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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hervortretenden Augen zuwarf.
    Es wurde auch getanzt. Die Bewegungen waren mimisch; einen Takt gab es nicht. Pena kam auf die Idee, mich aufzufordern, den Roten einen Walzer vorzutanzen, und ich willigte lachend ein. Wir drehten uns zu der gar nicht passenden Musik einigemale im Kreis herum und setzten uns dann wieder nieder. Wir hatten gar nicht beabsichtigt, ein Beispiel oder Vorbild zu liefern. Darum waren wir höchst überrascht, als die Roten sich anpaßten und nun auch zu Paaren im Kreise schwenkten. Aber wie! Es war ein wahres Wunder, daß die Beine nicht davonflogen.
    Auch der Abend wurde mit Essen, Trinken und Tanzen ausgefüllt. Der Jubel währte bis tief in die Nacht hinein. Nur diejenigen Männer, welche für den Ritt nach der Laguna de Bambú bestimmt waren, suchten für kurze Zeit die Ruhe, die sie aber bei dem nicht endenwollenden Lärm nicht finden konnten. – – –

VIERTES KAPITEL
    Auf der Isleta del Circulo
    Mit Tagesanbruch standen die Pferde bereit und siebzig wohlbewaffnete Krieger bei ihnen, nämlich die bereits erwähnten sechzig und außer denselben noch zehn ausgewählte Männer, welche uns nach der Pampa de Salinas begleiten sollten.
    Die Pferde, welche wir gegen die unsrigen erhalten hatten, waren ausgezeichnet, ebenso die Reservepferde, die mit den Vorräten bepackt waren, welche der Desierto für uns bestimmt hatte. Ich war nicht gewillt gewesen, meinen braven Braunen zu vertauschen, und hatte ihn also behalten. Da wir nun während des Rittes die Pferde wechseln konnten, war vorauszusehen, daß unsere Reise eine möglichst schnelle sein werde.
    Nun galt es, Abschied zu nehmen. Sämtliche Bewohner des Dorfes, von denen die meisten gar nicht schlafengegangen waren, befanden sich auf den Beinen, um uns lebewohl zu sagen. Der alte Desierto konnte die Seinen ohne Sorge verlassen, denn er hatte meinen Rat befolgt, Späher auszusenden, um gegen die Chiriguanos Sicherheit zu haben, und von anderen Toba-Ansiedlungen Krieger herbeizurufen.
    Von Unica wurde mir der Abschied nicht leicht, doch konnte ich ja hoffen, sie wieder zu sehen. Auch sie bat mich, recht schnell zu reiten, damit wir möglichst bald in Tucuman wieder zusammentreffen könnten. Leise flüsterte sie mir zu: „Sie sind der vorsichtigste und zuverlässigste. Ihnen vertraue ich Señor Horno an. Machen Sie ihn frei; aber sagen Sie ihm nicht, daß ich ihn mit Sehnsucht erwarte!“
    Als ich ihr die Hand gegeben hatte und mich nun von ihr wendete, erblickte ich den Bläser der Signalpfeife. Er winkte mir und ging davon, indem er sich einigemale umsah, ob ich ihm folge. Er wartete an einer der nahen Hütten und schob mich hinein. Leider verstand er weder meine, noch ich seine Sprache. Dennoch hörte und begriff ich auf das deutlichste, weshalb er mir gewinkt hatte. Er griff nämlich sein Rieseninstrument, welches in der Ecke lehnte, spitzte den Mund, formte ihn zu einem weiten, runden Schlauch, legte ihn an das Loch der Pfeife und begann zu blasen, daß sein Gesicht blau, mir es aber rot und violett vor den Augen wurde. Er wollte, ehe wir auf Nimmerwiedersehen voneinander gingen, mir noch einmal den Genuß bereiten, den er für den höchsten des Erdenlebens hielt. Ich hörte ihm zu, bis ich glaubte, Einhalt tun zu müssen, da er sonst unbedingt zerplatzen werde, und gab ihm einige Stücke kleiner Münzen, über welche er so erfreut war, daß er die Pfeife sofort wieder an den Mund setzte. Ich aber machte mich mit der Gänsehaut, welche er mir angeblasen hatte, auf das schleunigste von dannen.
    Die zurückbleibenden Krieger und Amazonen waren angetreten; an ihrer Spitze stand der Trommler. Ich sagte Unica einige Abschiedsworte für die Leute, und sie verdolmetschte ihnen dieselben. Als ich dann zu Pferd stieg, hörte ich, daß sie den Truppen zurief:
    „Lebt wohl – lebt wohl – lebt wohl!“
    Das sollten uns die streitbaren Helden zu- und nachrufen. Sie taten es auch; aber anstatt der Worte ‚lebt wohl‘ vernahm ich ein unentwirrbares Gemisch der schrecklichsten Konsonanten, zwischen denen nur das e und o, also die Vokale der beiden Worte, deutlich hervortraten. Die den Platz füllende Menge fiel ein; wir Reiter setzten uns in Bewegung, und noch als wir den Felsen mit seiner geheimnisvollen Wohnung hinter uns hatten, hörten wir in unserem Rücken ein nach und nach immer leiser werdendes und zuletzt verschwindendes Geschrei. Wir kamen an dem Lager vorüber, an welchem gestern der Kampf stattgefunden hatte. Dies gab mir

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