36 - Das Vermächtnis des Inka
zwei. Sie konnten sich auch draußen nicht an uns wagen, denn wenn sie in Schußweite herangekommen wären, hätten wir sie von den Pferden schießen können.“
„Das sagst du, weil du diesen Vater Jaguar nicht kennst. Er besitzt nicht nur so außerordentliche Körperkräfte, daß selbst ich im Ringkampf mit ihm unterliegen würde, sondern ist auch der beste Schütze, den ich kenne. Man hat nie gehört, daß er einen Fehlschuß getan hat, und damals, als ich ihn kennenlernte, war seine Büchse als die weittragendste bekannt. Er hat sie jedenfalls noch. Hätten wir ihn draußen erwartet, so wären wir von seinen Kugeln viel eher erreicht worden als er von den unsrigen. Das ist so sicher, daß ich es beschwören kann. Es gab für uns nur den einen Rettungsweg, den wir auch eingeschlagen haben, nämlich uns hier in den Wald zu flüchten, in welchen er uns nicht folgen kann, da wir da vollständige Deckung haben und jeden Feind, welcher seine Annäherung durch das dabei unvermeidliche Geräusch verraten müßte, niederschießen würden.“
„Du magst recht haben. Wir können hier ruhig abwarten, bis die beiden Kerls sich entfernt haben, und reiten dann weiter.“
„Weiterreiten? Darauf müssen wir verzichten.“
„Wieso?“
„Weil wir keine Pferde haben werden.“
„Sie stehen doch draußen! Wir sehen sie von hier. Sie sind, als wir absprangen, nur eine kleine Strecke weiter gelaufen.“
„Das weiß ich wohl, denn ich sehe sie ebensogut wie du. Aber denke ja nicht, daß der Vater Jaguar so dumm sein wird, sie uns zu lassen. Wir werden den größten Teil des weiten Weges nach der Barranca del Homicidio zu Fuß zurücklegen müssen. Horch! Da siehst du, daß ich recht gehabt habe.“
Es waren nämlich draußen soeben zwei Schüsse gefallen, worauf die beiden Pferde, von den Kugeln Hammers getroffen, tot niederstürzten. Der Gambusino hatte den Vater Jaguar ganz richtig beurteilt. Dieser letztere wußte ganz genau, wie er unter den gegenwärtigen Verhältnissen zu handeln hatte. Als die beiden Flüchtlinge von ihren Pferden sprangen und im Wald verschwanden, hatte der alte Anciano fröhlich ausgerufen: „Sie sehen ein, daß wir sie einholen werden, und verstecken sich in den Büschen. Jetzt haben wir sie. Wir müssen ihnen nach, schnell hinter ihnen her!“
Er wollte sein Pferd zu möglichst noch größerer Eile antreiben, um die Stelle, an welcher die beiden verschwunden waren, schnell zu erreichen; aber Hammer, welcher eng neben ihm ritt, griff ihm in die Zügel, und es gelang ihm, die Pferde nach einigen Sätzen anzuhalten.
„Was fällt dir ein?“ sagte er. „Willst du direkt in den Tod reiten? Wir müssen anhalten.“
„Anhalten?“ fragte der Alte erstaunt. „Denn entgehen sie uns ja! Sie werden trotz der Dichtheit des Waldes so tief in denselben eindringen, daß es uns unmöglich ist, sie zu finden.“
„Nein, das werden sie nicht. Ich wette, sie sind am Rand des Gebüsches stehengeblieben, um uns, mit den Gewehren in den Händen, zu erwarten. Wenn wir uns ihnen nähern, bekommen wir ihre Kugeln.“
„Das ist wahr, Señor; daran dachte ich nicht. Aber sollen wir diese Halunken entkommen lassen?“
Der Vater Jaguar antwortete nicht sofort. Sein Gesicht nahm den Ausdruck grimmiger Entsagung an. Er blickte eine Weile finster vor sich nieder und sagte dann, indem das zornige Knirschen seiner Zähne zu hören war: „Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als unverrichteter Sache zurückzureiten.“
„Aber ich will und muß diesen Antonio Perillo, diesen Mörder, haben.“
„Und ich will und muß den Gambusino erreichen; aber wenn wir uns zur Unvorsichtigkeit hinreißen lassen, werden sie uns bekommen anstatt wir sie.“
„Gibt es denn kein Mittel, keinen Weg, Señor? Sie sind so erfahren, so listig. Sie sind niemals um eine Auskunft verlegen. Sollten Sie gerade jetzt, wo es sich um alles handelt, wo wir schon so nahe am Ziel waren, von Ihrem Scharfsinn verlassen werden?“
„Nein, doch nicht so ganz, wie du denkst“, antwortete Hammer, indem sein Gesicht sich wieder aufzuheitern begann. „Wir müssen sie laufen lassen, aber doch nur einstweilen. Wir kennen den Ort, an welchem sie sich jetzt befinden, und werden ihrer Fährte folgen.“
„Aber dies können wir doch nicht jetzt, sondern erst später tun!“
„Allerdings. Jetzt müssen wir nach dem Tal zurückkehren, wo meine Anwesenheit zunächst notwendiger sein wird als hier.“
„Dann kommen die beiden Schurken hervor,
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