35 - Sendador 02 - In den Kordilleren
verlangten, daß die Häuser alle auszuräumen und den Bewohnern nur die leeren Hütten zu lassen seien. Es gelang mir, diese Leute zu größerer Milde zu bewegen. Es wurde beschlossen, die Herden und den Inhalt der Casa de nuestro Señor mitzunehmen. Alles andere sollte den Mbocovis verbleiben.
Als wir in das Haus des Sendador drangen, sahen wir dasselbe bis unter das Dach mit Handelswaren und geraubten Gegenständen gefüllt. Auch die Waffen meiner Gefährten wurden gefunden, und die letzteren waren nicht wenig erfreut darüber. Das Gebäude wurde ausgeräumt und der Fußboden desselben tief aufgewühlt; man fand aber keine verborgenen Schätze und auch nichts, wodurch die Schuld des Sendador noch klarer als bisher erwiesen worden wäre.
Ich hatte im stillen gehofft, die mehrerwähnten Zeichnungen hier zu finden, doch blieb dieser Wunsch unerfüllt. Der Sendador war zu klug gewesen, so wichtige Papiere bei den Mbocovis zu lassen.
Über die nun getroffenen Arrangements kann ich weggehen. Der Desierto mußte mir vor dem Scheiden versprechen, so mild wie möglich mit den besiegten Feinden zu verfahren; dann verabschiedeten wir Weißen uns von den Tobas, um den weiten und beschwerlichen Ritt nach der Pampa de Salinas anzutreten. Es war nicht viel nach Mittag, als wir aufbrachen, von den zehn Roten begleitet, welche der Desierto zu diesem Zweck für uns ausgesucht hatte. – – –
FÜNFTES KAPITEL
Gottes Gericht
Die Pampa de Salinas gehört zu Bolivia. Die Bewohner dieses Landes unterscheiden in Beziehung auf das Gebirge der Anden folgende Regionen.
Die erste Region ist diejenige, welche von den Pampas bis zu einer Höhe von 1.600 Metern aufsteigt und wird Yunga genannt. Hier herrscht die Üppigkeit der Tropen im vollsten Sinne des Wortes. Über diese Flächen erstrecken sich undurchdringliche Urwälder, welche nur zuweilen von sogenannten Pajonales, weiten Grasfluren mit einzelnen Baumgruppen, unterbrochen werden. Die Tierwelt ist hier am reichsten vertreten durch Scharen von Papageien und buntflimmernden Kolibris; überhaupt spottet das Reich der Vögel hier jeder Aufzählung und Beschreibung. Affen gibt es in großen Scharen, Fledermäuse die Menge, und Pumas, Onzen und Jaguaren kann man täglich begegnen.
Die nächst höhere Region wird Medio Yunga genannt und steigt nicht ganz bis 3.000 Meter auf. Ihr Klima ist weniger heiß, infolgedessen hier die Tiere und Pflanzen der gemäßigten Zone gedeihen.
Dann kommen die Cabeceras de los valles, die oberen Talstufen, bis 3.300 Meter hoch. Diese sind gegen die Stürme der Puna geschützt und haben eine angenehme Temperatur.
Hierauf folgt die Puna bis zu einer Höhe von 3.900 Meter. Die Luft derselben ist außerordentlich trocken, weshalb nur wenige Pflanzen hier gedeihen. Zu denselben gehören das kurze, dürre Punagras, niedriges, schirmartig ausgebreitetes meergrünes Zwergholz, sowie einige kleine Myrthen- und Lorbeerarten.
Was nun endlich über 3.900 Meter hoch liegt, wird Puna brava genannt. Hier wehen heftige, kalte Winde, welche selbst im Sommer oft dichtes Schneegestöber mit sich führen und dem Wanderer, welchen sie überraschen, mit dem Tod drohen. Nur den beiden Umständen, daß diese Region sehr reich an wertvollen Erzen ist und daß die Pässe so hoch liegen, verdankt es die Puna brava, daß sie von Menschen besucht wird.
Freilich darf man nicht meinen, daß diese angegebenen Regionen scharfe und regelmäßig gezogene Grenzen bilden. Es gibt selbst in der Puna fruchtbare Täler, und ebenso erheben sich aus den niederen, tropischen Regionen steile Hochplateaus, welche die Eigentümlichkeiten der Puna besitzen.
Über einen Monat befanden wir uns seit unserem Aufbruch von der Laguna de Bambú unterwegs. Uns möglichst in der geraden Richtung haltend, hatten wir die Grenze der argentinischen Republik hinter uns gelegt und bolivianischen Boden betreten. Wir waren durch die Gebiete feindlicher Indianer gekommen, aber stets so vorsichtig gewesen, ein Zusammentreffen mit ihnen zu vermeiden. Die Stämme befreundeter Tobas hatten wir natürlich nicht vermieden. Wir waren von ihnen stets freundlich aufgenommen worden und hatten dabei erfahren, wie vorteilhaft es für uns war, daß der Desierto uns seine zehn Roten mitgegeben hatte.
Während dieser ganzen, langen Zeit war es uns nicht ein einziges Mal gelungen, auf die Spur des Sendador zu treffen, und das hatte seinen guten Grund. Während wir die Tobas aufsuchten und die Chiriguanos mieden, fand bei
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