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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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anderen. Horch!“
    Von beiden Seiten des Tales krachten die Schüsse der Cambas unter den Bäumen hervor. Man sah die Aripones in Massen niederstürzen, und vorn am Eingang rief eine laute, donnernde Stimme: „Flieht, rettet euch! Ihr seid von allen Seiten umzingelt!“
    Es war der Gambusino, welcher diese Worte mit solcher Stimme rief, daß sie über das ganze Tal hin schallten. Dann warf er sein Pferd herum und jagte hinaus. Antonio Perillo und der Kapitän Pellejo folgten ihm. Dies geschah, während der Vater Jaguar seine letzten Worte zu dem Leutnant gesprochen hatte; darum fuhr er ergrimmt fort: „Schon sind wenigstens hundert tot, und dort entkommen diejenigen, die ich haben wollte und haben muß. Ich habe dir gesagt, wie ich einen solchen Mord bestrafen würde; du aber hast nicht auf meine Warnung gehört. Hier, nimm deinen Lohn!“
    Er riß den Revolver hervor, hielt ihn dem Leutnant blitzschnell an die Schläfe und drückte ab. Der Ungehorsame brach augenblicklich tot zusammen. Dann warf der gewaltige Mann einen schnellen Blick über das Tal. Eben krachte eine neue Salve der Cambas, welche zehnfach gefährlich waren, weil sie von den Aripones nicht gesehen werden konnten, und die letzteren stürzten zu zehn und zwanzig zusammen. Was sollte er tun? Den Gambusino und Antonio Perillo, auf welche es hier ankam, entkommen lassen oder hierbleiben, um dem Morden Einhalt zu tun? Da eben kam Geronimo mit den Seinen durch den Eingang gestürmt; das brachte ihn schnell zur Entscheidung. Er rannte auf eins der Ariponespferde zu, welche, von den Schüssen erschreckt, scheu im Tal herumrannten, und sprang auf. Zu gleicher Zeit mit ihm kam der alte Anciano mit geschwungenem Gewehr gesprungen, warf sich auf ein zweites und rief ihm dabei zu: „Señor, Antonio Perillo, der Mörder meines Inka, entkommt. Ich muß ihm nach, muß ihn haben!“
    „Ich reite mit“, antwortete er. „Halt dich zu mir!“
    Sie jagten nebeneinander nach dem Eingang zu. Dort hielt der Vater Jaguar sein Pferd für einen Augenblick an und rief seinem Geronimo zu: „Hast du die drei fliehenden Reiter gesehen?“
    „Ja. Wir konnten sie nicht halten, da wir kein Pferd hatten.“
    „Nach welcher Seite haben sie sich gewendet?“
    „Nach links, vom Tal aus.“
    „Tu schnell dem Blutvergießen Einhalt! Der Kampf mag ruhen, wenigstens bis ich wiederkomme!“
    Dann schoß er mit dem alten Anciano zwischen den beiden Felsen hindurch und riß sein Pferd nach links herum, wo er die Spuren der Flüchtigen im Gras sah.
    Von dem Augenblick an, wo der Gambusino seine Warnung ausgerufen und das Tal verlassen hatte, bis zum gegenwärtigen Moment waren höchstens zwei Minuten vergangen, und doch waren die Gestalten der drei Reiter schon fast am nördlichen Horizont zu sehen. So sehr beeilten sie sich, und so groß war ihre Furcht vor dem Vater Jaguar!
    „Wir holen sie nicht ein, denn wir haben fremde Pferde, welche nichts taugen“, knirschte der alte Anciano.
    „Wir holen sie ein, denn wir müssen sie haben. Gib deinem Gaul das Messer! Mag er immer sterben, wenn er dich nur bis zu ihnen trägt!“
    Die beiden standen, um ihre Last zu verringern, mit vorgebeugten Oberkörpern hoch in den Bügeln und trieben ihre Pferde durch Schläge und Sporen an. Der Zwischenraum verringerte sich, aber nicht rasch genug. Da zog der Vater Jaguar sein Messer und stach seinem Pferd die Spitze desselben in das Fleisch. Er, der Tierfreund, welcher sich sogar hütete, einem Wurm Schmerzen zu bereiten, quälte jetzt das Pferd, um seinen Todfeind zu erreichen, den er so lange Jahre vergeblich gesucht hatte und nun wieder aus den Augen verlieren sollte. Anciano bediente sich desselben Mittels, und die armen Tiere strengten ihre Kräfte auf das äußerste an. Sie flogen nur so über den ebenen, grasigen Plan, parallel mit dem Rand des Waldes, welcher sich von dem Tal des ausgetrockneten Sees aus nach Norden erstreckte. Der Zwischenraum verringerte sich mehr und mehr, und die Fliehenden verloren zusehends den Vorsprung, den sie gehabt hatten.
    „Wenn man ihnen ihre Pferde unter den Beinen wegschießen könnte!“ keuchte Anciano.
    „Leichtigkeit!“ antwortete der Vater Jaguar.
    „Leichtigkeit? Ich halte es für unmöglich.“
    „So hast du mich noch nicht schießen sehen.“
    „Dann bitte ich dich dringend, es doch zu tun!“
    „Fällt mir nicht ein!“
    „Warum?“
    „Weil das die größte Dummheit wäre, welcher ich mich schuldig machen könnte.“
    „Das begreife ich

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