3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)
trägt w ahrscheinlich einen großen Teil dazu bei. Allerdings kann von „lauffrei“ mal wieder keine Rede sein, denn auf meiner Entdeckungstour, die ich mit Wäsche waschen und Einkaufen verbinde, lege ich wahrscheinlich ähnlich viel Kilometer zurück wie gestern. Ich suche und finde auch endlich mal einen Schuster, weil meine Schuhe eigentlich neu besohlt werden müssten, aber weil es mindestens zwei Tage dauern und wenigstens 40,-- Euro kosten würde, lehne ich dankend ab.
Die Schuhe werden schon noch eine Weile durchhalten. Die Altstadt von Le Puy ist ein Traum, und in den engen und verwinkelten Kopfsteinpflaster-Gassen fühlt man sich um einige Jahrhunderte zurückversetzt. Besonders die von der UNESCO 1998 als Weltkulturerbe ausgezeichnete und beeindruckende Kathedrale ist mit ihren maurischen Einflüssen und ihrer seltenen schwarzen Madonna sehr sehenswert. Bevor ich mich auf den Heimweg mache, besorge ich noch eine Flasche guten französischen Rotwein für M , M & M. Als ich nach “Hause” komme, haben sie auch eine Überraschung für mich parat: Sie haben die regionale Spezialität - grüne Linsen - gekocht, und es schmeckt fantastisch! Mit von der Partie ist auch Albert aus Mainz, der mit dem Fahrrad unterwegs ist nach Santiago und nicht nur auf mich, sondern auch auf Mary Ellen einen unglaublich gestressten und ruhelosen Eindruck macht.
Trotzdem und trotz etwas schwieriger politischer Themen, bei denen besonders Alberts sonderbare Meinungen für Unverständnis sorgen, wird es ein feuchtfröhliches , lustiges und sehr geselliges „Dinner for five“.
Nach dem Essen mach e ich mich mit dem Einverständnis der Ladies auf den Weg zur Jugendherberge, in der es im Gegensatz zur Gite einen Fernsehraum gibt. Normalerweise ist der nur Gästen der Herberge vorbehalten, aber dass ich als Deutscher das Viertelfinale der EM, Deutschland gegen Portugal, unter allen
Umständen sehen muss , versteht sogar der junge Franzose an der Rezeption. Ich verspreche ihm hoch und heilig, es nicht weiterzusagen, also macht er eine Ausnahme und gibt mir die Schlüssel. Auch wenn ich an diesem Abend leider der einzige im Fernsehraum bin, ist der Sieg der Deutschen nach einem spannenden Spiel ein schöner Tagesabschluss!
Spruch des Tages: If you knew the power of sharing a meal you would never eat alone!
Danke , Mary Ellen!
2. Teil FRANKREICH
2. Teil: Via Podiensis (Le Puy - St. Jean Pied De Port)
Freitag, 20. Juni, 39. Tag:
Le Puy - St. Privat d’Allier, 21 km
Ich muss wohl ein Pilgermasochist sein, denn obwohl ich bekennender Langschläfer bin, stehe ich an diesem Morgen um 06:00 Uhr auf, um zusammen mit Albert an der um 07:00 Uhr in der Kathedrale stattfindenden Pilgermesse teilzunehmen und mir für den weiteren Weg den anschließenden Pilgersegen abzuholen. Dazu gibt es sogar eine kleine Notre Dame Medaille.
Also bin ich wieder gut ausgestattet für die zweite und größere französische Etappe, die etwa 700 Kilometer bis nach St. Jean Pied de Port am Fuße der Pyrenäen beträgt. Nach der Messe, von der ich nicht viel verstehe, weil sie sehr enthusiastisch auf Französisch gehalten wird, lerne ich Claudia kennen, eine Krankenschwester aus der Schweiz, die in Le Puy startet und eine Woche auf dem Jakobsweg pilgern möchte.
Froh darüber , endlich mal wieder einem Pilger zu begegnen, der nicht wenigstens dreißig Jahre älter ist als ich, gehen wir zusammen einen Kaffee trinken und beschließen, ab dem nächsten Tag zusammen zu pilgern, da sie bereit zum Aufbruch ist, ich aber heute noch ein paar Stunden brauche, bevor ich loskomme. Wir verabreden, uns abends in der Gite in St. Privat de Allier zu treffen und ich bitte sie, ein Bett für mich zu reservieren. Im Cafe gesellt sich ein deutsches Pilgerpaar zu uns.
Karl und Anke haben sich nicht nur auf den Jakobsweg getraut, sondern sich dort tatsächlich trauen lassen, von einem französischem Priester in einer kleinen Kapelle in Pilgerdress und Wanderschuhen! Wie schön! Ich muss noch zurück in die Gite, um meine Sachen zu holen und mich zu verabschieden und will mir außerdem noch ein neues T-Shirt kaufen.
Eines der T-Shirts , das mir Philippe geschenkt hatte, war weiß. Die Betonung liegt auf „war“, denn weiß ist nicht gut auf dem Camino, wenn man ständig per Hand waschen muss. Um ihn mit meiner Kamera festzuhalten, bitte ich die drei Damen,
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