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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Es sind ja noch ganz andere Dinge geschehen. Die Leichen, das heißt die Gerippe liegen noch heute hier auf der Insel, ein Kreuz bildend und mit allem ihrem Geschmeide angetan.“
    „Ich verstehe. Diese Fabel hat der Sendador sich gar nicht übel zurechtgelegt. Die Geschichte von dem Leichenkreuz und den Schätzen ersann er, um Sie nach der Insel zu locken. Die Messer durften Sie mitnehmen, weil diese notwendig waren, um Schilf und Bambus zu einem Floß zu schneiden. Andere Waffen aber waren verboten, denn wenn Sie Ihre Gewehre bei sich hätten, so wäre es Ihnen möglich gewesen, eine solche Menge von Krokodilen zu erlegen und zu verscheuchen, daß Sie ohne Schaden wieder an das Ufer hätten gelangen können. Haben Sie das alles denn wirklich geglaubt?“
    „Ja.“
    „Und es ist Ihnen gar kein Zweifel gekommen?“
    „Nicht eher, als bis er uns verließ.“
    „Haben Sie sich alle auf einmal auf dem Floß befunden?“
    „Ja. Wir hatten Platz genug.“
    „Wurden Sie nicht von den Krokodilen belästigt?“
    „Nein. Diese Tiere richteten ihre Aufmerksamkeit erst später auf das Floß.“
    „Sie stiegen alle an das Land?“
    „Alle, nur der Sendador nicht. Als wir ihn fragten, warum er auf dem Floß bleibe, antwortete er uns höhnisch, daß er uns das Vergnügen gönne, uns allein in die Kostbarkeiten zu teilen.“
    „Und Sie hielten ihn nicht zurück?“
    „Wir konnten nicht, denn er war schon wieder abgestoßen; die Krokodile kamen herbei, und wir hatten die Stangen auf dem Floß gelassen. Erst die Worte, welche er uns dann noch aus der sicheren Ferne zurief, daß er unsere Frauen mit den Indianern verheiraten und die schönsten unserer Töchter für sich selbst behalten werde, während uns hier die Krokodile auffressen würden, enthüllten seine Absicht. Wir wollten nur schwer an unsere Lage glauben. Vielleicht hatte der Sendador nur gescherzt. Wir durchsuchten die Insel nach den Inkas.“
    „Natürlich fanden Sie nicht die geringste Spur von ihnen!“
    „Nichts, gar nichts fanden wir. Da waren wir denn doch überzeugt, daß es auf unseren Untergang abgesehen sei. Von da an saßen wir beisammen und berieten uns. Aber keinem kam ein guter Gedanke. Darum sind wir alle voller Dank gegen Sie und Ihre Freunde. Hoffentlich findet sich eine Gelegenheit, Ihnen diesen Dank abzutragen.“
    „Denken Sie nicht daran! Suchen wir vor allen Dingen, von dieser unglückseligen Insel fortzukommen.“
    „Wird das Floß uns alle tragen?“
    „Probieren wir es wenigstens.“
    Die Probe erwies, daß wir es wagen konnten. Die zwanzig Unbewaffneten mußten sich lang nebeneinander legen, damit das Gleichgewicht des Floßes nicht gestört wurde. Fünf griffen zu den Staken, und wir andern knieten am Rand, um die etwas sich zu weit heranwagenden Krokodile zu erschießen. Da das Floß jetzt schwerer beladen war als vorher, ging es tiefer als auf der Herüberfahrt, aber es ragte doch so weit aus dem Wasser empor, daß wir nicht naß wurden.
    Nachdem wir wieder einige der Alligatoren erlegt hatten, bemerkten die übrigen, daß es für sie gefährlich sei, in unsere Nähe zu kommen. Sie zogen infolgedessen in solcher Entfernung hinter uns her, daß wir sie nicht zu fürchten brauchten. Wir gelangten glücklich an das Ufer zurück, wo unsere erste Sorge war, nach unseren Pferden zu sehen. Es war gar nicht mein Brauch, mein Pferd in dieser Weise wie heute zu verlassen. Ich mußte es als eine Unvorsichtigkeit bezeichnen, daß nicht wenigstens einer von uns als Wächter zurückgeblieben war. Wie leicht konnten sich Indianer in der Nähe befinden und unsere Tiere davontreiben. In diesem Fall wäre es uns wohl nicht möglich gewesen, unser Vorhaben auszuführen. Glücklicherweise zeigte sich, daß meine Besorgnis überflüssig gewesen war. Da die zwanzig Männer sich wieder in Sicherheit befanden und keine Sorge mehr um sich zu haben brauchten, konnten wir beraten, was zu geschehen habe. Die Männer und Väter der bedrohten Frauen und Kinder drängten freilich zum schnellsten Handeln; aber ich riet von jeder Überstürzung ab. Eine Viertelstunde ruhiger Überlegung bringt später Stunden und wohl gar Tage ein, wie ich oft erfahren hatte.
    Natürlich war es unsere Absicht, der Wagenkarawane nachzueilen. Holten wir sie noch vor der Zeit des geplanten Überfalls ein, so hatten wir es nur mit dem Sendador zu tun. Zwar war er nicht der einzige Mann, denn die Fuhrknechte befanden sich dabei; aber Harrico versicherte, daß sie treue Leute seien,

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