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3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)

3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)

Titel: 3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kamps
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Jakobsweg zu laufen und habe Glück: Es wird ein sehr schöner Abschnitt.  Vor allem die letzten drei Kilometer bis nach Channaz führen wildromantisch und schön direkt an der Rhone entlang.
     
    Kurz vor meinem Etappenziel hat eine knietiefe Furt den Weg unter Wasser gesetzt. Ich habe zwei Möglichkeiten: entweder zwei Kilometer zurück und über die Straße laufen, also vier Kilometer Umweg, oder Schuhe und Socken ausziehen und ab durchs kalte Wasser. So kurz vor dem Ziel habe ich auf noch eine Stunde Umweg überhaupt keine Lust, also lieber unfreiwilliges Kneipptreten. Übrigens hat sich heute endlich mal wieder seit Tagen die Sonne blicken lassen und trotz kurzer Regenschauer ist das Wetter die meiste Zeit über ganz passabel.
     
    Nachdem ich mein Abendessen eingekauft habe, checke ich auf dem örtlichen Campingplatz ein. Für satte 20,- - Euro bekomme ich immerhin eine schön gelegene Hütte für mich alleine, in der ich diesmal zwischen sechs Betten wählen kann und mein eigenes Bad und meine eigene Küche habe. Ich koche mir Spaghetti mit Thunfisch-Soße und gehe mit meinem Topf rüber in eine Art Fußball-Vereinsheim direkt am Campingplatz.
     
    Dort schaue ich mir zusammen mit halbstarken, rülpsenden und furzenden, aber echt ne tten und witzigen jungen Franzosen ein EM-Spiel an und kicker ein paar Runden mit ihnen. Es wird ein netter Abend.
     
     
     
    Fazit des Tages: Es ist vielleicht manchmal gut, vom Weg abzukommen, um nicht auf der Strecke zu bleiben!
     
     
     

Sonntag, 8. Juni, 27. Tag:
     
     
     
Channaz - Yenne, 17 km
     
     
     
    Bevor ich gegen späten Vormittag zu meiner nächsten Etappe aufbreche, begegne ich in einem Cafe in Channaz dem Slowenen Miran. Wir trinken einen Kaffee zusammen und beschließen, diese Etappe gemeinsam zu pilgern. Anfangs wird es extrem steil, später aber wird die Strecke immer angenehmer zu laufen und die letzten Kilometer führen auch heute wieder, diesmal allerdings begleitet von gierigen und nervtötenden Mücken, an der Rhone entlang, die übrigens der wasserreichste Strom Frankreichs ist.
     
    Mit Miran, der auch sehr gut Deutsch spricht, habe ich interessante Gespräche und gegen Mittag machen wir eine sehr ausgiebige Siesta. Weil ich merke, wie gut mir diese lange Pause tut, nehme ich mir vor, mir für meine zukünftigen Pausen auch mehr Zeit zu lassen. In Yenne gehe ich mit Miran zu seiner gebuchten Unterkunft, einem zu einem Hotel umgebauten Kloster.
     
    N achdem ich den Preis von 40,-- Euro inklusive Halbpension aber nicht runterhandeln oder für Kost und Logis arbeiten kann, checke ich halt wieder auf dem Campingplatz von Yenne ein, auf dem für Pilger ein Zelt mit mehreren Feldbetten zur Verfügung steht. Der Preis hier liegt mit 10,-- Euro auch in meinem Budget und da muss ich auch nicht handeln. Zu meiner Freude treffen auch Gordon und Jimmy wieder ein, bauen aber ihr eigenes Zelt auf, was mit 5,-- Euro noch günstiger ist.
     
    Voller Vorfreude auf ein warmes Abendessen und vor allem auf das erste Spiel der Deutschen bei der Europameisterschaft gehe ich mit den Schotten in die “Stadt”, um irgendwo etwas zu essen zu bekommen und vielleicht auch noch bei einem Bier das Spiel anschauen zu können. Im Zentrum finden wir eine Bar mit Fernseher und sind sicher dort, auch etwas Essbares zu bekommen.
     
    K aum haben wir die Bar betreten, werden wir von der Wirtin nicht gerade charmant französisch darauf hingewiesen, dass sie in fünf Minuten schließen wird. Man teilt uns mit, dass es außer dieser Bar zwar noch zwei andere Bars in Yenne gibt, aber fassungslos und völlig entsetzt erfahre ich, dass diese auch schon geschlossen haben. An einem Sonntagabend um 20:00 Uhr hat also in diesem Nest tatsächlich alles geschlossen und es gibt nicht nur nirgendwo mehr etwas zu essen, sondern, und das ist für mich heute schlimmer, auch keine Möglichkeit, das erste EM-Spiel der Deutschen anzuschauen.
     
    Ich bin mitten in Europa im wahrscheinlich einzigen Ort Europas, wo man an keinem öffentlichen Ort das EM-Spiel sehen kann und bin deshalb, hin- und hergerissen zwischen Panik und Verzweiflung, kurz davor durchzudrehen. Ich glaube nicht, dass ich seit meiner Geburt je auch nur ein Spiel der Deutschen bei einer EM oder WM verpasst habe, und könnte schier heulen. Bisher habe ich auf meiner Pilgerreise einen Fernseher nicht vermisst, aber heute. Die Schotten können mich gerade noch davon abhalten, alle Häuser abzuklappern und bei der Bevölkerung Yennes

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