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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vollständig baum- und strauchloses Land, wohl die Insel, auf welche wir es abgesehen hatten.
    Für unsere Zwecke hoch willkommen, befand sich ein aus Schilf und Bambus zusammengesetztes Floß am Ufer. Man sah es demselben an, daß es erst vor ganz kurzer Zeit gefertigt worden war. Auch bemerkten wir die Stellen, an welchen die Bambusse und Schilfhalme abgeschnitten oder abgebrochen worden waren. Vier oder fünf lange Bambusstangen, welche auf dem Floß lagen, zeigten die Art und Weise, in welcher das letztere bewegt worden war.
    Ich zog mein Fernrohr und schaute nach dem drüben im Wasser liegenden flachen Land. Ja, es war eine Insel, und ganz deutlich unterschied ich Männergestalten, welche sich auf derselben bewegten.
    „Ist's die Insel? Was sahen Sie?“ fragte der Bruder.
    „Sie ist es, und ich sehe auf derselben die Leute gehen, welche wir suchen.“
    „Gott sei Dank! So kommen wir also nicht zu spät. Hier liegt das Floß. Sie hatten recht, Señor, als Sie vorhin vermuteten, daß man ein solches gebaut haben werde. Es ist alles, alles genau so, wie Sie sagten. Steigen wir schnell ab, um die Ärmsten zu erlösen!“
    Er schwang sich vom Pferd und eilte nach dem Floß. Die andern taten dasselbe.
    „Halt, Señores!“ rief ich ihnen zu. „Wir müssen erst für die Pferde sorgen. Am besten ist es, wir führen sie hinaus auf den Camp und pflocken sie da an. Da mögen sie grasen.“
    Der Vorschlag wurde ausgeführt. Sodann kehrten wir zum Floß zurück. Es war nicht angebunden, sondern so weit an das flache Ufer gestoßen, daß es fest sitzen geblieben war. Die einzelnen Teile desselben hatte man durch Schlingpflanzen zu einem festen Ganzen vereinigt.
    Kaum hatten wir es betreten, so schossen zahlreiche Krokodile herbei. Es waren ihrer so viele, daß sie einander berührten, und in dieser Menge boten sie einen Anblick; welcher gar nicht zu beschreiben ist.
    „All devils!“ rief Turnerstick. „Jetzt begreife ich erst die Gefahr, in welcher sich die armen Menschen befinden. Bei einer solchen Schar von Bestien käme keiner von ihnen an das Land zurück. Wollen die Kreaturen etwas fern von uns halten.“
    Er griff nach seinem Gewehr.
    „Aber nur in die Augen, Sir!“ sagte ich ihm.
    „Well! Weiß schon. Durch die Hochzeitsfracks dieser sauberen Herrschaften geht ja keine Kugel.“
    Die Alligatoren schlossen uns förmlich den Weg. Sie drängten sich bis auf nur wenige Ellen an das Floß heran; ihre Rachen klappten auf und zu, und die kleinen tückischen Augen waren gierig auf uns gerichtet.
    Wir konnten nicht vorwärts. Wir mußten uns mit unsern Kugeln Bahn brechen. Die ersten Schüsse fruchteten wenig, und erst als wir wohl gegen zwanzig der Ungeheuer erlegt hatten, erhielten wir dadurch Luft, daß die andern über dieselben herfielen und sie in tieferes Wasser zerrten, um sie zu zerreißen und zu verzehren. Es war eine wirklich scheußliche Szene.
    „Ich begreife nicht, wie es den Männern, falls sie unbewaffnet waren, gelingen konnte, von hier nach der Insel zu kommen!“ sagte der Bruder.
    „Es läßt sich erklären“, antwortete ich. „Die Tiere waren zerstreut und haben sich erst dann hier zusammengefunden, als sie durch die Hin- und Rückfahrt des Floßes darauf aufmerksam wurden, daß es hier vielleicht Beute gebe. Auch glaube ich, daß man sie mit den Bambusstangen von sich abwehren kann. Ein tüchtiger Hieb oder Stoß, zumal in das Auge, wird selbst von so einem Tier gefühlt.“
    Jetzt, da der Weg nun leidlich frei war, griffen wir zu den erwähnten Stangen und stakten uns vom Ufer fort. Wir mußten die tieferen Stellen des Wassers benutzen, doch betrug die Tiefe derselben nicht mehr als höchstens vier oder fünf Ellen. Sobald das Floß in Bewegung war, getraute sich keins der Krokodile mehr in die Nähe desselben; desto ausdauernder aber kamen sie hinterdrein geschwommen. Gefahr gab es nicht, aber unleidlich war der Gestank, welcher von diesen Sauriern ausging.
    Mir war es ein Rätsel, wovon die Tiere lebten. Hatte es früher Fische und andere Tiere im Wasser gegeben, so mußten dieselben von den Krokodilen doch längst ausgerottet worden sein. Die Bestien lebten vielleicht nur von den schwächeren Individuen ihrer eigenen Sippe.
    Da fünf Stangen in kräftiger Bewegung waren, so näherten wir uns der Insel so schnell, daß wir die darauf befindlichen Personen bald mit bloßen Augen erkennen konnten. Auch sie sahen uns. Sie standen am Ufer. Aber anstatt uns zuzurufen, verhielten sie sich

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