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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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John?«
    Emerson reckte den Hals und kniff die Augen zusammen, um gegen das dünne stechende Sonnenlicht etwas sehen zu können. Auch Jape Reisman hörte jetzt das vertraute Geratter eines Hubschraubers, das das Mahlen der Räder auf der Schotterstraße übertönte.
    »Ja, Sir. Ein Kampfhubschrauber«, bestätigte Emerson.
    Bailey verzog den Mund.
    »Wir genießen schon die ganze Zeit Deckung aus der Luft, seitdem wir Es Schu'uts verlassen haben«, sagte Ben Crowell in gemütlichem Ton.
    »William Tecumseh Sherman Tate auf großer Fahrt«, bemerkte Bronstein gehässig. »Sorgt sich ja wirklich um alles, der gute Mann.«
    »Wie zum Beispiel um die Sicherheit des Vizepräsidenten«, sagte Crowell.
    »Ich traue ihm glatt zu, dass er mit diesem Ding geradewegs in die Zentrale Zone fliegt.«
    »Das glaube ich nicht, Mr. Bronstein«, entgegnete Richter Seidel in kühlem Ton. »General Tate kennt die Bestimmungen des Abkommens ebenso gut wie Sie.«
    »Es war mein Wunsch, unsere militärische Präsenz auf ein Minimum zu beschränken, Richter Seidel«, sagte der Vizepräsident.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, wie man sie noch weiter beschränken könnte.«
    »Im Vergleich zu dem Truppenaufgebot, mit dem die Roten in der Zentralen Zone aufkreuzen werden, sind wir ein sehr friedlicher Verein«, sagte Crowell. Der Gedanke schien ihn zu deprimieren.
    Bronstein warf einen Blick durch die Heckscheibe auf das Kommandofahrzeug mit Brigadier Rabin und Captain Zadok. Das Mädchen sah zum Hubschrauber auf. Der Wind hatte das dunkle Haar unter ihrer Mütze gelöst.
    Bronstein brachte den Israelis keine Sympathien entgegen. In dieser Hinsicht gestattete er sich völlig entgegengesetzte Ansichten als seine Familie, die viel Zeit und Geld für jüdische Hilfs- und Wohlfahrtsorganisationen aufbrachte, einschließlich solcher, die die Einwanderung osteuropäischer Juden nach Israel förderten und finanzierten. Tates Beziehungen zu dem israelischen Mädchen war ihm echt zuwider. Er fragte sich, was der General an dieser Sabra fand.
    Das Mädchen, um das Bronsteins Gedanken kreisten, saß neben Dov Rabin im offenen Wagen und blickte nach Osten. Der Hubschrauber hatte eine Schleife gezogen und war verschwunden. Sie war ganz sicher, dass er die Maschine steuerte.
    Als ihn der Vizepräsident aus seiner Begleitung ausgeschlossen hatte, war er zornig und verbittert gewesen. Es ließ sich nicht mit Bestimmtheit sagen, was ihn mehr verstimmt hatte: die Auswirkungen dieser Bestrafung auf seine Autorität als Kommandeur oder die Sorge um die Sicherheit des Vizepräsidenten. Sie wußte, dass er Talcott Bailey nicht leiden konnte, seine Ideologie für katastrophal hielt und in fast allem, was die amerikanische Präsenz auf Sinai betraf, in Widerspruch zu ihm stand. Aber sie zweifelte auch nicht daran, dass sein Pflichtgefühl und seine Loyalität ihm niemals erlauben würden, sich gegen die tiefverwurzelte Meinung aufzulehnen, derzufolge die Streitkräfte in Amerika seit eh und je der zivilen Kontrolle unterworfen waren. In den Armeen anderer Länder machten Männer wie William Tate, wenn sie ungeduldig wurden, Staatsstreiche. In der Armee der Vereinigten Staaten, dachte sie, finden sie sich mit einem Sichunterordnen ab und bestrafen dafür die Frauen, von denen sie geliebt werden …
    »Ist er es?« fragte Dov Rabin.
    »Im Hubschrauber? Ich weiß nicht. Ich denke schon«, antwortete sie. Tates dynamische Persönlichkeit schien so allgegenwärtig, dass nicht einmal Rabin es für nötig hielt, sich genauer auszudrücken.
    Der Brigadier zeigte nach Westen. Der Kampfhubschrauber war kurz wieder aufgetaucht und überflog nun in geringer Höhe eine vor ihnen liegende niedrige Hügelkette. »Was mir am besten an General Tate gefällt«, sagte er ironisch, »ist seine Vertrauensseligkeit.«
    Das Mädchen lächelte trübe. »Er hat uns vertraut, Dov.«
    Rabins dunkle Augen blickten verständnisvoll. »Wir haben ihm nicht geschadet.«
    »Haben Sie eine Geliebte, Dov?« fragte sie leichthin.
    »Mehrere.«
    »Und sind sie alle im Geheimdienst?«
    »Würde mich nicht wundern.«
    »Ein tröstlicher Gedanke.«
    »Dramatisieren Sie die Situation nicht, Deborah. Wir sind ja schließlich nicht seine Feinde.«
    »Ach ja. Das ist schon was.« Sie drehte den Kopf zur Seite. Rabin sollte nicht sehen, dass ihr plötzlich Tränen in den Augen standen. Sie war müde und überreizt. Gestern war sie das letzte Mal mit ihrem Geliebten zusammen gewesen, irgendwie war sie dessen

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