35 - Sendador 02 - In den Kordilleren
ferner Späher aus, um die Chiriguanos beobachten zu lassen. Dann sind Sie sicher, wenigstens nicht unvorbereitet überfallen zu werden.“
„Dieser Rat ist gut und ich werde ihn sofort befolgen.“
„Tun sie das immerhin, obgleich ich es nicht für nötig halte. Es ist besser, man ist zu vorsichtig als nachlässig. Ich meinerseits nehme an, daß der Sendador sich gar nicht bei den Chiriguanos verweilt. Er wird ohne Unterbrechung nach der Pampa de Salinas gehen und sich nicht so lange aufhalten, wie er müßte, wenn Ihre Vermutung zuträfe.“
„Sie mögen recht haben, aber dennoch will ich meine Maßregeln treffen. Ich tue das um so mehr, als ich morgen mit Ihnen von hier fort muß.“
„Sie selbst wollen mit nach der Laguna de Bambú?“
„Natürlich! Oder meinen Sie, daß ich hier bleiben könne, nachdem ich erfahren habe, daß Horn sich als Gefangener dort befindet? Nein, ich muß unbedingt bei denen sein, welche ihn befreien.“
„Das ist mir lieb. Pena behauptet zwar, dort gewesen zu sein, aber ich denke, daß Sie den Weg doch vielleicht besser kennen als er.“
„Das ist gewiß.“
„Wie weit ist es bis hin?“
„Die Mbocovis sind natürlich viel länger unterwegs gewesen, weil sie sich vorher östlich nach dem ‚Kreuze unseres Herrn‘ gewendet haben. Wir aber werden eine gerade Linie reiten, meinetwegen durch dick und dünn und in nicht ganz drei Tagen dort sein.“
„Hm! Das ist eine lange Zeit! Inzwischen bekommt der Sendador einen zu großen Vorsprung.“
„Den holen Sie jedenfalls wieder ein. Er muß gehen und Sie reiten.“
„Wie weit ist es ungefähr von hier aus bis nach der Pampa de Salinas?“
„Ich schätze die Luftlinie auf hundertfünfzig geographische Meilen.“
„So weit? Nun, dann ist mir freilich nicht bange, ihn einzuholen. Wenn die Luftlinie eine solche Länge besitzt und man rechnet die zu überwältigenden Bodenschwierigkeiten und sonstigen Hindernisse, so kann man getrost wenigstens zweihundert sagen. Rechnet man auf einen ausgezeichneten Fußgänger für eine solche lange Tour täglich fünf Meilen, so braucht der Sendador vierzig Tage, jedenfalls eine ausreichende Zeit, um ihm zu Pferd noch zuvorzukommen, zumal ich die Absicht habe, mich an der Laguna de Bambú nicht länger zu verweilen, als bis wir unsere Freunde befreit haben.“
„Und dann kehren Sie erst mit uns nach hier zurück?“
„Nein. Das ist mir unmöglich. Rechnen Sie zwei Tage für dort, drei hin und drei zurück, so wäre das ein Verlust von acht Tagen, selbst wenn wir uns dann hier nur für kurze Stunden verweilten.“
„Aber ich rechnete ganz bestimmt darauf, Sie hier noch zu besitzen, weil ich Ihrer noch bedarf.“
„Nun wohl nicht mehr. Ich habe Sie vor Ihren Feinden gewarnt und, mehr noch als das, Ihnen dieselben in die Hand geliefert. Ich glaube nicht, daß ich Ihnen noch dienlich sein kann.“
„Sehr sogar, wenn auch nicht in der bisherigen Weise. Sie haben mich von meiner inneren Qual befreit. Bewahrheitet sich das, was Señor Pena mir sagte, so brauche ich nicht länger in dieser Einsamkeit verborgen zu bleiben, sondern ich kann mit Ihnen nach Deutschland gehen.“
„Ah! Wollen Sie das?“
„Natürlich! Und Unica geht mit. Sie ist deutsch erzogen und fühlt eine außerordentliche Sehnsucht, Deutschland zu sehen und kennenzulernen.“
„Will sie dann wieder zurück nach hier?“
„Die Zeit war zu kurz, um mit ihr darüber zu sprechen. Der, den sie liebt, ist ein Deutscher. Gelingt es uns, ihn zu befreien, so wird es sich ja zeigen, ob er sich für das Hierbleiben oder für die Heimat entscheidet. Für beide ist auf alle Fälle gesorgt. Hier haben sie weder Sorge noch Not und können meine zivilisatorischen Aufgaben vollenden. Gehen sie aber mit mir, so sind sie meine Kinder und Erben, und – ich bin reich und kann ihnen alles bieten, was sie drüben brauchen. Darum hätte ich es gern, daß Sie hierbleiben, bis die Entscheidung gefallen ist und wir uns Ihnen anschließen können.“
„Ich würde mich freuen, Sie mitnehmen und mit Ihnen sein zu können; aber in der Weise, wie Sie es darstellen, geht es doch nicht. Wir müssen unbedingt den Sendador haben. Aus den acht Tagen, welche ich vorhin berechnete, würden vierzehn Tage und mehr, also Wochen werden, und so lange dürfen wir nicht säumen. Ich muß unbedingt von der Laguna de Bambú sofort nach der Pampa de Salinas; das sehen Sie wohl ein?“
„Leider kann ich Ihnen nicht unrecht geben. Am liebsten würde
Weitere Kostenlose Bücher