34° Ost
sicher. In ihr verstärkte sich das Gefühl eines unausgesprochenen, uneingestandenen, aber darum nicht weniger realen Verlusts.
»Ich habe heute früh neue Informationen über die Abu Mussa erhalten«, sagte Rabin.
»Sind sie auf Sinai?« Sie zwang sich zu der Frage, denn in diesem Augenblick war es ihr gleichgültig.
»Unser jordanischer Gewährsmann sagt nein. Wie es scheint, sind sie nicht auf der Halbinsel geblieben. Sie sind nach Jordanien zurück und auf dem Weg nach Saudi-Arabien, um Geldmittel aufzutreiben. Ich glaube kein Wort davon. Ich weiß nicht, wo sie sind, und ich bin ganz sicher, dass unser Agent es auch nicht weiß. Würde er etwas taugen, die Leute von der Arabischen Front hätten ihn längst um die Ecke gebracht.«
»Mein Gott«, sagte Deborah, »ich hab' es so satt, dieses ewige Kämpfen und Töten. Wird es damit nie ein Ende haben?«
»Der Friede ist nah«, antwortete Rabin. »Seitdem Russen und Amerikaner hier sind, ist der Krieg zu teuer geworden. Glauben Sie mir, der Friede ist nah.« Er holte tief Atem. »Wir sind alle müde. Sogar die Libyer und die Syrer haben das Kämpfen satt. Das sind die einzigen Guerillas, die es noch gibt, und auch sie sterben aus. Es muß zu Ende gehen, verstehen Sie? Und bald.«
»Aber der da«, Deborah deutete auf Baileys Wagen, »der will doch, dass die Amerikaner packen und heimfahren.«
»Zu unser aller Glück ist er nicht der Präsident. Ihm steht keine Entscheidung zu.«
Ein schwacher Trost, dachte Deborah. Aber was Dov sagte, war richtig. Solange Russen und Amerikaner – und nicht Araber und Israelis – einander am vierunddreißigsten Längengrad gegenüberstanden, so lange würde der Preis für einen neuen Krieg zu hoch sein, als dass die Welt ihn akzeptieren könnte. In kalten und einsamen Nächten will ich daran denken, nahm sie sich vor.
Auf der VIP-Rampe von Andrews Air Force Base stand eine Gruppe von Menschen, die sich zur Verabschiedung des Präsidenten eingefunden hatten. Auch Ainsworth und Fowler Beal waren dabei; fröstelnd standen sie im kalten Regen, bis der Wagen des Präsidenten vor der Gangway der Air Force One zum Stehen kam.
Colonel Ira Dayton und die zwei neuen Piloten Campbell und Wingate gingen die Checklist durch. Es war alles bereit, um die Triebwerke anzulassen, sobald der Präsident und seine Begleiter an Bord kamen. Dayton hatte sich entschlossen, den Start nicht selbst durchzuführen. Campbell konnte die Übung gut gebrauchen, und außerdem mußte sich Dayton eingestehen, dass er nicht gerade in bester Form war. Er hatte gar nicht gut geschlafen. »Nehmen Sie den Platz links, Major«, sagte er. »Ich übernehme das Radio.« Er ließ sich auf dem Sitz des Kopiloten nieder und ersuchte den Kontrollturm um die endgültige Startfreigabe. Diese kam prompt; man ließ die Maschine des Präsidenten nicht warten. »Air Force One, Ihr Korridor ist dreieintausend bis Nashville Center, dann dreidreitausend bis Phoenix-Riverside. Palm Springs meldet keinerlei Sichtbehinderung. Starke Turbulenz, nördliche Böen, dreißig, auf vierzig ansteigend. Temperatur zehn Grad.« Jetzt wurde die Stimme weniger förmlich. »Kalt und böig, Colonel. Aber wo Sie hin wollen, gibt's viel Sonne. Guten Flug!«
Dayton bestätigte die Freigabe und blickte durch die regennasse Scheibe hinaus. Gelb glimmten die Lichter der Rampe im Dunst, und ein trüber Himmel spiegelte sich in den schmutzigen Wasserlachen auf dem Beton. Der Präsident und der Verteidigungsminister waren eingetroffen, begleitet von Helen Risor, einigen Leuten vom Stab des Weißen Hauses, den Männern des Secret Service und dem allgegenwärtigen diensttuenden Sicherheitsoffizier, mit dem ›Fußball‹ – dem ans Handgelenk geketteten Behälter mit dem Atom-Angriffskode.
Der Präsident und Dickinson, beide trotz des Regens ohne Hut, waren kurz stehen geblieben, um ein paar Worte mit Admiral Ainsworth und Fowler Beal zu wechseln. Dann verabschiedete sich der Präsident und schritt zur Gangway. Ainsworth und die Männer auf der Rampe salutierten.
Die Bordsprechanlage summte, und Dayton nahm den Hörer auf. Der Obersteward, ein Korporal, meldete: »Der Präsident ist an Bord, Colonel!«
»Gangway ist ab, Einstieg schließen«, gab Dayton Campbell und Peter Craigie, dem Bordwart, durch.
Während Wingate vom Platz des Dritten Piloten aus zusah, arbeiteten Campbell, Dayton und Craigie die Abflug-Checklist durch.
Die Tür zum Cockpit ging auf, und der Präsident steckte seinen
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