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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Eindruck auf mich und Unica gemacht haben. Sagen Sie, wissen Sie wirklich etwas über ihn, oder haben Sie uns nur trösten oder beruhigen wollen?“
    Seine Augen waren mit großer Spannung auf uns gerichtet, und auch die schöne Indianerin sah mich an, als ob sie mir die Worte von den Lippen lesen wolle.
    „Wenn ich Sie hätte beruhigen wollen, so müßte ich diesen Zweck einen vollständig verfehlten nennen“, antwortete ich. „Sie sagen mir ja, daß Sie deshalb nicht haben schlafen können. Nein, wir haben wirklich bei den Mbocovis eine Spur von ihm entdeckt.“
    „Herrgott! Sollte er sich etwa bei diesen befinden?“
    „Ich vermute es. Hören Sie.“
    Ich erzählte ihm, was wir erst vermutet hatten und uns vorhin von dem Yerno eingestanden worden war. Ich erklärte ihm auch, daß ich diesen letzteren nur deshalb unter das Wassergefäß gefesselt hatte, um zu erfahren, wo Horn zu suchen sei. Kaum war ich damit fertig, so zog Unica mir das Messer aus dem Gürtel und rief aus:
    „Er weiß es und will es nicht sagen? Ich werde ihn zwingen! Wenn er es nicht sofort gesteht, stoße ich ihm das Messer in das Herz!“
    Sie wollte fort. Ich hielt sie zurück, wand ihr das Messer aus der Hand und sagte:
    „Bleiben Sie! Sie würden nichts oder nur Unvollständiges erreichen. Er gesteht jetzt noch nichts, und wenn Sie ihn dann im Zorn erstechen, sind wir noch schlimmer dran als vorher. Wir wissen ja noch nicht genau, ob der Horn, welchen er meint, auch wirklich derjenige ist, von welchem wir sprechen.“
    „Welcher andere sollte es sein!“ antwortete der Desierto. „Ich befinde mich so lange Jahre hier im Land und habe den Namen Horn, diesen einen Fall ausgenommen, noch nie gehört. Unser junger Freund ist auf seinem Weg nach hier überfallen und zu den Mbocovis geschafft worden. Ich will ihn retten; sie müssen ihn herausgeben, und wenn ich alles, alles in Bewegung setzen soll. Ich werde den Yerno einmal selbst ins Verhör nehmen.“
    Er eilte von uns fort und zu dem Gefesselten hin. Unica folgte ihm schnell, und so gingen wir beide ihnen nach. Der Gefangene hatte ein leichenblasses Gesicht; seine Augen waren hervorgetreten, und seine Unterlippe steckte zwischen den zusammengepreßten Zähnen.
    „Hund!“ schrie ihn der Alte an. „Du hast Señor Horno gefangen genommen. Sag wo er steckt, sonst ergeht es dir schlecht!“
    Der Yerno sah ihn mit stieren Blicken an und sagte nichts.
    „Willst du reden, oder soll ich dich abermals peitschen lassen?“
    Über die Züge des Gefangenen ging ein höhnisches Zucken, als ob er sagen wolle, daß das Peitschen ja schon einmal nichts gefruchtet habe, und daß er sich auch jetzt aus den Prügeln nichts machen werde. Aber der Hohn verschwand ebenso schnell, wie er gekommen war. Der Yerno kämpfte bereits mit aller Kraft gegen die sichere, unausbleibliche Wirkung der Wassertropfen. Der Desierto beachtete das nicht und fuhr fort:
    „Du schweigst? Ich werde dich wohl zum Sprechen bringen. Geben Sie mir die Peitsche, Señor!“
    Er wollte Pena die Peitsche aus dem Gürtel ziehen. Ich hielt ihn davon ab und sagte:
    „Lassen Sie! Mit Schlägen erreichen Sie nichts. Der Mann wird in kurzer Zeit ein volles Geständnis ablegen. Sehen Sie nicht, wie er gegen die Schmerzen kämpft?“
    „Ja, es ist wahr“, antwortete Pena in deutscher Sprache, deren auch ich mich bedient hatte, um von dem ‚Schwiegersohn‘ nicht verstanden zu werden. „Oder sollten diese stieren Augen nur eine Folge der Prügel sein, welche er bekommen hat?“
    „Nein. Sehen Sie die Tropfen auf seiner Stirn! Die kommen nicht von da oben aus dem Gefäß. Das sind Tropfen, welche die Angst, der Schmerz austreibt. Ich habe ihm gesagt, daß er uns um Gottes willen bitten werde, sein Geständnis anzuhören, und ich werde recht behalten.“
    „Wie lange werden wir noch warten müssen?“
    „Wie es den Anschein hat, hält er es höchstens noch eine Viertelstunde aus. Dann wird er uns rufen; wir aber werden nicht auf ihn hören. Er soll einsehen, daß wir nicht die Leute sind, welche sich von einem solchen Menschen verhöhnen lassen. Kommen Sie also wieder zur Laube.“
    Sie folgten mir. Wir setzten uns nieder, und der Desierto erzählte, daß er die Späher ausgesandt und mit den besten Instruktionen versehen habe. Aber er war nicht bei der Sache. Sein Blick flog wieder und immer wieder hinüber zum Yerno. Er mußte den jungen Deutschen wirklich tief in sein Herz geschlossen haben. Unica war ebenso aufgeregt; sie besaß

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