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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sie da produzieren wollen? Ich verstehe es nicht und begreife es nicht.“
    „Ein Kunststück ist es nicht, sondern eine ganz kunstlose, natürliche Prozedur, welche den Menschen zwingen wird, mir die verlangte Antwort zu geben.“
    „Diese Wassertropfen sollen das erwirken, was die Prügel nicht zustande gebracht haben?“
    „Ja, das werden sie!“
    „Unbegreiflich! Sie haben doch den Rücken dieses Menschen gesehen. Der Anblick war geradezu schrecklich! Und welche Folgen hatte es? Er lachte uns aus und verhöhnte uns. Ein Geständnis aber gab er nicht. Und was dieser zerfleischte Rücken, was diese Wunden nicht vermocht haben, das erhoffen Sie von dem armseligen Wassertropfen, welcher ihm auf den Kopf fällt? Das wäre das größte Wunder, welches ich gesehen habe!“
    „Wollen Sie einen ganz natürlichen Vorgang ein Wunder nennen, so habe ich nichts dagegen. Aber sagen Sie, haben Sie vielleicht schon einmal das deutsche Wort ‚prügelfaul‘ gehört?“
    „Ja. Das ist die Unempfindlichkeit gegen Schläge.“
    „Ja. Fragen Sie Eltern und Lehrer; fragen Sie Stockmeister und Korporale, nämlich wenn die Letzteren aus der militärischen Prügelzeit noch lebten! Sie würden erfahren, daß es Personen oder Subjekte gibt, welche die Schläge gar nicht zu fühlen scheinen, welche desto mehr lachen, je stärker und dicker die Prügel fallen. Vielleicht gehört der Yerno zu diesen Leuten, welche Nerven von der Stärke und Unempfindlichkeit der Schiffstaue zu besitzen scheinen. Nun, wenn die Nervenverzweigungen so widerstandsfähig sind, so muß man sich an die Nervenquelle, an das Gehirn wenden. Vielleicht ist dieses empfänglicher gegen schmerzhafte Einwirkungen.“
    „Nennen Sie das Gefühl, welches der Wassertropfen hervorbringt, einen Schmerz?“
    „Nein; aber eine unausgesetzte Folge von Tropfen, welche nacheinander auf eine und dieselbe Stelle fallen, bringt eine Wirkung hervor, mit welcher sich kein anderes Schmerzgefühl vergleichen läßt. Die Wirkung muß, wenn sie nicht rechtzeitig unterbrochen wird, unbedingt zum Wahnsinn führen. Haben Sie noch nicht gehört, daß die amerikanischen Sklavenbesitzer diese schreckliche Strafe gegen ungehorsame Schwarze oft und viel in Anwendung brachten?“
    „Nein.“
    „Nun, ich bin Zeuge solcher Vorgänge gewesen. Ich habe einen Neger und eine Negerin, seine Frau, in der sogenannten Tropfhütte sitzen sehen; beide waren so gefesselt, daß sie weder ein Glied, noch den Kopf bewegen konnten, und die Tropfen fielen ihnen in regelmäßigen Intervallen auf die Köpfe. Sie brüllten wie wilde Tiere, und der Schaum triefte ihnen über die Lippen. Diese Strafe mußten sie erleiden, weil sie ihre Kinder nicht hatten hergeben wollen, welche früh an einen Händler verkauft worden waren. Ich machte dem Pflanzer, dessen Gast ich war und dem ich einen guten Dienst geleistet hatte, so daß er mir eine nicht gewöhnliche Dankbarkeit schuldete, freundliche Vorstellungen, und er ließ mich dafür durch seine Sklavenaufseher aus der Pflanzung weisen oder vielmehr werfen.“
    „Dieser Schuft! Dem hätte ich – – –“ Er machte zwei Fäuste und fragte dann: „Und Sie sind ruhig gegangen? Das stimmt keineswegs mit Ihren sonstigen Eigenheiten!“
    „Ja, es würde nicht stimmen, wurde aber stimmend gemacht, denn des Nachts war ich heimlich wieder auf der Plantage und holte das schwarze Ehepaar heraus. Gesehen habe ich da, welche entsetzliche Wirkung die Tropfhütte oder der Tropfstuhl hat. Es wird keine Stunde vergehen, so können Sie diese Wirkung an dem Yerno beobachten.“
    Unser Gespräch wurde unterbrochen, denn Unica kam, um uns den Mate zu bringen. Sie wollte die gestern abgebrochenen Fragen wieder beginnen, wurde aber durch den alten Desierto gestört, welcher nicht hatte schlafen können und zu uns herauskam.
    Er wunderte sich darüber, daß wir den Yerno schon im Garten hatten, und konnte die Situation nicht begreifen, in welcher sich dieser befand.
    „Das geschieht unseres Landsmannes wegen, den Sie für einen Wortbrüchigen und Betrüger gehalten haben“, erklärte ich ihm.
    „Meinen Sie etwa Horn?“ fragte er.
    „Ja. Sehen Sie, wie Sie nun auf einmal den Namen aussprechen können!“
    „Weil Unica mir gestern abend noch erzählt hat, daß Sie ihn für unschuldig halten und daß er unterwegs nach hier ist. Ich habe deshalb nicht schlafen können und komme also so früh zu Ihnen, um Sie um Aufklärung zu ersuchen. Sie können denken, was Ihre Worte für einen

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