36 - Das Vermächtnis des Inka
Namen gibt. Ich bin der Doktor Parmesan Rui el Iberio de Sargunna y Cast – – –“
„Schon gut!“ unterbrach ihn der Vater Jaguar. „Sie wollen mir sagen, wer die Männer sind, welche meiner Hilfe bedürfen?“
„Es sind zwei deutsche Señores.“
„Deutsche? Ist's möglich?“
„Ja. Sie wollten Ihnen nach, um im Chaco alte Tiere auszugraben.“
„Alte Tiere? Meinen Sie etwa vorweltliche?“ fragte der Riese, indem er die Brauen in mißmutiger Erwartung höher zog.
„Ja, vorweltliche; das stimmt. Es war eine Gigantochelonia.“
„Diesen Namen habe ich noch nicht gehört; mein Latein sagt mir aber, daß es sich wahrscheinlich um eine Riesenschildkröte handelt.“
„Richtig, Señor! Bei der Schale der Kröte war es, wo wir erwischt wurden.“
„Wie hießen diese Deutschen?“
„Der Kuckuck kann sich solche Namen merken! Einer war Doktor und der andere sein Diener.“
„Doktor Morgenstern?“
„Ja, ja, so klang es.“
„Und Fritze Kiesewetter?“
„Ganz recht, ganz recht! Kiese – war's, Kiese –“
„Welche Menschen! Ich glaube, die sind mir von Buenos Aires bis hierher nachgelaufen!“
„Das nicht; aber per Dampfer nachgefahren und dann von Santa Fé aus nachgeritten. Dieser Doktor Mor – Mor – oder wie er heißt, ist ein ganz lieber Señor, hat aber seine Schrullen. Er will nur von seinen Tierknochen hören und ist auf nichts anderes zu bringen. Mit der Chirurgie zum Beispiel darf man ihm gar nicht kommen, und das ist doch das interessanteste Feld, welches es nur geben kann. Was sagen Sie wohl zu einer Operation des Zungenkrebses in Komplikation mit Nasenpolypen. Das müßte doch ein – – –“
„Lassen wir den Krebs und die Polypen!“ fiel ihm der Vater Jaguar in die Rede. „Erzählen Sie mir in Kürze, was geschehen ist!“
Der Chirurg gehorchte dieser Aufforderung. Während er sprach, traten die Gefährten des Vater Jaguar herzu, um ihm zuzuhören. Es waren lauter kräftige Gestalten, denen man es ansah, daß sie schon manches erlebt hatten und wohl vor keiner Anstrengung und keiner Gefahr zurückschreckten. Die drei, welche mit ihm in Buenos Aires gewesen waren, befanden sich auch dabei. Auch sie machten jetzt einen ganz anderen Eindruck als damals, wo sie im Gesellschaftsanzug steckten. Als Don Parmesan seinen Bericht beendet hatte, trat zunächst tiefe Stille ein. Keiner wollte reden, bevor der Anführer das Wort ergriffen hatte. Dieser sah eine kleine Weile nachdenklich vor sich nieder und fragte dann, sich direkt an einen seiner Gefährten wendend: „Was meinst du dazu, Geronimo? Hast du dir die Sache schon zurechtgelegt?“
Dieser Geronimo war ein nicht zu hoher, aber sehr breitschultriger Mann mit dichtem schwarzem Vollbart und einer bedeutenden Habichtsnase. Er hätte für das Urbild eines Räuberhauptmanns genommen werden können, war aber ein sehr ehrlicher Kerl und der Liebling des Vater Jaguar, dessen Lehren und Unterweisungen er sich am meisten zunutze gemacht hatte. Er zuckte leicht die Achsel und antwortete: „Zunächst kommt es wohl darauf an, ob du denkst daß wir diese unvorsichtigen Leute steckenlassen sollen oder nicht.“
„Sie müssen heraus aus der Falle, in welche sie geraten sind. Sie sind Landsleute von mir. Ich habe diesem Doktor vorgestern wohl fünfzigmal gesagt, daß ich ihn nicht mitnehmen kann, und konnte unmöglich ahnen, daß er mir dennoch folgen werde. Eine kleine Strafe könnte ihm nichts schaden; aber befreien muß ich ihn, sonst kann ihm seine Ähnlichkeit mit dem Obersten, den ich noch nie gesehen habe, verhängnisvoll werden.“
„So fragt es sich, ob sich die Aripones noch dort befinden. Wäre dies der Fall, so ritten wir einfach hin.“
„Sie sind wohl nicht mehr dort“, fiel der alte Anciano ein. „Die Señores müssen mir verzeihen, wenn ich mir diese Bemerkung erlaube. Ich habe Gründe dazu.“
Er erzählte von den Aripones, welche er gesehen hatte, und beschrieb die Stelle, wo er an sie geschlichen war.
„Befanden sich Weiße bei ihnen?“ fragte der Vater Jaguar.
„Nein.“
„Dennoch möchte ich überzeugt sein, daß die beiden Indianertrupps zusammengehören. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um ein Pronunciamiento. Die Aripones sollen aufgewiegelt werden. Man hat Verstecke angelegt, um sie genügend bewaffnen zu können. Die Schutzdecke eines solchen Magazins hat der Doktor für das Rückenschild seiner wunderbaren Gigantochelonia gehalten. Selbst wenn man sich überzeugt, daß er
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