36 - Das Vermächtnis des Inka
Buenos Aires, wo der Vater Jaguar ihn an die Salina del Condor erinnert hatte, worauf der Gambusino so laut, daß die Schläfer beinahe aufwachten, ausrief: „Er ist's gewesen; jedenfalls war er's! Nimm dich vor ihm in acht! Wie war der Mann, den du auf der Salina getroffen, gekleidet?“
„Ganz in Leder. Dazu hatte er einen breitrandigen Hut auf dem Kopf.“
„Es stimmt; es stimmt! Genau so geht der Vater Jaguar, wenn er sich nicht in einer Stadt befindet. Jetzt haben wir einen Grund mehr, ihn baldigst wegzuräumen. Ich bin überzeugt, daß er, nachdem er den Indianer gefunden hat, hinter dir dreingeritten ist. Erzähle weiter!“
„Ich bin damals einen Tag und eine Nacht geritten, ohne länger als einige Minuten anzuhalten, und habe mir alle Mühe gegeben, meine Spur unsichtbar zu machen. Der Erfolg zeigt, daß mir dies gelungen ist. Natürlich war ich ganz begierig darauf, die Barranca nach Gold zu untersuchen, mußte dies aber unter diesen Umständen auf einige Wochen verschieben. Diese Zeit brachte ich in Chicana zu, wo ich so glücklich war, einen Althändler zu finden, welcher mir die goldene Beute abkaufte und leidlich bezahlte, ohne viel danach zu fragen, wie ich zu diesen Gegenständen gekommen war. Die Summe, welche ich erhielt, verlockte mich, nach Salta zu gehen. Dort fand ich Gelegenheit zum Spiel und verlor so viel, daß mir kaum das verblieb, was ich brauchte, um mich für den Ritt nach der Barranca auszurüsten.“
„Er war aber ohne Erfolg?“
„Leider! Als ich an die Stelle kam, wo ich den Indianer erschossen hatte, war keine Spur mehr von ihm zu sehen. Die Kondors hatten sogar seine Knochen verschleppt. Dann in der Barranca angekommen, habe ich sie Fuß für Fuß, Zoll für Zoll durchsucht, ohne das geringste zu finden. Auch so oft ich später wieder hingekommen bin, ist mein Nachforschen vergeblich gewesen. Und doch bin ich überzeugt, daß dort Kostbarkeiten-verborgen liegen, welche einst den Herrschern von Peru gehört haben.“
„Das ist allerdings leicht möglich. Du hast deine Nachforschungen jedenfalls nicht sorgfältig genug angestellt. Zu so etwas gehört ein Scharfsinn, welcher eine weit längere Übung und Schulung durchgemacht hat, als die deinige ist.“
„Das habe ich mir auch schon gesagt, und darum denke ich, in dir den rechten Mann gefunden zu haben. Du würdest also bereit sein, mit hinauf nach der Schlucht zu gehen?“
„Ja. Und je eher wir dies tun können, desto besser wird es sein. Man soll nicht zaudern, wenn es sich um so wertvolle Sachen handelt. Der Zufall könnte gar leicht einen anderen hinführen, welcher das entdeckt, was du trotz aller Mühe nicht gesehen hast. Sollte unser Zug gegen die Cambas aus irgendeinem Grund eine andere Wendung nehmen, als wir erwarten, so sind wir arme Leute geworden und können nichts Besseres tun, als schleunigst nach den Bergen reiten, um uns die Schätze deines toten Indianers anzueignen.“
„Meinst du denn, daß wir sie finden werden?“
„Ich halte es mehr für wahrscheinlich als für unwahrscheinlich. Deutliche Spuren, nach denen wir uns richten können, werden wir freilich nicht finden, aber es gibt doch einen oder gar einige Anhaltspunkte, welche uns von Nutzen sein werden.“
„Welche sind das?“
„Durch diese Frage lieferst du eben den Beweis, daß du nicht erfahren und scharfsinnig genug bist. Man muß scharf nachzudenken verstehen. Jener Indianer stieg auf der einen Seite in die Schlucht hinab und kam auf der anderen wieder empor. Warum das? Warum kam er nicht auf der ersteren zurück?“
„Jedenfalls deshalb, weil auf der anderen Seite der Weg leichter war.“
„Keineswegs. Wer in der Nacht einen so halsbrecherischen Abstieg wagt, der fragt am allerwenigsten dann am Tage nach der Schwierigkeit des Terrains. Nein; er ist jenseits emporgestiegen, weil er dort gearbeitet hat. Dort unten liegt der Ort, den wir suchen. Als er fertig war, hat er es nicht für nötig gefunden, dadurch, daß er zurückkehrte, einen Umweg zu machen, sondern ist von der Stelle, an welcher der Schatz liegt, stracks bergan geklettert. Das ist das eine, und wenn wir erst dort sind und ich die Örtlichkeit genau in Augenschein nehme, so werden sich auch noch andere Fingerzeige ergeben. Nur fragt es sich natürlich, welche Ansprüche du machst und welche du dann mir zu machen erlaubst.“
„Du meinst, welche Teile auf mich und dich kommen sollen?“
„Ja.“
„Ich habe die Sache entdeckt und darf also mehr fordern. Zwei
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