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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Blut.“
    „Um dies herauszufinden, dazu gehören eben Ihre Augen, oder eine große Portion Phantasie! Blut würde einen dunkleren Fleck hinterlassen“, antwortete Pena.
    „Nein. Ich meine nicht reines Blut, sondern blutig gefärbtes oder vielmehr frisches, ungereinigtes Fleisch. Es ist vor zwei Stunden ein Fußgänger mit Fleisch vorübergekommen.“
    „Wer sagt Ihnen das?“
    „Die Höhe des Fleckes. Ein Reiter hätte das erbeutete Tier hinter sich auf dem Pferd liegen gehabt, und infolgedessen würde der Fleck sich höher am Felsen befinden. Der Mann hat ein Wild erlegt und es auf den Schultern oder rückenquer getragen. Als er um diese Ecke bog, hat er mit dem blutigen Fleisch den Felsen gestreift.“
    „Nun, angenommen, daß Sie recht haben, ist es vielleicht von Wichtigkeit für uns?“
    „Natürlich! Von großer Wichtigkeit sogar. Der Mann ist ein Indianer. Er hat dem Tier das Fell abgezogen, das tut kein Weißer, wenn er geschossenes Wild trägt, weil das erstens unappetitlich und zweitens unpraktisch ist. Das Fleisch hält sich in der Haut viel länger. Ein Indianer aber, welcher ein großes Tier auf dem Rücken von einem Ort nach dem anderen schleppt, muß meinen Verdacht erwecken und kann uns sehr gefährlich werden.“
    „Warum?“
    „Weil er Gefährten hat. Ein Roter, welcher allein und für sich jagt, nimmt von der Beute nur so viel, wie er für sich braucht; er trägt sich nicht mit einer schweren Last.“
    „Alle Wetter! Von diesem Standpunkt aus betrachtet, erregt dieser dunkle Fleck freilich auch meine Bedenken. Sollte der Sendador uns doch zuvorgekommen sein und Chiriguanos bei sich haben?“
    „Das ist sogar sehr wahrscheinlich.“
    „Dann erwartet er uns vielleicht gar an der Pampa de Salinas und sendet täglich einige Rote auf die Jagd, um nicht Hunger leiden zu müssen.“
    „Es ist das leicht anzunehmen. Nur kann, wenn der Sendador sich auf der Pampa befindet, der Mann, der hier vorüber kam, nicht zu ihm gehören, weil nach Ihrer eigenen Schätzung die Pampa von hier aus erst morgen mittag zu erreichen ist. So weit entfernt sich kein Jäger von der Gesellschaft, welche er mit Nahrung zu versorgen hat.“
    „Das ist wahr. Vielleicht befindet sich der Sendador noch gar nicht an der Salinas, sondern in größerer Nähe, als wir denken.“
    „Oder der Mann, welcher hier ging, gehört zu der Tobasabteilung, mit welcher wir zusammentreffen wollen.“
    „Auch das ist möglich. Mag dem nun sein, wie ihm wolle, wir müssen sehr vorsichtig sein. Machen wir so schnell wie möglich vorwärts, daß wir aus dem Engpaß kommen!“
    Wir trieben die Pferde an, um die Schlucht, in welcher ein plötzlicher Überfall für uns höchst gefährlich war, rasch hinter uns zu legen, und näherten uns dabei dem Wasser, von welchem Pena gesprochen hatte. Er mußte mir die Stelle beschreiben, und ich erfuhr, daß dieses Wasser aus einer hochgelegenen Seitenschlucht komme und sich über eine Felsenwand herab auf unseren Weg stürzte.
    „So bildet es also einen Wasserfall?“ antwortete ich. „Rauscht derselbe sehr?“
    „Bedeutend.“
    „Das ist gut, weil der Hufschlag unserer Pferde nicht gehört werden kann.“
    „Wer darf ihn denn nicht hören?“
    „Der Rote mit dem Fleisch, oder vielleicht gar die Gesellschaft, für welche er zu sorgen hat. Unsere Gefährten mögen in gleicher Schnelligkeit wie jetzt fortreiten; wir beide aber wollen voran, um auszuspähen.“
    Wir beiden setzten unsere Pferde in Trab. Der Weg wand sich bald nach rechts, bald nach links. Bei diesen vielen und engen Krümmungen war es unmöglich, zu erfahren, wen oder was man auf dreißig Schritte vor sich hatte. Pena tröstete mich mit der Bemerkung, daß der Weg nun bald ein besserer und offenerer werde, sobald man den Wasserfall in Sicht bekomme.
    Nicht lange, so vernahm ich das Rauschen desselben. Dann öffnete sich die Schlucht auf einen tiefen Talkessel, aus welchem nur zwei Wege führten, nämlich derjenige, den wir jetzt benützten, und ein anderer, dessen Mündung sich uns gegenüber befand. Rechts stieg die Bergwand lotrecht himmelan. Links war sie zunächst höchstens fünfzig Fuß hoch und bildete dort einen Absatz, über welchen zwischen zwei Felsenmassen eine dunkle Schlucht gähnte, aus der das Wasser herabstürzte, um zunächst sich in ein tief ausgehöhltes Loch zu gießen und dann uns gegenüber den Talkessel zu verlassen.
    Diese Szenerie war hochromantisch, und doch beschäftigte sie mich weniger als die

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