohl ich genau weiß, dass er es nicht tun wird. Ich soll diesen Versuch unternehmen, um Bailey und seine Leute zu beschwichtigen, weil dem Präsidenten daran liegt, dass sie zumindest stillhalten. Ist das soweit richtig?«
    »Sprechen Sie nur weiter, Richter. Reden Sie sich alles von der Seele.«
    »Und wenn Bailey dann nach Washington zurückgekehrt ist, wird der Präsident Bill Tate ablösen, ihn vielleicht sogar in den Ruhestand versetzen. Richtig?«
    »Möglicherweise.«
    »Er wird das tun, obwohl Tate durchaus das Recht hat, Trask nicht abzuschieben. Auf diese Weise wird der Präsident sowohl Baileys Tauben als auch Ainsworth' Falken den Mund stopfen. Der Preis wird Bill Tates Karriere sein. Dass es sich dabei um den vielleicht besten jungen Kommandeur in der Armee handelt, ist ja nicht wichtig.«
    »Es ist wichtig, Richter. Aber nicht lebenswichtig. Befänden wir uns im Krieg oder am Rande eines Krieges, würden wir die Sache anders sehen. Aber man kann auf der Welt nichts umsonst haben. Wichtig ist, dass das Abkommen erneuert und von Bailey unterzeichnet wird und dass das amerikanische Kontingent in der Zone verbleibt. Als Friedensstreitmacht, so wie es zwei Präsidenten haben wollten, und nicht als vorgeschobene Verteidigungstruppe, wie Ainsworth es sieht. Der Präsident schätzt und

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