35 - Sendador 02 - In den Kordilleren
Sie uns doch deutsch reden!“
„Mit dem größten Vergnügen. Ich hätte mich damals in Mexiko Ihnen gegenüber sehr gern der Muttersprache bedient, hielt dies aber, wie gesagt, für eine Unvorsichtigkeit.“
„Darf ich Sie fragen, aus welchem Teil Deutschlands Sie stammen?“
„Warum nicht? Ich bin ein Preuße.“
„Aus welcher Provinz?“
„Schlesien. Ich bin aus Breslau.“
Wir sprachen nun natürlich über unser gemeinsames Vaterland und kürzten so unsern Weg ab.
Mittlerweile hatten wir schon zweimal die Pferde gewechselt, und nun war es dunkel geworden. Das hinderte uns aber wenig, denn Pena war ein vortrefflicher Führer, und wenn er ja einmal in Zweifel gekommen wäre, so hätte Gomarra ihn mit Auskunft unterstützen können.
Der Weg war beiden freilich nicht bekannt; aber die Richtung wußten sie, und da sie die Eigenart der Gegend früher studiert hatten, so brauchten wir uns nicht zu fürchten, uns etwa zu verirren.
Nach und nach trat der Camp zurück, und das Buschwerk wurde häufiger. Auch Bäume gab es, aber sie standen so weit auseinander, daß sie uns nur sehr wenig hinderlich waren. Die Gegend bestand aus einer vollständigen Ebene, so daß der Boden uns keinerlei Schwierigkeiten bot. Die einzigen Hindernisse waren die Lagunen, welche wir entweder umgehen oder an schmalen Stellen durchreiten mußten. Dazu standen die Sterne am Himmel, und für später war der Mond zu erwarten.
So ritten wir mehrere Stunden durch das abendliche Halbdunkel, bis wir auf eine breite Ausspülung des Erdbodens stießen, bei deren Anblick Pena in frohem Ton erklärte:
„Das ist der Weg zum Kreuz des Urwaldes. Ich habe mich also nicht geirrt.“
„Ein Weg?“ fragte ich. „Das hat eher das Aussehen eines Flußbettes.“
„Ist es auch. Wenn zur Regenzeit die Wasser vom Gebirge stürzen, so breiten sie sich weit über die Ebene aus. Es entstehen an tieferen Stellen Nebenarme des Flusses Salado, welche ihre Wasser an geeigneten Stellen dem Hauptarm wieder zuführen. An einem solchen Nebenarm befinden wir uns.“
„Aber können da Wagen fahren?“
„Gewiß. Dieses Flußbett bietet fast die einzige Gelegenheit, per Wagen nach dem Kreuz zu gelangen. Natürlich benutzen wir es jetzt auch.“
„Meinen Sie nicht, daß wir dabei auf den Sendador stoßen werden?“
„Nein, denn wir haben ihn überholt. Er befindet sich hinter uns.“
„Das wäre ja vortrefflich, denn wir würden noch vor ihm beim Kreuz ankommen. Wie weit haben wir bis dorthin?“
„In drei Viertelstunden sind wir dort.“
„Hm! Ich wollte, ich hätte die Gegend einmal gesehen, weil wir dort höchst wahrscheinlich gezwungen sein werden, zu kämpfen. In einem solchen Fall ist es stets vorteilhaft, die Gegend genau zu kennen.“
„Nun, ich kenne sie und kann sie Ihnen beschreiben. Meiner Ansicht nach hat vor alter Zeit ein Kloster dort gestanden, denn es sind noch Mauern vorhanden, und einst entdeckte ich sogar den Eingang zu einem Kellergewölbe.“
„Dann stammt dieser Bau freilich von den Weißen; denn die hiesigen Indianer bauen kein Gewölbe. Ist die Gegend ebenso wie hier? Hat sie Wald?“
„Es gibt dort einen Hügel, um dessen Fuß sich unser Flußbett schlingt. Seine Seiten sind mit Bäumen bewachsen, und auf dem Gipfel liegen die Ruinen des Bauwerks, von welchem ich sprach. Auf dem höchsten Punkt, der hinab zum Fluß blickt, steht das Kreuz des Urwaldes.“
„Führt ein Weg, welcher von Wagen benutzt werden kann, auf den Hügel?“
„Nein – der Sendador wird mit seinen Karren unten am Hügel halten.“
„Und dort wird er von den Indianern erwartet. Es ist anzunehmen, daß sie sich nicht sofort sehen lassen werden. Sie werden sich verstecken.“
„Das denke ich auch. Sie werden den Überfall nicht eher unternehmen, als bis sie mit dem Sendador gesprochen haben.“
„Er wird sie also aufsuchen, um ihnen mitzuteilen, daß sein Anschlag gegen die Männer gelungen sei, und daß sie sich nun die Frauen und Kinder holen können. Ich denke, daß die Roten oben in dem Gemäuer stecken werden.“
„Auch ich bin so sehr davon überzeugt, daß ich glaube, darauf schwören zu können.“
„So dürfen wir nicht ganz bis an den Hügel reiten, weil man uns sonst bemerken würde. Vielleicht haben die Indianer sogar Posten aufgestellt.“
„Das glaube ich nicht. Sie haben keine Veranlassung dazu. Sie erwarten ja nur die Wagen mit den Weibern. Etwas anderes wäre es, wenn sie das Nahen einer bewaffneten Kriegerschar
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