3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)
vom Weg kennen, spenden ein paar Euro, und so reicht es am Ende unseres Auftritts tatsächlich für ein paar Flaschen Rioja!
Auch der trägt später zu einem lustigen Abend bei, den wir mit acht aus sieben verschiedenen Nationen stammenden Pilgern verbringen, sitzend auf der Straße vor der Herberge. Der Abend wird leider auch etwas wehmütig, weil es der letzte gemeinsame mit Hattie, Zoe, die wir hier auch noch einmal sehen, und vor allem Jean Marie ist.
Weil er die verbleibenden 700 Kilometer bis Santiago in etwas mehr als drei Wochen schaffen will, was einem Tagesschnitt von über 30 Kilometern entspricht, habe ich mich schweren Herzens entschlossen, ihn ziehen zu lassen, weil ich mir auch weiterhin Zeit lassen und mein eigenes Tempo laufen will. Für Hattie und Zoe endet dagegen der Jakobsweg hier, weil ihr Urlaub zu Ende ist. Genug Gründe also, heute Abend mal ein paar Gläser mehr zu trinken.
Zoe erklärt sich netterweise bereit , meine Laufschuhe, meine Isomatte und noch ein paar anderen unnütze Dinge mit in die Schweiz zu nehmen. Die Laufschuhe sind zwar leicht und bequem, aber nicht gut für mein Sprunggelenk, das einfach einen hohen Schaft braucht.
Dialog des Tages:
Nach etwa zwei Stunden Gewaltmarsch und fast 12 Kilometern, Jean Marie läuft gerade auf einem schmalen Pfad hinter mir:
Ich (etwas provokativ): Du, Jean Marie, ich brauche zwar keine Pause, aber falls Du eine brauchst, verstehe ich das, und das ist kein Problem für mich.
Antwort von Jean Marie (mit seinem wunderbaren Akzent): Isch mag besser sterben!
Mittwoch, 30. Juli, 79. Tag:
Pamplona - Puenta la Reina, 24,5 km
Nachdem wir also gestern Abend Abschied gefeiert haben, heißt es also heute Morgen Abschied nehmen von drei Pilgerfreunden, die mir, einer mehr als der andere, ans Herz gewachsen sind. Hier endet also der gemeinsame Weg für den Affen und das Schaf! Zwischen Jean Marie und mir hat sich während der letzten 400 gemeinsamen Kilometer eine echte Pilgerfreundschaft entwickelt, und wer weiß, vielleicht endet diese Freundschaft ja doch nicht hier.
Er wird mir jedenfalls wi rklich fehlen, soviel ist klar. Wir haben uns übrigens beide dazu entschlossen, von Santiago aus noch bis an den Atlantik nach Finisterra zu pilgern, wo der Weg dann endgültig zu Ende ist, wenn man nicht schwimmen will. Für die meisten Pilger endet der Jakobsweg mit dem Erreichen der Kathedrale in Santiago de Compostela, und sie fahren allenfalls noch mit dem Bus oder Auto weiter an den Atlantik.
Etwa ein Drittel der Pilger aber pilgert noch mal 92 Kilometer weiter bis zum Kilometerstein 0,00 unter dem Leuchtturm auf dem Kap Finisterre. Weil sich Jean Marie ausgerechnet hat, bis zirka 26. August wieder zurück vom Kap zu sein, könnte es vielleicht sogar noch - wenn ich es bis dahin schaffe - klappen mit einem Wiedersehen in Santiago de Compostela. Weil ich heute etwas später loslaufe, bin ich anfangs alleine und lasse es mal wieder zügig angehen.
Von Pamplona hatte ich gestern bei unserem Bummel genug gesehen, also sehe ich zu , dass ich herauskomme aus der Hauptstadt Navarras, die durch ihre jährlich stattfindenden Stierläufe weltbekannt ist. Diese zweifelhafte Tradition und die Stadt verewigte übrigens Ernest Hemingway in seinem Buch „Fiesta“.
Ein paar Kilometer geht es durch die hässlichen Vororte Pamplonas und nach knapp zwei Stunden habe ich immerhin schon fast die Hälfte geschafft und sogar Monica, Annette und Jackie eingeholt, die über eine Stunde vor mir losgelaufen waren. Was meine Fitness angeht, hätte ich es mir locker zugetraut, mit Jean Marie mitzuhalten - ich würde mir sogar momentan zutrauen, vierzig oder mehr Kilometer am Tag zu laufen -, und ich denke wieder und wieder darüber nach, ob es die richtige Entscheidung war, ihn ziehen zu lassen.
Viele der Pilger, de nen ich seit Saint Jean begegne und die gerade erst dort, in Roncesvalles oder Pamplona aufgebrochen sind, haben mit körperlichen Beschwerden und ihrem inneren Schweinehund zu kämpfen. Ich muss zugeben, dass mir ihr Respekt vor meiner Leistung schmeichelt, aber ich freue mich gleichzeitig auch darüber, ihnen Mut machen zu können, indem ich ihnen erzähle, dass es mir am Anfang meiner Reise auch nicht anders erging, und darüber, ihnen nach 80 Tagen Pilgern ein paar Tipps weitergeben zu können.
Der Weg selbst wird nach Pamplona endlich wieder wunderschön und am
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