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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vor den acht scharf ausschauenden Augen lag.
    Die Aripones mochten gegen hundert Mann zählen. Sie waren teils mit Blasrohren, Lanzen, Bogen und Pfeilen, teils auch mit Gewehren bewaffnet. Diese letzteren stammten jedenfalls aus dem Versteck, in welchem Doktor Morgenstern seine berühmte Gigantochelonia gesucht hatte. Es gab sechs Feuer. An dem einen lagerten die Weißen und ein Indianer, an den anderen fünf die übrigen Roten. Die ersteren saßen so, daß man die Gesichter des Indianers, Antonio Perillos, des Hauptmanns Pellejo und zweier Soldaten sehen konnte. Die anderen zwei Soldaten kehrten den Lauschern die Rücken zu, und der Gambusino saß nicht, sondern er hatte sich niedergelegt und den Hut tief in das Gesicht gezogen, um nicht von dem Schein der Feuer geblendet zu werden. Diejenigen, welche zu dem schon vorher hier lagernden Trupp gehörten, mochten schon gesessen haben; die Neuangekommenen aber waren noch damit beschäftigt, das mitgebrachte harte Dürrfleisch mühsam mit den Zähnen zu zerkleinern. Dabei unterhielten sie sich so laut, daß man jedes Wort hätte verstehen können, wenn nicht zu viele auf einmal gesprochen hätten.
    Zufälligerweise war das Feuer, an welchem die Weißen lagerten, dasjenige, welches dem Rand der Lichtung am nächsten lag, und das hatte seinen guten Grund. An diesem Rand nämlich standen zwei halbstarke Bäume nebeneinander, und an diese hatte man Doktor Morgenstern und seinen Diener mit Hilfe zweier Lassos gebunden, so daß sie zwar aufrecht standen, aber weder Arme noch Beine bewegen konnten.
    Als der Vater Jaguar diese Situation überblickt hatte, gab er seinen drei Gefährten mit der Hand ein Zeichen, sich noch tiefer ins Gezweig zu drücken, drehte sich zu ihnen um, damit sie ihn leichter verstehen konnten, und sagte: „Es wird gehen, und zwar viel leichter, als ich dachte. Ich will nicht sagen, daß diese Menschen dümmer sind als dumm, denn sie haben keine Ahnung davon, daß wir hier sind. Sie halten es wohl überhaupt für unmöglich, daß ein menschliches Wesen sich hier in ihrer Nähe befinden könne. Es würden zwei von uns genügen, die Gefangenen zu befreien, dennoch ist es gut, daß Anciano mit Hauka sich uns angeschlossen hat. Habt ihr Feuerzeug?“
    „Ja, dasjenige, welches bei uns gebräuchlich ist.“
    „Das genügt nicht; es würde zuviel Zeit erfordern.“
    Er zog eine kleine Schachtel Zündhölzer aus seiner Tasche und fuhr fort: „Hier ist etwas Besseres, um Feuer zu machen – – –“
    „Feuer?“ unterbrach ihn Geronimo erstaunt. „Soll Feuer angebrannt werden?“
    „Ja“, nickte der Vater Jaguar.
    „Wozu? Das begreife ich nicht. Brennen diese sechs Feuer etwa nicht hell genug? Willst du ein siebentes anzünden, damit wir entdeckt werden?“
    „Damit die Leute dort erschrecken, das ist meine Absicht. Du hast alles abgelegt, Anciano, zu meiner Freude aber sehe ich, daß du das Pulverhorn noch bei dir hast. Ist es leer?“
    „Nein, Señor, sondern es ist bis an die Spitze gefüllt.“
    „Das ist gut. Höre, was ich dir sagen werde! Ihr kehrt um und geht, wenn ihr aus dem Bereich des Feuerscheins gelangt seid, auf die andere Seite des Waldeinschnitts und schleicht euch dann wieder nach der Lichtung hin. Dort angekommen, kriechst du, Anciano, immer am Rand derselben hin. Siehst du das abgestorbene, hohe, vorjährige Gras? Es ist so dürr, daß es wie Papier brennen wird. Bist du weit genug in dasselbe vorgedrungen, so ziehst du dich wieder zurück und schüttelst, aber höchst sorgfältig, damit die Flamme keine Unterbrechung findet und schnell weiterläuft, einen dünnen, aber zusammenhängenden Streifen Pulver in dieses Gras. Ist das Pulverhorn leer, so nimmst du ein Zündholz und brennst das Gras an, worauf du schnell zu Hauka eilst. Dieser hat indessen vier Sättel zusammengetragen, was ihm sehr leicht sein wird, da sie da drüben alle, und zwar ohne Aufsicht, liegen. Wenn du Feuer machst, mußt du deinen Rücken den Feinden zukehren, damit – – –“
    „Weiß schon, Señor“, unterbrach ihn der Alte. „Ich werde keinen Fehler begehen. Wenn das kleine Flämmchen die Pulverschnur erreicht, werde ich schon so weit fort sein, daß sie mich nicht sehen können und also gar nicht wissen, woher das Feuer kommt, welches plötzlich viele Schritte lang hoch emporlodern wird. Sie werden hinzueilen, um es auszulöschen. Ich begreife Ihren Plan, Señor.“
    „Ja. Während du das Pulver schüttest, während Hauka die Sättel holt,

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