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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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genau so wie am vorhergehenden, nur daß sich mehr als bloß zwei Gäste einstellten. Sereno hatte eben sein Geld gezählt und eingeschlossen, so hörte er die Fußtritte vieler Menschen vor der Tür. Diese wurde geöffnet, und es traten sechsundzwanzig wohlbewaffnete Männer ein, welche alle vom Kopf bis zu den Füßen ganz gegen Landessitte in Leder gekleidet waren und breitkrempige Hüte trugen. Nur zwei von ihnen hatten keine Hüte. Sie gingen barhäuptig und hatten ihr Haar sehr lang über den Rücken hinabhängen. Ihren Gesichtszügen nach schienen sie Indianer zu sein. Der eine war jung; der andere aber schien ungewöhnlich alt zu sein.
    Die anderen waren Weiße von ausnahmslos kräftiger Gestalt. Der Wirt erinnerte sich, diesen oder jenen von ihnen schon einmal gesehen zu haben, konnte sich aber nicht besinnen, wann und wo. Der Stärkste und Längste von ihnen hatte weißes Kopf- und Barthaar und schien von den anderen als Anführer respektiert zu werden. Sie machten den Eindruck von Männern, welche zu leben verstehen, niemanden ohne Grund beleidigen, aber selbst auch für jede Beleidigung sofort einen Messerstich oder eine Kugel haben.
    Trotz der großen Zahl der Gäste verursachten sie bei ihrem Eintritt und Ablegen ihrer Waffen nicht den geringsten Lärm; dann schoben sie sich zwei Tische und die dazu nötigen Stühle zusammen und setzten sich. Hierauf sagte der riesige Weiße, mehr höflich bittend als befehlend: „Señor Rodrigo, geben Sie uns Wein, für je zwei Mann eine Flasche!“
    Der Wirt verbeugte sich höflichst bei dieser Bestellung, welche ihm etwas zu verdienen gab, doch mehr aus wirklichem Respekt, den ihm der Besteller einflößte, als aus Eigennutz und antwortete dabei: „Sie kennen meinen Namen, Señor. Sollten wir uns vielleicht schon einmal gesehen haben?“
    „Ich erinnere mich nicht, doch pflege ich mich nach dem Namen der Leute, bei denen ich einkehre, vorher zu erkundigen.“
    „Dann darf ich wohl auch nach dem Ihrigen fragen, damit ich weiß, wie ich Sie zu nennen habe?“
    „Ich heiße Hammer, doch verlange ich nicht, daß Sie mich bei diesem Namen nennen.“
    Das war so stolz und abweisend gesagt, daß der Wirt schnell hinter der Tür verschwand, um den bestellten Wein zu bringen. Als er dann diesen und die Gläser auf den Tisch gesetzt hatte, fragte der Weiße: „Können wir binnen einer Stunde gut gebratenen Asado con cuero bekommen?“
    „So viel Sie wollen, Señor.“
    „Nur so viel, wie sechsundzwanzig hungrige Männer essen können. Und dann lassen Sie Ihre Maultiere in den Hof, denn wir werden sie uns ansehen, um sechsundzwanzig Stück zu kaufen.“
    Sechsundzwanzig Stück! Und zwar sofort bezahlen, ganz sicher nicht borgen! Dazu sechsundzwanzig Braten in der Haut und dreizehn Flaschen Wein. Welch ein Geschäft! Rodrigo Sereno duckte sich vor Hochachtung zusammen, daß es aussah, als ob er eine halbe Elle kleiner geworden sei. Dann fuhr er hinaus in die Küche und weckte sein ganzes Personal, damit der Braten so schnell wie möglich fertig werde und es die Maultiere so blank putze, daß nicht ein Stäubchen mehr an ihnen hafte. Dann kehrte er in die Gaststube zurück, um, in der Nähe der zusammengeschobenen Tische sitzend, der Winke seiner Gäste gewärtig zu sein.
    Sie saßen nachdenklich und schweigend, und keiner sprach ein Wort. Das konnte der neugierige und mitteilsame Rodrigo auf die Länge der Zeit nicht aushalten. Er fuhr in immer wachsender Ungeduld auf seinem Stuhl hin und her und fragte endlich, freilich in höflichstem Ton, dessen seine Stimmwerkzeuge fähig waren: „Señores, es ist sicher, daß Sie hier in Salta fremd sind, denn sonst müßte ich Sie kennen. Darf ich vielleicht erfahren, woher Sie heute kommen?“
    „Von Tucuman“, antwortete der Weiße kurz.
    „Aber doch nicht mit der Diligence?“
    „Nein“, antwortete der Weiße noch kürzer.
    Es war ihm anzusehen und anzuhören, daß er keine weitere Frage hören wollte; aber der Wirt mochte um keinen Preis das nun einmal begonnene Gespräch fallenlassen. Er wünschte etwas, wenn auch nicht viel, über diese Señores zu erfahren; darum machte er, ja keine Frage mehr aussprechend, die Bemerkung: „Ja, der Ankunftstag der Diligence ist gestern gewesen. Es kehrten bei mir zwei Señores ein, welche mit ihr gefahren waren, zwei bekannte und sehr berühmte Señores. Sie würden sich wundern, wenn Sie ihre Namen hörten.“
    Die anderen schwiegen, aber der lustige Picaro, welcher nicht gern eine

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