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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gute Laune hast, daß es dir beikommt, Scherz mit uns zu treiben, so will ich dich bald in eine andere Stimmung bringen! Ich will wissen, wer euch befreit hat!“
    „Und ich kann nichts anderes antworten, als was ich schon gesagt habe. Wir haben uns selbst losgemacht.“
    „Auf welche Weise?“
    „Fällt mir nicht ein, dies zu verraten!“
    „Wenn du nicht reden willst, werde ich dir den Mund öffnen!“
    „Auch dann sage ich nichts. Wenn ich es erklärte, und ihr hängt uns wieder auf, könnten wir dann nicht herunter, denn ihr würdet euch besser vorsehen.“
    „Ist das etwa wieder Hohn? Ich weiß, wer euch befreit hat. Ist's nicht der Vater Jaguar gewesen?“
    „Seid jetzt nicht so neugierig! Später werden wir es Euch erzählen.“
    Er nahm seinen Herrn bei der Hand und eilte mit ihm fort, zum Felsentor hinein. Antonio Perillo zog seine Pistole und wollte ihnen nach, um sie zum Stehenbleiben zu zwingen, aber der Gambusino meinte, indem er höhnisch auflachte: „Laß sie nur! Sie entgehen uns nicht. Sie scheinen nicht zu wissen, daß sich die Krieger schon hier befinden, und werden arg erschrecken, wenn sie dieselben sehen.“
    „Mir fällt ein Stein vom Herzen!“ fiel Perillo in das Gelächter ein. „Jetzt werden wir bald erfahren, was wir über ihr rätselhaftes Verschwinden zu denken haben, und es wird uns das Vergnügen, sie noch einmal aufhängen zu können. Reiten wir ihnen nach!“
    Sie folgten den Vorangeflohenen. Der Kapitän Pellejo machte den letzten. Als sie das Tor hinter sich hatten, sahen sie den Doktor und seinen Diener eben rechts hinter den nächsten Büschen verschwinden. Zu gleicher Zeit aber sahen sie noch etwas oder vielmehr noch jemand, das heißt, einen Menschen, welcher nicht verschwand, sondern erschien. Er trat soeben am linken Rand des Tales unter den Bäumen hervor. Wer ihn einmal gesehen hatte, der mußte ihn stets und überall wieder erkennen.
    „Todos los diablos!“ rief der Gambusino. „Das ist der Vater Jaguar.“
    Er hielt unwillkürlich sein Pferd an, und die beiden anderen taten mit den ihrigen dasselbe. Da sahen sie hinter dem Vater Jaguar ein leichtes Rauchwölkchen erscheinen, und im nächsten Augenblick krachte ein Schuß. Was nun geschah, kann unmöglich im zehnten, ja nicht im fünfzigsten Teil der Zeit erzählt werden, in welcher es sich abspielte.
    Der Vater Jaguar war von allen, welche auf das Nahen der Feinde warteten, der ruhigste gewesen. Er wußte, woran er war. Und dann, als der Häuptling der Aripones im Tal erschien und allen Cambas das Herz klopfte, bewahrte er dieselbe Ruhe. Er lehnte am Stamm eines Baumes und beobachtete durch das Gebüsch, welches er vor sich hatte, den Anmarsch der Feinde. Aber eben dieses Gebüsch, welches so dicht sein mußte, daß es ihn verbarg, hinderte ihn, genau zu sehen. Er konnte die Gesichtszüge der einzelnen, oft sogar selbst ihre Gestalten nicht erkennen. Er sah erst die Roten kommen, dann die weißen Reiter, und als hierauf der Zuzug stockte, weil der Gambusino, Perillo und Pellejo draußen geblieben waren, glaubte er, daß nun alle im Tal versammelt seien. Darum sagte er zu dem Leutnant Verano: „Bleiben Sie stehen, bis ich wiederkomme. Sollte ich aber schießen, so können Sie mit Ihren Kugeln so viele Aripones niederstrecken, wie Ihnen beliebt.“
    Er trat aus dem Gesträuch hervor, um sich nach dem Mittelpunkt der Feinde zu begeben. Zwar sah er in diesem Augenblick erst den Gambusino mit seinen beiden Begleitern erscheinen; aber er konnte unmöglich wieder zurück. Verano aber hielt seine Zeit für gekommen. Er hob sein Gewehr, legte es an, zielte auf den Häuptling der Aripones und drückte ab. Der Schuß krachte, und der Häuptling stürzte, durch den Kopf getroffen, am Wasser nieder. Eine halbminutenlange Pause des Entsetzens folgte; dann erhoben die Aripones ein Geheul, welches von den Wänden des Tales widerhallte. Der Vater Jaguar wendete sich, als der Schuß hinter ihm krachte, blitzschnell um. Er sah den Leutnant mit noch erhobenem Gewehr stehen und stand nach einigen raschen Sprüngen neben ihm.
    „Schurke, Verräter, Mörder!“ donnerte er ihn an. „Ist das der Gehorsam, den ich von dir forderte!“
    „Ich habe keinem Menschen zu gehorchen“, antwortete der Mann trotzig.
    „Auch Gott nicht, welcher den Mord verboten hat? Und du bist nicht ein einfacher, sondern ein Massenmörder!“
    „Ich habe nur den Häuptling erschossen!“
    „Nein, denn dein Schuß ist das Signal zu sechshundert

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