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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schnelligkeit ermahnen sollen. Ich hoffe, daß sie eher da sein werden als der Sendador. Dann aber wehe ihm!“
    „Und wenn er eher kommt?“
    „So greifen wir abermals zur List.“
    „Zu welcher?“
    „Hm!“
    Er blickte sinnend nieder, und sein bisher so zuversichtliches Gesicht nahm einen recht bedenklichen Ausdruck an.
    „Das Brummen bringt uns nicht weiter“, sagte ich. „Mit Hm und wieder Hm fangen wir keinen Sendador.“
    „Das weiß ich, Herr, und darum werde ich es Ihnen überlassen, sich einen Plan auszudenken.“
    „Jetzt schwerlich. Ich bin im höchsten Grad abgestumpft und ermüdet, wie Sie sich wohl denken können. Ich und Señor Pena müssen unbedingt schlafen.“
    „Ich denke, Sie sollen mir Ihr heutiges Abenteuer noch erzählen, ausführlicher, als es vorhin geschehen konnte!“
    „Heben wir uns das für morgen auf! Wer weiß, was der morgige Tag für Ansprüche an uns macht, und da müssen wir ausgeruht haben.“
    „So schlafen Sie! Aber wie nun, wenn der Sendador während der Nacht kommt?“
    „Das ist unmöglich. Senden Sie ihm beim Grauen des Tages Kundschafter entgegen!“
    „Weiß ich denn die Richtung, aus welcher er kommen wird!“
    „Wenn Sie nicht, so weiß ich sie. Er wird sicherlich genau auf der Fährte kommen, welche die Mbocovis gemacht haben; sie mag also Ihren Kundschaftern als Wegweiser dienen. Doch müssen diese Leute barfuß gehen und, sobald sie den Feind erblicken, genau auf ihren eigenen Stapfen umkehren. Dann wird man ihre neue Spur von der alten der Mbocovis nicht unterscheiden können.“
    „Wollen wir denn nicht wenigstens die Gefangenen verhören?“
    „Sie erfahren nichts von ihnen. Warten wir bis morgen. Wenn Sie ernstlich wünschen, daß wir Ihnen dienlich sein sollen, so gönnen Sie uns die Ruhe!“
    „Nun wohl, ich will nicht weiter in Sie dringen und werde Ihnen eine Stube anweisen.“
    „Danke! Wir schlafen im Gras Ihres Gartens, welches für uns das beste und bequemste Lager ist.“
    „Aber, Herr, was denken Sie! Zwei Deutsche, welche meine Retter sind, soll ich unter dem freien Himmel im Gras schlafen lassen? Dazu haben Sie bei all den Anstrengungen noch nicht gegessen!“
    „Ist nicht notwendig. Wir wollen nur Ruhe, weiter nichts. Für alles übrige ist nach dem Schlaf auch noch Zeit. Vergessen Sie die Kundschafter nicht! Das ist das einzige, was ich Ihnen einzuschärfen habe, und nun gute Nacht!“
    Ich nahm Pena beim Arm und zog ihn mit mir fort. Der Desierto wollte uns folgen, jedenfalls um uns noch weitere freundschaftliche Vorstellungen und Anerbietungen zu machen; ich schob ihn aber zurück. Er war jetzt ein ganz anderer als vorher. Das Starre, Todesähnliches war verschwunden; er hatte Geist, Farbe und Leben bekommen.
    Draußen im Garten streckten wir uns im Gras nieder. Unten am Felsen erscholl noch die Trommel; schrille Pfeifen und harte Klappern fielen ein; hundert Stimmen sangen, jede derselben klang anders. Man hätte glauben sollen, daß es ganz unmöglich sei, bei einem solchen Lärm einzuschlafen; aber ich lag kaum auf dem Rasen, so fielen mir die Augen zu, und nur wie im Traum hörte ich eine weibliche Stimme rufen:
    „Señores, wo sind Sie?“
    Pena brummte, auch er war bereits im Einschlummern gewesen.
    „Señores, Señores!“ rief es wieder.
    „Ah! Da sind wohl wir gemeint?“ fragte der Gefährte.
    „Vermutlich. Es ist Unicas Stimme.“
    Das Mädchen kam näher. Wir wollten uns nicht als Grashüpfer erwischen lassen und antworteten also nicht; aber sie entdeckte uns doch. Pena blieb liegen, als ob er fest schlafe; ich aber setzte mich auf, reichte ihr die Hand entgegen und fragte:
    „Sie wollen uns gute Nacht sagen, Señora?“
    „Ja, gute Nacht und Dank.“
    „Das Erste nehme ich an; das Zweite aber nicht.“
    „Sie müssen! Sie haben uns gerettet, und doch achtet niemand auf Sie! Der Oheim hat mir gesagt, daß Sie nirgend anderswo schlafen wollen als hier, und ich kann Sie zu keiner Änderung dieses Entschlusses bringen; aber meinen Dank muß ich Ihnen mit in den Schlummer geben.“
    „Wieder Dank! Nun, ich will Ihnen sagen, wie Sie uns noch heute recht herzlich danken können. Nennen Sie uns den Namen, welchen der Oheim verschwiegen wissen wollte.“
    „Herr, warum gerade das?“
    „Den Grund sage ich Ihnen am Tag. Also bitte, wie hieß jener untreue, undankbare Deutsche?“
    Sie zögerte eine Weile, dann erklang es leise:
    „Adolf Horn. Aber jetzt, Señor, muß ich fort. Gute Nacht!“
    Sie eilte der Tür

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