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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Stunde.“
    Der Kapitän entfernte sich salutierend. Als kurz darauf die Ordonnanz erschien, um Zigaretten zu bringen und die Speisereste abzuräumen, fragte Morgenstern: „Könnte ich nicht meine Sachen bekommen, mein Lieber? Da das Schiff erst am Nachmittag von hier abgeht und ich nicht wußte, wo ich bleiben würde, haben wir unser Gepäck einstweilen an Bord gelassen. Es ist ein Bündel, lateinisch Sarcina genannt, in welchem sich Werkzeuge befinden, und ein Paket, mit Leder umwickelt, Fascis geheißen, welches Bücher enthält.“
    „Wird sofort geholt, Señor Coronel!“ Mit diesen Worten eilte der Unteroffizier hinaus.
    Nach einer Viertelstunde kehrte der Kapitän zurück und meldete, daß die Pferde bereitständen.
    „Was kosten sie?“ fragte Morgenstern.
    „Natürlich nichts, Euer Gnaden“, lächelte der Offizier.
    „Aber ich will sie ja bezahlen!“
    „Ein Zoologe braucht nicht zu zahlen.“
    „Warum nicht?“
    „Es ist die Sitte dieses Landes, Señor.“
    „Sonderbar! Dieses Land wurde von den Spaniern zivilisiert, welche ihre Sprache und Sitten von den Römern bekamen; ich habe aber nirgends gelesen, daß bei diesen letzteren die Gelehrten respektive Zoologen die Pferde gratis erhielten. Ich werde später eifrig darüber nachschlagen, da es sich dabei um ein kulturhistorisches Moment von bedeutenden Wert handelt. Es scheint, Argentinien ist das einzige Land, welches diesen schönen Gebrauch beibehalten hat. Es ist auch in anderer Beziehung höchst konservativ. Bewahrt es uns doch in seinen Pampas die Zeugen und Beweise eines längst untergegangenen Lebens auf. Ich will nicht vom Mastodon und Megatherium sprechen, aber fragen muß ich Sie doch, Señor, ob Sie schon so glücklich gewesen sind, hier einen tertiären Menschen zu sehen?“
    „Tertiär?“ antwortete der Kapitän verlegen. „Wollen Euer Gnaden befehlen, was für eine Person ich mir unter einem tertiären Menschen vorstellen soll?“
    „Ich befehle nicht, sondern ich bitte bloß. Man hat schon in den älteren Pliocänschichten Feuerspuren und Steinwerkzeuge gefunden. Später entdeckte man da gar drei menschliche Skelette. Es hat also in den Pampas schon zur mittleren Tertiärzeit Menschen gegeben, welche sonderbarerweise ein durchbohrtes Brustbein und dreizehn Rückenwirbel anstatt zwölf besaßen. Möglich, daß wir nach Jahrtausenden deren nur noch elf oder zehn oder auch noch weniger besitzen, was mich gar nicht wundern würde.“
    „Woraus zu schließen ist“, fiel Fritze sehr ernst in spanischer Sprache ein, „daß der noch spätere Mensch gar keine Knochen haben wird.“
    „Möglich“, nickte der Doktor. „Die Umbildung der Lebewesen nimmt ihren ununterbrochenen Gang, wenn wir uns die kommenden Formen auch nicht vorzustellen vermögen. Nehmen wir, um von einem interessanten Beispiel zu sprechen, den Zahn eines Höhlenbären an. Haben Sie schon einen solchen gesehen, Señor Kapitän?“
    „Nein“, schüttelte der Gefragte, der jetzt allerdings nicht wußte, was er von dem ‚Oberst‘ halten sollte.
    „Dieser Zahn, nämlich der Backzahn, ist in der Weise –“
    Er wurde unterbrochen. Es traten mehrere Soldaten herein, welche das Gepäck brachten und auf den Boden niederlegten, um sich dann zu entfernen. Das eine Bündel enthielt, wie man sah, zwei Hacken, zwei Spaten und zwei Schaufeln; das andere war aufgeplatzt, so daß ihm einige Bücher entfielen. Der Kapitän blickte sich dienstbereit, um sie aufzuheben und auf den Tisch zu legen. Dabei fiel, da sich eins derselben öffnete, sein Blick auf den Titel desselben. Da stand gedruckt ‚Nuestros predecesores de los Pampas‘ – die Vorwelt in den Pampas. Und drüben auf der Innenseite des Einbandes war der Name Dr. Morgenstern, Jüterbogk zu lesen. Schnell öffnete der Offizier das zweite, dritte und vierte Buch; sie waren alle mit demselben Namen gezeichnet. Da fragte er in hastiger Weise: „Wie nannten Sie sich vorhin, Señor – Zoologe?“
    „Doktor Morgenstern aus Jüterbogk.“
    „Ist das etwa Ihr wirklicher Name?“
    „Allerdings.“
    „Können Sie das beweisen?“
    „Sehr leicht.“
    „Womit?“
    „Mit meinem Paß.“
    „Her damit!“ Das klang befehlend, zornig. Der Gelehrte zog seine Brieftasche mit dem Paß hervor und gab den letzteren dem Offizier. Kaum hatte dieser einen Blick hineingeworfen, so rief er aus: „Que yerro y que desvergüenza! Mas aun que semejanza! Sois bribones, sois embusteros – welcher Irrtum und welche Frechheit! Aber

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