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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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statt, und ich liebe solche Operationen. Ich bin nämlich Chirurg. Was sagen Sie zu einer operativen Entfernung der Kniescheibe? Wird der Patient dann noch gehen können?“
    „Wohl schwerlich, Señor.“
    „Schwerlich? Sehr leicht sogar, Señor Anciano. Man muß es nur richtig zu machen verstehen. Ein Schnitt zur rechten Zeit und in der richtigen Weise. Mir würde er sicher gelingen. Es wäre zwar eigentlich kein Schnitt, sondern eine Arbeit mit der Knochensäge; aber das schadet nichts, denn ich säble bekanntlich alles herunter!“
    Der Alte strich sich das lange Haar aus der Stirn und sah den Sprecher mit einer gewissen Befangenheit an, da er nicht wußte, was er von dessen Worten denken und auf dieselben antworten solle. Der Chirurg bemerkte das und fragte: „Sie glauben es vielleicht nicht? O, ich habe Operationen ausgeführt, bei denen es eine wahre Wonne war, die Knochensäge arbeiten zu hören! Was halten Sie vom Klumpfuß? Ist er durch eine Operation zu heilen?“
    „Das kann ich leider nicht sagen, Señor.“
    „Nicht Señor, sondern Don! Ein solcher Edelmann, wie ich bin, wird Don genannt. Sagen Sie also einfach Don Parmesan. Wie es scheint, kennen Euer Gnaden den Vater Jaguar?“
    „Ja; ich habe ihn nicht nur schon gesehen, sondern auch mit ihm gesprochen.“
    „Das ist mir lieb! Ich lerne also in Ihnen einen Bekannten von ihm kennen. Glauben Sie, daß er bereit sein wird, zwei deutsche Señores zu retten?“
    „Deutsche? Was ist das?“
    „Leute aus Deutschland.“
    „Das kenne ich nicht.“
    „Da scheint es mit Ihren geographischen Kenntnissen schlecht zu stehen, Señor Anciano. Deutschland ist ein Land, welches jenseits des Meeres liegt, westlich von Spanien, nördlich von Rußland, südlich von England und östlich von Italien. Da haben Sie seine Grenzen. Die Leute dort sind des Teufels darauf, Riesentiere auszugraben. Bei einem solchen Geschäft sind wir von den Aripones erwischt worden.“
    „Von den Aripones? Wo war das?“
    „Jenseits des Rio Salado, aber diesseits der Laguna Porongos.“
    „Auch dort waren Aripones? Seltsam! Wie viele?“
    „Vielleicht fünfzig.“
    „Gerade so viele, wie auch wir gesehen haben.“
    „Wo?“
    „Da hinter uns im Wald.“
    „Das ist kein gutes Zeichen. Sollten diese Kerls etwa einen Einfall planen? Ich wünsche sehr, den Vater Jaguar zu finden, damit der lateinische Deutsche und sein Diener baldigst gerettet werden.“
    Er erzählte den beiden in seiner Weise das erlebte Abenteuer. Dabei gelangten sie wieder in den Wald und wurden von der Fährte, welcher sie folgten, am Saum desselben hingeführt, bis er eine kleine Bucht bildete, vor welcher sie überrascht halten blieben, denn auf derselben grasten wohl über zwanzig Pferde, und ebenso viele Männer lagen in den verschiedensten Gruppierungen umher. Sie waren wohlbewaffnet und alle, ohne Ausnahme, ganz und gar in Leder gekleidet. Als sie die Ankömmlinge erblickten, sprangen sie auf, und einer, welcher von riesiger Gestalt war und einen dichten, grauen Bart trug, kam auf sie zu.
    „Das ist der Vater Jaguar“, flüsterte Anciano dem Chirurgen zu.
    Der Genannte bildete heute eine ganz andere Figur als in Buenos Aires. Dort hatte er einen feinen Anzug nach französischem Schnitt getragen und auch schon so einem jeden mit seiner gewaltigen Figur imponiert. Hier aber in dem Lederanzug und in den langen Stiefeln sah er noch ganz anders aus. Es war, als ob die Gestalt gar nicht ohne dieses Habit gesehen werden dürfe. Er nahm zunächst keine Notiz von dem Chirurgen, sondern wendete sich an dessen Begleiter und rief sichtlich erfreut, indem er ihnen die Hände entgegenstreckte: „Anciano und Hauka! Hier unten im Chaco! Was hat denn euch bewogen, von euren Bergen herabzusteigen, und welcher Zufall führt euch gerade heut an diesen Ort?“
    Sie drückten ihm die Hände, und Anciano antwortete: „Davon später, Señor. Es gibt Notwendigeres zu besprechen. Sie sollen zwei gefangene Männer retten.“
    „Wie? Zwei Gefangene retten? Das klingt ja sehr nach Abenteuer! Wer sind die Leute?“
    „Don Parmesan wird es Ihnen sagen.“
    Der Vater Jaguar wandte sich jetzt dem Genannten zu. Seine Augenwinkel zogen sich ein wenig mißmutig zusammen, als er zu ihm sagte: „Don Parmesan? Diesen Namen habe ich schon gehört, und ich denke, Sie auch schon gesehen zu haben. Werden Sie nicht zuweilen El Carnicero genannt?“
    „Allerdings“, antwortete der Gefragte; „aber ich dulde es nicht daß man mir diesen

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