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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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da lebt, nieder und stecken das Dorf in Brand.“
    „Señor, so grausam werden Sie doch nicht sein!“ rief der Mbocovi aus.
    „Das ist nicht Grausamkeit, sondern gerechte Strafe. Ihr seid Diebe, Räuber und Mörder. Ihr habt als Verbündete des Sendador eine Reihe von Missetaten begangen und müßt dafür genauso büßen, wie er. Er muß sterben, und wenn wir euch nicht nur das Leben, sondern auch die Freiheit schenken, so ist das eine Gnade, deren ihr euch nicht wert gemacht habt. Jetzt geht! Wir haben nicht Lust zu überflüssigen Reden. Ihr habt gesehen, wie wir schießen. Euer Schicksal liegt in euren eigenen Händen; in einer halben Stunde muß es entschieden sein.“
    Sie schlichen höchst niedergedrückt von dannen. Wir waren der guten Zuversicht, daß ihre Entscheidung die von uns gewünschte sein werde.
    Wir sahen, daß die Roten sich auf dem mitten im Dorf liegenden Platz versammelten. Es ging dabei sehr ruhig zu. Nach nicht viel über eine Viertelstunde kehrte der Parlamentär zurück und teilte uns mit, daß die Mbocovis beschlossen hätten, sich uns zu ergeben, falls wir neben Freiheit und Leben ihnen auch alles Eigentum lassen wollten.
    Darauf konnte natürlich nicht eingegangen werden, da sie in diesem Fall nicht die geringste Strafe getroffen hätte. Er mußte wieder in das Dorf, um zu sagen, daß wir Wort halten und nach zehn Minuten die Feindseligkeiten beginnen würden.
    Diese Zeit verging ohne Resultat. Darum forderte der Desierto mich auf, eine Kugel in das Dorf zu schicken, zunächst ohne jemand zu töten.
    „Das hilft nichts“, antwortete ich. „Ein blinder Schuß würde nur schaden, indem er die Ansicht erwecken muß, daß nicht alle unsere Kugeln treffen. Ich werde einen verwunden.“
    Ich stieg auf das Pferd und ritt dem Dorf entgegen, ohne mich aber in den Bereich der Pfeile zu begeben. Man sah mich kommen; der dichte Haufe lichtete sich, und die in der Mitte desselben befindlich gewesenen Krieger wurden sichtbar. Das hatte ich gewollt, da es mir nicht einfallen konnte, auf ein Weib oder gar ein Kind zu schießen. Der Anführer trat zwischen den anderen hervor; er erhob die Hand und machte mit derselben eine Bewegung, mit welcher er andeuten wollte, daß wir zu warten hätten, da sie noch nicht einig seien. Mein Pferd stand still, und ich legte den Stutzen an. Der Rote erhob den Arm abermals, weil er glaubte, von mir nicht verstanden worden zu sein. Ich drückte ab, und er ließ den Arm sinken, indem er einen Schrei ausstieß.
    Für einige Augenblicke gab es einen Wirrwarr. Alle liefen und schrieen durcheinander. Dann wurde es plötzlich still; eine laute, befehlende Stimme erschallte, und dann kam der Parlamentär auf mich zugerannt.
    „Señor, Sie haben unseren Häuptling in den Arm geschossen!“ rief er mir von weitem zu.
    „Das war meine Absicht“, antwortete ich ihm. „Einstweilen wollte ich ihn nur verwunden; aber die Zeit ist abgelaufen, und wenn ihr euch nicht augenblicklich ergebt, so werden wir töten, anstatt daß wir nur verwunden.“
    „Wir ergeben uns, Señor, wir ergeben uns! Sagen Sie, was wir tun sollen!“
    „Eure Krieger werden einstweilen gebunden; sie haben sich bei uns einzustellen, aber einzeln, einer nach dem anderen. Wer von ihnen etwa eine Waffe bei sich hat, der wird ohne Gnade erschossen. Die Waffen werden von einigen Frauen gesammelt und uns gebracht. Je williger ihr diesen Befehlen gehorcht, desto besser für euch, denn desto leichter können wir euch Vertrauen schenken.“
    Mit diesem Bescheid ging er wieder nach dem Dorf, und gleich darauf kamen die Männer zu uns heraus, unbewaffnet und einer nach dem anderen, wie ich es angegeben hatte. Dann brachten Frauen die vorhandenen Kriegswerkzeuge, welche unter die Tobas verteilt wurden. Die gefesselten Männer erhielten einige Wächter, und nun waren wir Besitzer des Dorfes, denn auch die Hirten hatten dem Bescheid der anderen folgen und sich ergeben müssen.
    Jetzt zeigte sich, welche Macht der Desierto über seine Leute besaß. Keinem von ihnen fiel es ein, zu plündern oder sonst eine Ausschreitung zu begehen. Das Dorf wurde enger eingeschlossen, und dann besichtigten einige von uns die Häuser, um nach etwa noch vorhandenen Waffen zu suchen. Es wurden keine gefunden.
    Es verstand sich ganz von selbst, daß Beute gemacht werden sollte. Die Mbocovis mußten bestraft und die Tobas für den Kriegszug entschädigt werden. Nur fragte es sich, was alles unter den Begriff Beute zu fallen habe. Einige

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